Verkehrspolitik Grüne und FDP verhaken sich beim Klimaschutz

Bundesverkehrsminister Wissing (FDP) – eigentlich müsste er gesetzliche Maßnahmen vorschlagen
Foto: Political-Moments / IMAGODieser Artikel gehört zum Angebot von SPIEGEL+. Sie können ihn auch ohne Abonnement lesen, weil er Ihnen geschenkt wurde.
Der Klimaschutz im Verkehr kommt seit Jahren nicht voran. Schon im zweiten Jahr in Folge reißt der Bereich die Ziele, zu denen sich der Bund gesetzlich verpflichtet hat. Nach aktuellen Zahlen des Umweltbundesamts stiegen die Emissionen an Treibhausgasen im vergangenen Jahr sogar auf 148 Millionen Tonnen. Eigentlich müsste Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) deshalb gesetzliche Maßnahmen vorschlagen.
Nach Berechnungen des Expertenrats für Klimafragen der Bundesregierung müsste dieses Sofortprogramm im Verkehrssektor Emissionseinsparungen von weiteren 261 Millionen Tonnen erzielen, damit Deutschland seine Klimaziele des Jahres 2030 erreicht. Doch derzeit geht nichts voran bei Gesetzesvorhaben, die solche Einsparungen erbringen könnten. Im Gegenteil: Im Streit über mehr Klimaschutz im Verkehr gibt es weiterhin keine Einigung zwischen FDP und Grünen.

Aufgeheizte Stimmung
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Dabei sollen eine Reihe von Gesetzentwürfen kommende Woche im Bundeskabinett verabschiedet werden. Konkret geht es um die Novelle des Klimaschutzgesetzes, in dem die CO₂-Ziele der einzelnen Ministerien festgeschrieben sind. Die FDP will den von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgelegten Entwurf offenbar nicht akzeptieren.
Grund dafür ist wiederum die Weigerung des Habeck-Ministeriums, der im FDP-geführten Verkehrsministerium geplanten Änderung des Straßenverkehrsrechts zuzustimmen. Darin soll unter anderem die Möglichkeit für Kommunen geschaffen werden, mehr Tempo-30-Straßen einzurichten. Viele Kommunen und die Grünen fordern, dass Tempo 30 statt bisher Tempo 50 Standard werden soll. Doch dagegen sträubt sich die FDP.
In einem Kompromiss hatte man sich verständigt, dass stattdessen weitere Kriterien den Kommunen an die Hand gegeben werden, mit denen sie in einer Straße Tempo 30 einrichten können. Dazu könnten etwa Spielplätze, aber auch Umweltkriterien zählen.
Schlichtungsversuch bleibt bislang aus
Der Grünen-Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar fordert für die Kommunen »mehr Beinfreiheit«, damit sie »für mehr Sicherheit und Lebensqualität vor Ort« sorgen können. Die Blockade der Koalitionspartner sollte eigentlich durch ein Treffen der zuständigen Minister Habeck und Volker Wissing (FDP) gelöst werden. Bislang ist der Schlichtungsversuch allerdings nicht erfolgt.
Betroffen ist auch eine Regelung, mit der die Lkw-Maut verteuert werden soll. Ein Großteil der Mehreinnahmen soll für den Sanierungsstau bei der Bahn verwendet werden. 45 Milliarden Euro sind bislang noch nicht sicher finanziert.
Die Koalition hatte sich bei ihrer 30-stündigen Marathonsitzung im März darauf geeinigt, dass diese Summe vor allem über den Wegezoll für Lkw aufgebracht werden soll. Gelbhaar fordert vom Verkehrsministerium, das Gesetz rasch vorzulegen. Die Speditionsbranche benötige bei der Lkw-Maut Planungssicherheit. »Da würde ein Kabinettsbeschluss ein gutes Stück weit helfen.«