Unglück vor den Komoren Überlebendes Mädchen erzählt vom Absturz

Wie durch ein Wunder hat die zwölfjährige Bahia den Flugzeugabsturz vor den Komoren überlebt: Das Mädchen hatte sich 13 Stunden im Indischen Ozean an ein Trümmerteil geklammert. Nun ist sie zu ihrem Vater nach Frankreich zurückgekehrt - und spricht über die letzten Minuten an Bord.

Le Bourget - Sie ist die wohl einzige Überlebende des Flugzeugabsturzes vor den Komoren. An Bord einer Regierungsmaschine wurde Bahia nun zurück nach Frankreich gebracht. "Es geht ihr gut", sagte der Vater des Mädchens, Kassim Bakari, am Pariser Flughafen Le Bourget. Anschließend wurde die Zwölfjährige in ein Kinderkrankenhaus im Osten von Paris gebracht.

Es sei ein Wunder, dass Bahia überlebt habe, sagte Frankreichs Entwicklungsstaatssekretär Alain Joyandet, der das Mädchen auf dem Flug nach Frankreich begleitet hatte und ihr Durchhaltevermögen pries. "Sie muss sich wirklich erholen", sagte er nach der Ankunft in Paris. Das Mädchen, dessen Alter zunächst mit 14 Jahren angegeben worden war, habe auf dem Rückflug ein wenig gegessen und von ihrem schrecklichen Erlebnis berichtet.

"Sie sendet der Welt eine Botschaft"

Nach ihren Berichten hat die jemenitische Besatzung den Passagieren noch Anweisungen über den Bordlautsprecher gegeben, bevor der Airbus A310 im Landeanflug ins Meer stürzte. Sie habe ihm berichtet, dass sie unmittelbar vor dem Absturz eine Art Stromschlag gespürt und plötzlich ein lautes Geräusch gehört habe, sagte Joyandet. Dann habe sie sich im Wasser wiedergefunden.

"Sie sendet der Welt eine enorme Botschaft - fast nichts ist unmöglich", so der Staatssekretär.

Bahia, die nicht schwimmen kann, überlebte den Absturz mit Unterkühlungen, einem Schlüsselbeinbruch und Schürfwunden. Sie hatte sich im Indischen Ozean 13 Stunden lang an ein Trümmerteil des Flugzeugs geklammert.

Die anderen 152 Insassen des Airbus A310 der Fluggesellschaft Yemenia, darunter Bahias Mutter, kamen bei dem Absturz offenbar ums Leben. Der Vater und ihre drei Geschwister waren in Frankreich geblieben.

"Ich sehe meine Tochter und bin glücklich"

Bahias Vater sagte, er sei trotz der Trauer um seine Frau erleichtert und überglücklich, seine Tochter wiederzuhaben. "Ich habe sie umarmt, aber nicht zu kräftig, denn sie ist am Schlüsselbein verletzt", sagte der Vater dem Fernsehsender France-24. "Wie geht es dir? War der Rückflug okay?" habe er sie gefragt. "Wir haben ein bisschen gescherzt", sagte er. Sie habe ihm berichtet, dass sie nach dem Absturz in Panik geraten sei, weil sie ihre Mutter nicht mehr gesehen habe. Einmal sei sie eingeschlafen, während sie sich an dem Trümmerteil festhielt.

"Ich sehe meine Tochter und bin glücklich", sagte der Vater des Mädchens. "Aber da ist auch noch ihre Mutter." Die Frau war mit dem Mädchen auf dem Weg zu einem Verwandtenbesuch auf den Komoren und überlebte den Absturz offenbar nicht.

Vor der Küste der Komoren wurde am Donnerstag die Suche nach möglichen weiteren Überlebenden fortgesetzt. Allerdings sinkt die Hoffnung von Tag zu Tag.

Wegen rauer See hätten bislang keine Leichen geborgen werden können, sagte eine Sprecherin des Roten Halbmonds auf den Komoren. Der Kommandeur der französischen Streitkräfte im südlichen Indischen Ozean, Bertrand Mortemard de Boisse, bezeichnete die Suchergebnisse als enttäuschend. Strömung und Wind ließen Trümmer und Leichen abtreiben.

Der französische Verkehrsstaatssekretär Dominique Bussereau wurde in der Zeitung "Le Figaro" mit Äußerungen zum Zustand des Unglücksflugzeugs zitiert. Demnach seien unter anderem Sitze angebrochen und Bedienungshandbücher veraltet gewesen. Der Druck an den Notausgängen habe nicht ausgereicht. Die französischen Behörden hätten diese Probleme bei einer Inspektion der Maschine 2007 festgestellt.

Frankreich wehrte sich gegen Kritik, es habe um den schlechten Zustand des jemenitischen Flugzeuges gewusst und die Komoren nicht informiert. Die Yemenia-Maschine habe in Frankreich nicht starten und landen dürfen, sagte Außenminister Bernard Kouchner. "Das wussten alle, leider." Der stellvertretende Präsident und Verkehrsminister der Inseln, Idi Nadhoim, hatte am Dienstag gesagt, Frankreich hätte die Komoren warnen müssen, dass Yemenia zwischen der jemenitischen Hauptstadt Sanaa und den Komoren unsichere Maschinen einsetze.

Bundeskanzlerin Merkel übermittelte dem komorischen Präsidenten Ahmed Abdullah Mohammed Sambi sowie dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy in Beileidsschreiben ihre Anteilnahme.

han/AP/AFP
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