Bayern ist vielleicht das einzige Land, dem es durch materielle Bedeutung, durch die bestimmt ausgeprägten Stammeseigentümlichkeiten und durch die Begabung seiner Herrscher gelungen ist, ein wirkliches und in sich selbst befriedigtes Nationalgefühl auszubilden.
OTTO FÜRST BISMARCK
Der berühmteste Wittelsbacher war (und blieb bis heute) König Ludwig II., 1886 im Starnberger See ertrunken. Der berühmteste Preuße seines Jahrhunderts war (und blieb bis heute) Fürst Otto von Bismarck.
Beide, der »unpolitische« Märchenkönig und der von der Politik aufgefressene Staatsmann, hatten, so sollte man meinen, wenig miteinander zu tun. Dem war nicht so. Wir begegnen zwei Legenden:
‣ Ludwig und Bismarck hegten füreinander Hochachtung und eine fast ins Persönliche gehende Freundschaft.
‣ Der Doktor Gudden und der Bismarck, den man auch den »Falschen Kanzler« nennt, sie hab'n ihn in'n See 'neig'stessen, indem sie ihn von hint' ang'rennt. Feiger Kanzler, deine Schande traget dir ganz g'wiß kein Ehrenpreis, denn du stund'st ihm nicht in off'nem Kampfe, wie uns der Rippenstoß von hinten her beweist.
Die erste Version ist ebenso falsch wie die zweite absurd. Ein winziges Körnchen Wahrheit steckt in beiden.
Man muß sich als erstes die amtliche Stellung der beiden vor Augen halten. Bismarck, der preußische Chefpolitiker in noch nicht absolut gefestigter Position; Ludwig, der unangefochtene, »absolute« Erbe eines Thrones, dessen Land Bayern nun freilich irgendwann das traurige Schicksal ereilen mußte, in dem größeren Kleindeutschland Bismarcks aufzugehen. Zwischen Ludwig und sein katholisches Gottesgnadentum würden sich also zwei menschliche Individuen, die Protestanten Wilhelm und dessen Großknecht Bismarck, als höhere Instanzen schieben.
Der schon erfahrene 47jährige Höfling Bismarck, gerade eben Ministerpräsident und Außenminister seines Landes geworden, saß bei der ersten und letzten persönlichen Begegnung im August 1863 neben dem 30 Jahre Jüngeren, damals noch Kronprinzen. Dazu der ehrliche Bismarck 1898:
Der Eindruck, den er mir machte, war ein sympathischer, obschon ich mir mit einiger Verdrießlichkeit sagen mußte, daß mein Bestreben, ihn als Tischnachbarn angenehm zu unterhalten, unfruchtbar blieb.
Ludwig habe sich nur durch hastiges Champagnertrinken an der ihn nicht weiter interessierenden Tafel zum Sitzenbleiben genötigt fühlen können. Von seinem Lieblingsgetränk verstand Bismarck viel. Dann der Lügner:
Es war dies das einzige Mal, daß ich den König Ludwig von Angesicht gesehen habe, ich bin aber mit ihm, seit er bald nachher (10. März 1864) den Thron bestiegen hatte, bis an sein Lebensende in günstigen Beziehungen und in verhältnismäßig regem brieflichen Verkehre geblieben und habe dabei jederzeit von ihm den Eindruck eines geschäftlich klaren Regenten von national deutscher Gesinnung gehabt, wenn auch mit vorwiegender Sorge für die Erhaltung des föderativen Princips der Reichsverfassung und der verfassungsmäßigen Privilegien seines Landes.
Wo zwei solche Prinzipien aufeinanderstoßen, sind die Geld- und Goldsucher nicht fern. So würde man sich doch sehr wundern, hier nicht das verquere Wälsungenpaar Richard und Cosima Wagner vorzufinden. Richard zockte den König ab, Bismarck hingegen instrumentierte den Komponisten, ohne daß der je von Berlin Geld erhielt. Sogar die Witwe Cosima bekam von Wilhelm und Bismarck keinen Pfennig.
