Dramatische Covid-19-Lage in Rumänien Überfüllte Kliniken, knapper Sauerstoff

Mediziner in Rumänien sprechen von »apokalyptischen« Zuständen: Coronapatienten werden auf Fluren und in Zelten behandelt. Russland ruft eine arbeitsfreie Woche aus, um Corona einzudämmen. Die Länder eint die niedrige Impfquote.
In einer mobilen Intensivstation betreut medizinisches Personal in Bukarest Covid-19-Kranke (Aufnahme vom 7. Oktober)

In einer mobilen Intensivstation betreut medizinisches Personal in Bukarest Covid-19-Kranke (Aufnahme vom 7. Oktober)

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DANIEL MIHAILESCU / AFP

In Rumänien verschärft sich die Coronalage. In den vergangenen 24 Stunden sind in Rumänien mehr Menschen an oder mit Corona gestorben als in der gesamten EU im selben Zeitraum: 574. Im Bukarester Universitätsklinikum gab es zeitweise sogar im Kühlraum der Leichenhalle keinen Platz mehr.

Die Bukarester Ärztin Victoria Arama, Präsidentin der Rumänischen Gesellschaft für Impfstrategien und Gesundheitsförderung, beschrieb die Situation im Krankenhaus Matei Balș als »apokalyptisch«. Covidpatienten würden im Hof warten, um überhaupt einen Platz in der Notaufnahme zu bekommen. Die Sauerstoffgeräte seien knapp, weshalb Patienten sich zum Teil schubsen, um an Sauerstoff zu gelangen, beschreibt die Ärztin laut einem Bericht  der Nachrichtenagentur Agerpres.

Bestatter Sebastian Cocos aus Ploiești sagte der Nachrichtenagentur Reuters, es sei aktuell nicht leicht, für die vielen Beerdigungen Särge bereitzustellen. »Wir hatten hier Familien, die haben in zwei Wochen vier Leute begraben müssen«, so Cocos.

1799 Covid-19-Patienten werden derzeit landesweit intensivmedizinisch behandelt – zum Teil auf Krankenhausfluren, in Containern, Zelten und Krankenwagen. Es gibt nur 1668 Plätze in Intensivstationen. 30 schwer kranke Patienten hat Rumänien bereits ins Nachbarland Ungarn geschickt.

Am Mittwoch sei die Sterberate durch das Coronavirus weltweit am höchsten gewesen: 19 pro eine Million Einwohner, errechnete das Portal Ourworldindata.org. Die 14-Tage-Inzidenz von rund 859 Neuansteckungen gehört EU-weit zu den höchsten.

Staatspräsident Klaus Iohannis wollte am Mittwochabend gemeinsam mit der Regierung verschärfte Vorsichtsmaßnahmen beschließen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat Hilfen für Krankenhausausstattung versprochen sowie bei der Aufklärung, um die Impfbereitschaft zu fördern.

Die Impfquote Rumäniens gehört zu den niedrigsten in der EU: Nur rund ein Drittel der Bevölkerung hat einen vollen Impfschutz. Zugleich werden Vorsichtsregeln nur lückenhaft überwacht. Jüngst hielt die bürgerliche Regierungspartei PNL in Anwesenheit des Staatschefs Iohannis einen Parteitag mit 5000 Delegierten ab. Die Polizei verhängte nachher für PNL ein Bußgeld wegen Verletzung der Abstandsregeln und Maskenpflicht.

DER SPIEGEL

Russland: Arbeitsfreie Woche soll Corona eindämmen

In Russland hat Präsident Wladimir Putin ab Ende Oktober eine arbeitsfreie Woche angeordnet. Vom 30. Oktober bis zum 7. November sollen Arbeitnehmer in ganz Russland demnach zu Hause bleiben, ihren Lohn aber weitergezahlt bekommen. Regionen, in denen die Lage besonders schlimm ist, können den Zeitraum demnach auch erweitern.

Mit arbeitsfreien Tagen hatte Putin bereits zu Beginn der Pandemie versucht, die Coronasituation in den Griff zu bekommen. Besonders aus der Wirtschaft kam Kritik, dass die Krise auf ihrem Rücken ausgetragen werde.

Russland hat in den vergangenen Wochen immer neue Höchstwerte bei den Coronazahlen verzeichnet. Am Mittwoch wies die Statistik 1028 Coronatote binnen 24 Stunden aus – so viele wie noch nie zuvor. Im selben Zeitraum wurden mehr als 34.000 Neuinfektionen gezählt.

In 27 der insgesamt 85 russischen Regionen seien in den Krankenhäusern mittlerweile mehr als 90 Prozent der Coronabetten belegt, sagte Vizeregierungschefin Golikowa. Einem Bericht der Tageszeitung »Kommersant« zufolge sind mancherorts sogar alle für Coronapatienten vorgesehenen Betten belegt.

Putin beklagte auch die »leider bislang nicht hohe« Impfquote im Land. In flächenmäßig größten Land der Erde, das über mehrere eigene Impfstoffe verfügt, sind viele Menschen weiterhin skeptisch. Erst knapp ein Drittel der insgesamt 146 Millionen Russen ist offiziellen Angaben zufolge vollständig geimpft.

wbr/dpa/rtr
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