Warum wir manche Düfte sexy finden – und manche extrem eklig

Wir haben jemanden gefragt, der es wissen muss.
Foto: dpa

Dieser Beitrag wurde am 03.08.2018 auf bento.de veröffentlicht.

Düfte umgeben uns den ganzen Tag. Morgens seifen wir uns mit Shampoo und Duschgel ein, danach tragen wir noch ein Deo auf und vielleicht auch noch ein, zwei Sprüher vom Lieblingsparfüm. In einer kleinen Duftwolke bewegen wir uns durch die Welt, als ob der eigene Körpergeruch permanent bekämpft werden müsste. 

Die meisten Frauen bevorzugen dabei liebliche Düfte, Männer herbe. Sieht man ja schon im Drogeriemarktregal. Frauen sollen nach Kokos, Vanille, Mango riechen, Männer nach Sport, was auch immer das ist. Definitiv riecht es derber, würziger. Warum ist das so? Und warum nehmen wir Gerüchte unterschiedlich wahr?

Wie wichtig Gerüche sind, fällt spätestens dann auf, wenn jemand dasselbe Parfüm trägt und das irritiert. Oder wenn jemand auf der Straße nach dem Partner, der Partnerin riecht und er oder sie es dann doch nicht ist. 

Hanns Hatt, 71, ist Geruchsforscher und Zellphysiologe an der Ruhr-Universität Bochum. 

bento hat bei ihm nachgefragt.

Wie wichtig ist der Geruch eines Menschen?

Sehr wichtig, aber das ist uns gar nicht in diesen Ausmaßen bewusst. Jeder Mensch trägt einen individuellen Duft. Dabei rede ich nicht von Parfüm, sondern vom Körperduft. Wir kommunizieren darüber hinaus noch mit einer Art von chemischer Sprache und geben spezielle Duftinformationen ab. Wir drücken so aus, ob wir Angst haben, aufgeregt sind, ob wir Vertrauen herstellen wollen. Frauen teilen über Duft auch mit, wenn sie ihren Eisprung haben.

Was riechen wir denn beim Körperduft?

Beim individuellen Körperduft können wir sehr vereinfacht gesagt unsere Gene riechen. Wie genau das funktioniert, weiß die Wissenschaft bis heute nicht. Je unterschiedlicher die Gene der Menschen sind, desto unterschiedlicher ist auch der Körpergeruch. Frauen bevorzugen Männer mit sehr unterschiedlichem Körpergeruch von ihrem eigenen, genau gesagt sind 76 Prozent Unterschied optimal. Damit steuert die Evolution, dass das Paar mit dem passendsten Immunsystem zusammenkommt, um möglichst gesunde Kinder hervorzubringen.

Warum sollen Frauen eher lieblich und Männer eher derb riechen?

Kulturhistorisch ist vermutlich die Vergangenheit dafür verantwortlich. Früher haben sich Frauen mehr mit Nahrung und Gartenarbeit beschäftigt, während die Männer auf der Jagd waren, geritten sind und verschwitzt zurückkamen. Dieses Geruchsgedächtnis wurde weitergegeben.

Bis heute?

Ja. Das, was wir als männlich und weiblich empfinden, lernen wir schon als Säuglinge, als Kinder. Unser Geruchsempfinden wird konditioniert. Wir kommen weitgehend ohne Duftvorlieben auf die Welt und lernen die Gerüche anhand von Menschen kennen und verknüpfen sie dann entsprechend mit Frauen und Männern. Riechen beginnt eigentlich schon in der 28 Schwangerschaftswoche als Embryo.

Welche Gerüche machen denn nun Menschen attraktiv?

Es gibt keinen Geruch, der Menschen allgemein attraktiv macht. Das hängt immer von den subjektiven Erfahrungen des einzelnen mit Düften ab. Das, was wir positiv eingespeichert haben, nehmen wir unser Leben lang positiv wahr.

Was ist, wenn Frauen jetzt nur noch herbe Parfüme benutzen und Männer liebliche?

Man kann natürlich unsere Nasen umerziehen. Wenn ab jetzt alle Männer blumig, lieblich und die Frauen nach Tabak, Leder und Harz duften, würden irgendwann unsere Nachkommen es als normal bewerten. Heute dagegen würde ein Mann, der nach Veilchen, Maiglöckchen und Rosen duftet nicht gerade als männlich eingeschätzt werden. 

Ein Kollege aus den USA hat junge, schlanke Mädchen mit blumigem Pampelmuse-Duft besprüht und Männer an ihnen riechen lassen. Danach haben diese Männer ältere, dickere Frauen, die diesen Duft trugen, als leichter und jünger eingeschätzt. 

Sind die Geruchsvorlieben bei Hetero- und Homosexuellen gleich?

Wir wissen, dass Männer den Achselschweißduft von Männern bevorzugen. Bei homosexuellen Frauen ist es dasselbe.

Warum benutzen wir überhaupt künstliche Gerüche?

Mit dem Duft, den wir verwenden, geben wir ein Statement nach außen ab. Damit riecht der Mensch etwas über mich, das er entsprechend seiner Erfahrung bewertet. Im einem Kulturkreis sind dies oft ähnliche Assoziationen. So kann ich beeinflussen, was Menschen über mich denken sollten. Man kann sich ein duftes Image geben.

Das heißt ja dann, dass der eigene Körpergeruch wiederum ein schlechtes Image hat. Warum?

Menschen haben früher sehr intensiv gerochen, konnten sich nicht waschen. Dann kamen die Parfüms, die reichen Leute konnten diesen unangenehmen Geruch loswerden. Damit war der künstliche Duft plötzlich ein Markenzeichen geworden. Der war etwas Besonderes. Er hat auch geholfen, den Schweißgeruch zu überdecken. Der ist übrigens an für sich nicht schlecht duftend, das wurde uns so  anerzogen. 

In Papua-Neuguinea ist der Geruch von Schweiß nicht negativ besetzt, er wird noch als Informationsquelle benutzt.

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