Die günstigen Beziehungen erschöpften sich in den Geldern aus dem Reptilienfonds, den Bismarck sich, sozusagen zur eigenen Verfügung, aus den Gütern des von ihm illegitimerweise abgesetzten blinden Königs Georg V. von Hannover geraubt hatte wie Alberich das Rheingold. Dieser Welfenfonds wurde alsbald »Reptilienfonds« geheißen, weil Bismarck seine Feinde 1869 »bösartige Reptilien« genannt hatte.
Offiziell mischte Bismarck sich in Bayern nicht ein, das verbot ihm seine Stellung, er stand immer nur in der Kulisse. Aber die Zeitung, die Ludwig am liebsten las, die Süddeutsche Presse, bekam Geld; ebenso sein später schlimmster Feind, der Oberststallmeister Max Graf von Holnstein.
Das von Ludwig verabscheute Bismarck-Reich wurde in Versailles mit den durch Holnstein für Ludwig ausgehandelten Beträgen - 300 000 Goldmark pro Jahr, 1884 noch ein Nachschlag von einer Million - gegründet. Den »Kaiserbrief« Ludwigs, des angesehensten, »zweitmächtigsten« Bundesfürsten, schrieb Bismarck vor, und Ludwig, unter Zahnschmerzen im Bett liegend, schrieb ihn ab. (Ein dentales Vorbild für Kinder war er nicht, anders als Napoleon, der von seiner Frau, der Habsburg-Tochter Marie Louise, verlangte, sich täglich die Zähne zu putzen.)
Selten sind Gelder so lukrativ angelegt worden wie die für Ludwigs Bauten und für Wagners Bayreuth. Nur hatten alle daran beteiligten Halunken davon gewiß keine Ahnung. Bismarck war der Mäzen Ludwigs und Ludwig der Mäzen Wagners; der antike Maecenas soll auch nicht gerade eigenes Geld ausgeteilt haben.
Nur benutzte Bismarck in seinem Schicksalsjahr 1866 den ihm persönlich nicht bekannten Richard Wagner, um in Bayern ein neues, reichsfreundliches Ministerium zu installieren. Wagner sollte seinen Einfluß auf Ludwig geltend machen, damit Bayern während des unvermeidlichen Waffengangs mit Österreich wenigstens neutral blieb.
Bismarck wollte den österreichisch gesinnten Ministerpräsidenten Ludwig von der Pfordten weg haben, und das wollte auch Wagner. Pfordten war nämlich 1848/49 in Dresden Kultusminister gewesen, als der naive Kapellmeister Wagner neben dem weniger naiven Anarchisten Michail Bakunin auf den Barrikaden stand.
So beschwor er seinen König in zwei ebenso rührenden wie unverschämten Briefen ("Neue Menschen! Neue Menschen!"), Ludwig solle den »unabhängigen« Fürst Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfürst, Prinz von Ratibor und Corvey, den Bismarck ihm unter den Fuß hatte geben lassen, zum Ministerpräsidenten ernennen (Hoftratsch: »Lola-Montez-Ministerium").
Ludwig, was er immer tat, wenn Wagner von Politik anhub, blickte zur Decke und pfiff sich eins. Aber nach Königgrätz und vor Abschluß des Prager Friedens mußte Ludwig innerlich Bismarcks Kandidaten akzeptieren*.
* Der Aristokrat allerältester Schule wurde 1874 Bismarcks Botschafter n in Paris und 1894 des jungen Kaisers Wilhelm II. ältester Reichskanzler, »Onkel Chlodwig«. 1900, bei seinem Abtreten, war er 81 Jahre alt, lethargisch, aber pro-russisch eingestellt. Beide Eheleute huldigten der Devise: »Qui va a la chasse perd sa place«. Ohne und mit Chlodwig, ohne und mit Wagner: Bayern mußte sich 1870 am Krieg gegen Frankreich beteiligen. Seine Soldaten wurden sogar als die allerwütigsten berüchtigt. Wagner behauptet, Ludwig habe sich seit 1866 nicht mehr für Politik interessiert.
