Unterwasserdrama im Pazifik Russische Matrosen nach 76 Stunden befreit
Petropawlowsk - "Das Mini-U-Boot ist aufgetaucht. Die sieben U-Boot-Fahrer an Bord sind am Leben", sagte Marinesprecher Igor Dygalo. Ein ferngesteuertes britisches "Super Scorpio"-Tauchboot durchtrennte gegen 16.26 Uhr Ortszeit (03:26 Uhr MESZ) die letzten Kabel, in die sich das 13,2 Meter lange Mini-U-Boot in der Berjosowaja-Bucht vor der Halbinsel Kamtschatka verfangen hatte. Dann wurde es gehoben. Nach 76 Stunden auf dem Grund des Pazifiks öffnete die Besatzung aus eigener Kraft die Luke und stieg aus.
Nach Angaben des russischen Marinesprechers Igor Dygalo ist die Besatzung gesundheitlich in einem zufrieden stellendem Zustand. Sie wurde direkt nach ihrer Ankunft in ein Militärhospital gebracht. "Bei ersten Untersuchungen sind bei den sieben Männern Erkältungen auf Grund von Unterkühlung festgestellt worden", sagte ein Sprecher des Marinestabs.
Während der Rettungsaktion standen die Bergungsmannschaften nach Angaben eines anderen Marinesprechers durch akustische Signale in ständigem Kontakt zu den eingeschlossenen Seeleuten. Ein erster Bergungsversuch war in der Nacht zu Samstag fehlgeschlagen. Die Marine hatte erfolglos versucht, das U-Boot in seichtere Gewässer zu ziehen.
Anders als vor fünf Jahren beim Unfall des Atom-U-Bootes "Kursk" bat Russland diesmal sofort das Ausland um Hilfe. Bei dem "Kursk"-Unglück waren alle 118 Besatzungsmitglieder ums Leben gekommen. Das Vorgehen von Russlands Präsident Wladimir Putin und der russischen Marine war anschließend massiv kritisiert worden. Bislang hat sich Putin nicht öffentlich zu dem neuen Vorfall geäußert. Er entsandte am Samstag Verteidigungsminister Sergej Iwanow nach Kamtschatka, um die Rettungsarbeiten zu koordinieren.

Der stellvertretende Marinestabschef, Konteradmiral Pepeljajew, verkündete im Fernsehen den glücklichen Abschluss der Rettungsaktion. "Ich kann unseren englischen Kollegen für ihre gemeinsame Arbeit und die Hilfe nur danken, die sie uns beim Abschluss dieser Operation in der zur Verfügung stehenden Zeit gaben - konkret, bevor der Sauerstoff ausgeht", sagte er. Auch die USA schickten Rettungsausrüstung, die aber nicht mehr zum Einsatz kam. Der russische Verteidigungsminister Sergej Iwanow sagte: "Wir haben in Taten, nicht in Worten, erlebt, was Bruderschaft der Weltmeere bedeutet."
Politisches Nachspiel erwartet
Admiral Pepeljajew lobte die geretteten U-Boot-Männer als "unerschütterlich und sehr professionell". Mit ihrer Selbstbeherrschung sei es ihnen gelungen, Sauerstoff zu sparen und auf ihre Rettung zu warten. Über die Bedingungen in dem kleinen U-Boot wurde bekannt, dass die sieben Seeleute sich flach auf den Boden legen und so wenig wie nur möglich atmen mussten, um Sauerstoff zu sparen. Um Strom zu sparen, wurde das Licht abgeschaltet; Kontakt zu den Bergungsschiffen gab es nur sporadisch. Wegen der Kälte um fünf Grad Celsius zogen die Männer Wärmeschutzanzüge an.
Nach offiziellen Angaben nahm das Mini-U-Boot an einer Gefechtsübung teil, als es sich in einem 60 Tonnen schweren Küsten-Überwachungssystem in 190 Meter Tiefe verfing. Die russische Marine verfügt offensichtlich nicht über die finanziellen Mittel, Rettungssysteme für diese Tiefe vorzuhalten. Ein Versuch, das ganze System an den Haken zu nehmen und in flacheres Wasser zu schleppen, scheiterte, als die Abschlepptaue rissen.
Präsident Wladimir Putin wies Verteidigungsminister Iwanow an, die Ursache für die Havarie des nur 13,5 Meter langen U-Boots zu ermitteln. Das Unterwasserdrama vor Kamtschatka wird trotz des glücklichen Ausgangs ein politisches Nachspiel haben. Der Führer der nationalistischen Partei Rodina, Dmitri Rogosin, sagte, er wolle wissen, warum die russische Marine keine Rettungssysteme wie die Amerikaner und Briten hätten. Und die Militärstaatsanwaltschaft solle auch ermitteln, "warum Fischernetze und Kabel im Gebiet von Marinemanövern herumliegen", sagte er nach einer Meldung der Nachrichtenagentur Interfax.