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Briefe

30 000 Kurden im KZ?
aus DER SPIEGEL 3/1977

30 000 Kurden im KZ?

(Nr. 50/1976, Ausländer: Kaum Asylrecht für verfolgte Kurden) Als ausländische Vertretung kann die Praxis der Behörden Ihres Landes nicht unsere Sache sein, aber auf einen Punkt Ihres Artikels möchten wir im Interesse einer differenzierteren Berichterstattung Ihres sonst von uns sehr geschätzten Magazins doch näher eingehen. Sie schreiben: Nur der Iran und die Sowjet-Union gestehen dem zäh auf Zusammenhalt gestimmten Volk kulturelle Eigenständigkeit zu ...« Wir mochten folgendes feststellen: Die kurdische wie die arabische Bevölkerung leben im Irak unter den gleichen Bedingungen und genießen die gleichen Rechte. Die Kurden sind genauso in der Zentralregierung vertreten wie sie an der Nationalen und Fortschrittlichen Front beteiligt sind, in der alle Parteien zusammengefaßt sind. Ihre kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rechte sind durch die Institutionen der Autonomen Selbstverwaltung garantiert, die seit 1971 in der Verfassung verankert ist. KARIM H. ABBAS Presseattaché der Botschaft der Republik Irak Am 17. September 1976 verurteilte der III. Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichts das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge in Zirndorf. den Kläger Mohamed Ah Salih aus Irakisch-Kurdistan als politischen Flüchtling anzuerkennen, und hob die Asyl-Ablehnung des Verwaltungsgerichts Ansbach auf. Das Urteil (Revision ausgeschlossen> wurde unter anderem so begründet: Im Gegensatz zu den vom Senat erholten und von der Beklagten (Zirndorf> vorgelegten Auskünften der Deutschen Botschaft in Bagdad, des Weltkirchenrates (ÖRK) und der Amnestiegesetzgebung des Irak von 1975 und 1978 hat der Kläger durch mehrere fundierte Stellungnahmen Privater Organisationen ... belegt, daß ihm die Rückkehr in seine Heimat mit Rücksicht auf die ihm dort drohende politische Verfolgung nicht zuzumuten ist. Hingewiesen wird insbesondere auf den Bericht der Gesellschaft für bedrohte Völker e. V. (GfbV) zur Lage der kurdischen Bevölkerung im Irak vom 25. Februar 1976. auf die Stellungnahme von amnesty international ...« Diese Entscheidung scheint uns wegweisend für weitere anstehende kurdische Asylprozesse. Die GfbV hatte die Bundesregierung seit Februar 1976 gebeten, sich der Praxis anderer westlicher Staaten anzuschließen und 300 irakischen, 1975 in den Iran geflüchteten Kurden, denen die Auslieferung nach Bagdad droht, Asyl zu gewähren. Obwohl zehn von elf Länderinnenministern die Initiative wohlwollend aufnahmen, lehnte Innenminister Maihofer mit der Begründung ab, laut Auskunft der Deutschen Botschaft in Bagdad und des ÖRK gebe es keine Kurdenverfolgung. Seit März 1975 wurden im Irak 300 000 Kurden zwangsumgesiedelt, 30 000 in Konzentrationslagern festgehalten, mindestens 290 hingerichtet (der GfbV namentlich bekannt, darunter sechs vom Iran an den * Schirmherren der GfbV: Pastor Alberti, Prof. Bloch, Prof. Emir Kamuran Bedir Khan

Irak nach Asylverweigerung Maihofers ausgelieferte Kurden).

Hamburg DR. INES KÖHLER DR. MED. PAUL FRITZ PONATH TILMAN ZÜLCH

Gesellschaft für bedrohte Völker e. V,/ Deutsche Sektion von Survival International

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