Das ist, sieht man es pauschal, richtig. Aber die Vorrechte der Krone verteidigte er fast bis zuletzt. Sein Briefwechsel mit Bismarck ist höchst einseitig. Bismarck bat scheinbar und scheinheilig um einen Rat. Ludwig antwortete ihm formal. Aber auch da, wo er als Allerhöchstderselbe unterschrieb, weiß man nicht, welcher Sekretär den Brief wirklich verfaßt hat.
1870, so klar sah er es im Gegensatz zu seinem jüngeren Bruder und potentiellen Nachfolger Otto denn doch noch, wären beide weggefegt worden, hätten sie den Krieg kurzerhand verboten. Ob einer seelisch gestört, aber noch bei Verstand sein kann, mögen die Gelehrten unter sich ausmachen. Die Bandbreite ist da »ein weites Feld«, um mit Fontane/Fonty zu sprechen.
Im Ringkampf hätte Ludwig den körperlich großen Bismarck, den er noch um einen Kopf überragte, vermutlich mit seinen Bärenkräften bezwungen. Ludwig ritt gern und sehr viel besser als der im Sattel mediokre Kanzler. Er onanierte zeitlebens, und das lief auf eine schwere seelische Störung hinaus.
Einen »hervorragendsten Platz« (sic!) hat Ludwig dem Bismarck unter den großen Männern des Jahrhunderts - sein Geld so gut wie in der Tasche - schriftlich zuerkannt. Und der »vielgeliebte Oheim«, König Wilhelm? Er spielt in der Rubrik Geisteskrankheiten bei bayerischen Patrioten eine große Rolle. Ludwigs Mutter, Marie von Preußen, über die der König wie über den Bruder Otto wie über fast alle Menschen schnöde urteilte, war eine Cousine jenes Hohenzollern-Königs Friedrich Wilhelm IV., der in Umnachtung starb.
Ludwig haßte Preußen ("ein Greuel") und den Eisernen Kanzler ("frevelhaft"). Den Oheim empfing er nicht in der Landeshauptstadt München, er vermied jeden Antrittsbesuch in Berlin.
Als seine Mutter Marie am 32. Hochzeitstag - ihr Mann, Maximilian II., war früh verstorben - zum katholischen Glauben übertrat, macht der König die Mitteilung auf ungewöhnliche Weise und an ungewöhnlichem Ort: In seinem Königszelt auf dem Oktoberfest (richtige Bayern hat er also wohl auch gesehen). Hier gab er sie dem Apostolischen Nuntius und den Prinzen Luitpold und Adalbert bekannt. Keinen Zweifel ließ dieser verschmockte Erzkatholik daran, daß er die Konversion seiner Mutter mißbilligte.
Kaiser Wilhelm I., der als Cousin während der prokurativen Trauung in Berlin neben ihr am Altar gekniet hatte, machte ihr bittere Vorwürfe. Man denke, ein Mitglied des preußischen Königshauses! Und das mitten im Kulturkampf! Ottochen, ick hör' dir trapsen.
Aber Exzentriker auf Thronen war man gewöhnt. Dieser hier aber übertrieb es ein wenig. Als Ludwig sich mit der Tochter des beliebten Herzogs Max in Bayern, des wegen seines Zitherspiels »Zittermaxl« genannten Lebemannes, verlobte, schob Ludwig die Heirat so lange hinaus, bis ihm Vater Max eine Frist setzte. Zwar konnte Sophie, die mit Ludwig die Leidenschaft für Wagner teilte, vorzüglich reiten, aber das ersetzte ja die Trauung nicht.
Der Bräutigam geriet in helle Wut. Onkel Chlodwig mußte ihn beruhigen. Des Königs Abschiedsbrief an die Braut würde jeden Briefsteller zieren: »Geliebte Elsa! Dein grausamer Vater reißt uns auseinander. Ewig Dein Heinrich.«
Wer war Elsa? Die »süße reine Braut« aus dem »Lohengrin«. Und wer war Heinrich? Jener König der Deutschen, auch aus dem »Lohengrin«, der in Antwerpen Gerichtstag hält.
