Unglücks-AKW Fukushima Feuerwehr stoppt Kühlarbeiten an Reaktor 3
Fukushima - Kühlen, kühlen, kühlen - das ist die elementare Maßnahme, um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima Daiichi unter Kontrolle zu bringen. Doch immer wieder müssen die Aktionen unterbrochen werden, weil die Situation vor Ort gefährlicher wird. Nun wurde ein für den Nachmittag geplanter Feuerwehreinsatz abgesagt.
Die Feuerwehr solle den Reaktor 3 des AKW Fukushima am Mittwoch doch nicht mehr von außen mit Wasser kühlen, berichtete die japanische Nachrichtenagentur Kyodo. Der Einsatz war auf zwei Stunden angesetzt gewesen. Außerdem sollte eine Kühlpumpe für den Block 3 getestet werden.
Zuvor war jedoch schwarzer Rauch von dem Reaktor aufgestiegen. Auch die Radioaktivität war angestiegen. Wie der Sender NHK meldete, mussten sich die Arbeiter an Block 3 in Sicherheit bringen, und die gesamte Atomanlage wurde aus Sicherheitsgründen geräumt. Im Laufe des Tages legte sich der schwarze Rauch laut der Nachrichtenagentur Kyodo langsam wieder.
Wann die Feuerwehrmänner zu ihrem nächsten Einsatz am AKW ausrücken können, ist noch unklar. Am Mittwoch wurde ein Video veröffentlicht, das die Helfer bei ihrem Einsatz in dem beschädigten Atomkraftwerk am vergangenen Freitag zeigt. Auf den Bildern ist zu sehen, wie die Männer in weißen Schutzanzügen oder in ihrer roten Feuerwehr-Kluft mit Atemschutzmasken an der Kühlung des Reaktors arbeiten.
In den vergangenen zwölf Stunden trafen mehrere Nachbeben die Region um das AKW Fukushima. Es seien Erschütterungen der Stärken 6,0 und 5,8 gemessen worden, teilte die Wetterbehörde des Landes mit. Ein weiterer Tsunami sei aber nicht zu befürchten. Nach Angaben des Fernsehsenders NHK wurden zunächst auch keine zusätzlichen Schäden bekannt.
Parlamentarier fordern Ausweitung der Evakuierungszone
Im japanischen Parlament wurden weitere Evakuierungen um das havarierte Atomkraftwerk im Nordosten Japans gefordert. In einer Petition plädieren zwölf Abgeordnete dafür, auch außerhalb des bislang gezogenen 20-Kilometer-Radius die Evakuierung "drastisch voranzutreiben". Vorrangig sollten schwangere Frauen und Kleinkinder aus einem Umkreis von 30 Kilometern herausgeholt werden, fordern Abgeordnete aus dem Ober- und Unterhaus des japanischen Parlaments.
Die Parlamentarier kritisierten die Entscheidung der japanischen Regierung, die Evakuierungszone bislang auf 20 Kilometer um das AKW zu begrenzen. Die Beschädigungen an den Reaktoren seien "schwerwiegend". Besonders im Block 3 sei zu befürchten, dass das Containment die radioaktive Strahlung nicht mehr aufhalten könne.

In den vergangenen Tagen hatten die japanischen Behörden erhöhte Strahlenwerte auch außerhalb der 20-Kilometer-Evakuierungszone festgestellt. Ein Team der Universität Gunma hatte am Montag rund 40 Kilometer nordwestlich von Fukushima 400-fach erhöhte Radioaktivität im Boden gemessen.
Regierungssprecher Yukio Edano räumte am Mittwoch ein, an manchen Orten, die weiter als 30 Kilometer von dem Kraftwerk entfernt seien, sei erhöhte Strahlung gemessen worden.
Sorge über radioaktive Strahlung weltweit gestiegen
Die japanische Regierung warnte vor Panikkäufen von Wasser. Die Einwohner von Tokio sollten nicht mehr bunkern als nötig, denn Trinkwasser sei in den Katastrophenregionen im Nordosten weiterhin knapp, sagte Regierungssprecher Yukio Edano. Es sei für ältere Kinder und Erwachsene unbedenklich, das Leitungswasser in Tokio zu trinken.
In einer Wasseraufbereitungsanlage in Tokio waren erhöhte Werte an radioaktivem Jod festgestellt worden. Die Regierung der Hauptstadtpräfektur Tokio hatte deshalb geraten, dass Kinder, die jünger als ein Jahr sind, in zentralen und westlichen Gebieten der Hauptstadt kein Leitungswasser mehr trinken sollten.
Nach Berichten über erhöhte Werte radioaktiver Strahlung in Japan ist die Sorge über mögliche Auswirkungen des Atomunglücks von Fukushima weltweit gestiegen. Die US-Behörden kündigten in der Nacht zum Mittwoch strenge Importvorschriften für Lebensmittel aus dem Land an. Frankreich rief die Europäische Kommission zu "systematischen Kontrollen aller frischen Lebensmittel" auf, die Europa aus Japan erreichten.
Deutschland verstärkt seine Vorsichtsmaßnahmen, um zu verhindern, dass radioaktiv verseuchte Lebensmittel ins Land kommen: Vor allem bei Fisch und Fischerzeugnissen solle die Strahlenbelastung überprüft werden, teilte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner mit. Die Bundesländer hätten die nötigen Maßnahmen eingeleitet, der Bund sammle alle Messergebnisse, so die CSU-Politikerin.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) rechnet damit, dass Luftströme mit radioaktiven Partikeln im Tagesverlauf Mitteleuropa erreichen könnten. Der Leiter der Messstation Schauinsland des BfS, Erich Wirth, sagte dem MDR, in den vergangenen Tagen sei sowohl in Kalifornien als auch in Island eine erhöhte radioaktive Strahlung gemessen worden. "Und von da ist es nicht mehr weit bis Mitteleuropa", fügte er hinzu. Die ankommende Radioaktivität werde jedoch "sehr, sehr niedrig sein". In Deutschland stiegen die Werte nach Wirths Angaben bisher noch nicht an. Es werde aber ein erster Anstieg bei der sogenannten Spurenanalyse erwartet.