Van-Gogh-Mord Welle der Gewalt erfasst die Niederlande
Den Haag - Nach 15 Stunden Belagerung stürmten niederländische Polizisten am Abend ein Haus in Den Haag, in dem sich die Terrorverdächtigen verschanzt hatten. Zwei Verdächtige wurden verhaftet, im Zuge einer landesweiten Terrorfahndung gab es nach amtlichen Angaben eine dritte Festnahme in Utrecht.
Die Razzia am Morgen sei im Rahmen "fortlaufender Terrorismusermittlungen erfolgt", sagte der leitende Haager Staatsanwalt Han Moraal. Er wollte nicht bestätigen, ob es eine Verbindung zu der Ermordung des Filmmachers Theo van Gogh durch einen mutmaßlichen islamischen Extremisten am 2. November gab.
Die Behörden riegelten mehrere Häuserblocks des Viertels in der Nähe des Bahnhofs Holland Spoor ab, Nachbarn mussten ihre Wohnungen verlassen. Außerdem wurde vorsorglich der Luftraum über Den Haag für Kleinflugzeuge gesperrt. Anwohner berichteten, Scharfschützen hätten Stellung auf Dächern bezogen und Spezialeinheiten seien angerückt.
Eine Woche nach der Ermordung van Goghs wurde erneut ein Anschlag auf eine islamische Schule verübt: Die Bedir-Schule in Uden brannte am späten Dienstagabend nieder. Auf einer Wand hinterließen die Täter den Schriftzug "Theo ruhe in Frieden". In den vergangenen Tagen wurden mehrfach Anschläge auf islamische Einrichtungen in den Niederlanden verübt. Offenbar als Vergeltungsakt wurden Molotow-Cocktails gegen protestantische Kirchen in Rotterdam, Utrecht und Amersfoort geschleudert.
Ministerpräsident Jan Peter Balkenende zeigte sich erschüttert angesichts des Klimas der Gewalt. Er unterbrach eine Parlamentsdebatte über EU-Themen, um die Krise zu erörtern. Der Extremismus fresse sich in "die Wurzeln unserer Demokratie" vor, sagte Balkenende. Die Oppositionspartei GrünLinks forderte die Regierung auf, Königin Beatrix um eine Rede an die Nation zu bitten, die dazu beitragen könne, eine weitere Eskalation zu verhindern.
Der Vorsitzende der niederländischen Vereinigung der Muslime, Mohammed Sini, verurteilte die "Spirale von Angriffen und Gegenangriffen". Es dürfe nicht dazu kommen, dass unüberbrückbare Gegensätze aufgebaut würden, sagte Sini dem Rundfunksender Radio One.