Bayern kam um das größte aller Feste. Ein Landeskind! Nach drei evangelischen Königinnen eine, die katholisch war! »Sisi«, Sophies Schwester, Kaiserin von Österreich, empörte sich: »Es gibt keinen Ausdruck für ein solches Benehmen.« Soviel zur Freundschaftslegende zwischen »Sisi« und Ludwig.
In sein Tagebuch notierte er: »Sophie abgeschrieben.« Ein Gemütsmensch. Das war 1867. Der König retirierte in die Berge und besichtigte seine Bauten. War er verrückt? Die Bauwut sagt nichts.
Der König fiel nicht seiner Bauwut allein zum Opfer. Er kannte kein Maß und kein Ziel. Es waren die viel zu hohen Geldsummen, die seinen Feinden Gelegenheit gaben, sich des »Hanswursts« - so Preußens Gesandter in München - zu entledigen.
Nach 1871, als Bismarck sich in Bayern ziemlich direkt einmischte, sah das anders aus. Plötzlich war der König in den Berichten des preußischen Gesandten kein feiger, doppelzüngiger Hanswurst mehr. Auch an der »Entmündigung« des Königs mit Todesfolge scheint Bismarck nicht ganz unbeteiligt gewesen zu sein. Daß er sich »nie« in die inneren bayerischen Angelegenheiten einmische, wie er beteuert hat, war jedenfalls eine krasse Lüge.
Zuvor traf den Hof in München allerdings ein herber Schicksalsschlag: Prinz Otto, des Königs Bruder und Nachfolger, wurde echt verrückt. 1873 eröffnete Ludwig dem Schriftsteller Felix Dahn ("Ein Kampf um Rom"): »Mein Bruder kann nie regieren.«
Otto wurde in Nymphenburg isoliert. 1875 entkam er seinen Bewachern und führte beim Fronleichnams-Festgottesdienst des Erzbischofs in der Frauenkirche vorm Altar eine groteske Szene auf. 1880 wurde er bis zu seinem Tod 1916 in Schloß Fürstenried dauerhaft interniert. Seine Liebe zu den Ballettmädchen konnte nicht mehr bedient werden.
Als »König Otto I.« regierte er mithin nach dem Starnberger Debakel in völliger Isolation viele Jahre, während derer Offiziere, Beamte und Geistliche auf ihn vereidigt wurden. Das führt uns zurück zu König Ludwig, seinem Vorgänger. Dessen Krankheit wurde 1886 vorzüglich mit Hilfe der ja offenkundigen Krankheit des Bruders Otto »nachgewiesen«, den andere Psychiater, nicht der angesehene Professor Gudden, untersucht hatten.
Hätte Ludwig das Königreich Hannover erobert, dessen König abgesetzt und den Welfenschatz für sich annektiert: vielleicht wäre er nie »entmündigt« worden. Aber seine Schulden und Geldforderungen überstiegen die Vorstellungskraft all seiner Minister.
Bismarck, obwohl er in der Kulisse geruhsam abwarten konnte, wußte bestens Bescheid. Sein Gewährsmann in München, der Ministerpräsident Johann von Lutz, hielt ihn stets über den Gesandten Bayerns in Berlin, Hugo Graf von Lerchenfeld, a jour.
Nachdem Bismarck dem bedrängten König 1884 noch einmal eine Million Goldmark (heute bis zu 100 Millionen Mark) als Soforthilfe überwiesen hatte - aus welchem Topf wohl? -, lehnte er 1886 die Hilfe an Ludwig unter Berufung auf haushalts- und finanzrechtlich einwandfreie Gründe ab. Er bereinigte seine Akten.
Bismarck verlangte Sicherheiten (die der König nicht geben konnte), Zinsen und Rückzahlung durch einen Baustopp (was nicht in Ludwigs Auffassung von Realität paßte), er lehnte korrekt ab. Es handelte sich um schlichte sechs Millionen Goldmark.
An wen verwies der Kanzler den entnervten König? An den Landtag, in dem das Zentrum, Reichsfeinde also, die Mehrheit hatte, und die SPD, eine »bedrohliche Räuberbande« (Bismarck), auch einige Abgeordnete.
Die Landesvertretung insgesamt aber, so versicherte Bismarck mit unschuldigem Augenaufschlag, werde aus Anhänglichkeit »nicht nur die Rückstände der Cabinettskasse, sondern auch die Mittel für den Abschluß der begonnenen Bauten bewilligen«.
Bismarck wußte, daß die Landesregierung mit dieser Sache keinesfalls vor den Landtag treten würde, weil man sie in diesem Fall weggefegt hätte. Er wußte ebenso, daß der menschenscheue König dazu gar nicht mehr in der Lage war.
Der Kanzler hatte den König abgeschrieben wie der zuvor seine Braut. Aber er verlangte, und mußte verlangen, »daß man ihn ganz aus der Sache herauslasse«, ein moderner Pilatus.
Lerchenfeld erfuhr im April von Graf Kuno von Rantzau, Bismarcks Schwiegersohn und Privatsekretär, der sich ohne dessen Erlaubnis kaum auf dem Stuhl umgedreht hätte, »man müsse hoffen, daß die Katastrophe sobald als möglich eintrete, da unter den jetzigen Umständen das monarchische Prinzip schwer geschädigt werde«.
Einen Monat später sagte Bismarck zu Lerchenfeld, er habe den Zustand des Königs »nicht für so schlimm gehalten und an Intriguen gedacht«. Was hatte Lerchenfeld ihm vorgelegt? Das »Belastungsmaterial«. Der Reichskanzler erhob keine Einwendungen (!) gegen die Absichten des Prinzen Luitpold und des Ministeriums. Aber »sichtlich traurig gestimmt« war er schon.
Dr. Peter Gauweiler will festgestellt haben, daß die Entmündigung Ludwigs II. gesetzwidrig war. Das glauben wir ihm gern. Es gab eine Gesetzeslücke in Bayerns Verfassung. Mit Hilfe einer solchen »Lücke« war Bismarck selbst 1863 gegen den Landtag zur Macht gekommen.
Die Absetzung des Königs war in der Verfassung Bayerns ebensowenig vorgesehen wie Geisteskrankheit des Monarchen. Bismarck, auf seine Reputation bedacht, warnte vor diesem »Vorgehen von oben, aufgrund des irrenärztlichen Zeugnisses«. Das Wort Staatsstreich hing in der Luft, aber Bismarck griff es nicht auf. Wohl aber sprach er vom bösen Schein einer »Palastrevolution«.
Nur, wie sollte man ohne Staatsstreich auskommen? Wie dem König, ohne seine Mitwirkung, »völlige Regierungsunfähigkeit« nachweisen? Für diesen Fall sah die Verfassung die »Reichsverweserschaft« vor. Wer hätte Reichsverweser werden müssen? Prinz Otto, der aber unheilbar geisteskrank war. Deswegen mußte er nach dem rätselhaften Tod Ludwigs und des im übrigen untadeligen Professors Gudden im Starnberger See als »König Otto I.« den Thron besteigen, was in diesem Fall hieß, nicht besteigen.
Ludwigs und Ottos Onkel Luitpold nahm die »traurige Pflicht« auf sich, »die Reichsverwesung zu übernehmen«, nannte sich fortan aber »Prinzregent Luitpold«. Er starb 1912.
Unter der Nicht-Herrschaft von König Otto I. trug sich Wilhelm II. 1891 in das Goldene Buch der Stadt München mit den goldenen, aber taktlosen Worten ein: »Suprema lex regis voluntas.«
Hatte also alles so kommen müssen? Nicht, wenn man dem soeben von Wilhelm II. unsanft aus seinem Amt gedrängten Otto von Bismarck glaubt. Er sagte 1890: »Bei richtiger Führung wäre er (Ludwig) kaum ein Narr geworden.«
Es gab so einen richtigen Führer, nur nicht für Ludwig und nicht in Bayern. Es war ebender, der den Stein ins Rollen gebracht hatte. Bildlich gesprochen also: »den Kini von hint'' derstessen«.