Ab nach Elba!
(Nr. 42/1993, SPIEGEL-Gespräch mit Oskar Lafontaine über den Streit um seine Wirtschaftsthesen)
Lafontaine hat es wieder einmal gewagt, die Wahrheit zu sagen, und das Geschrei war, wie erwartet, groß. Wie lange glauben die Ostdeutschen noch an Wunder? Nach drei Jahren immer noch so naiv? *UNTERSCHRIFT: Kuppenheim (Bad.-Württ.) CAROLA REIFF
Warum sagt nicht auch Herr Kohl den Wählern, daß es nicht so weitergeht wie bisher? *UNTERSCHRIFT: Köln JANET BERRIDGE
Was ist das für ein künftiger Wirtschafts- und Finanzminister der Sozialdemokratie, der das am höchsten verschuldete Land der Bundesrepublik regiert, aber dort nicht auf Subventionen und Lohnerhöhungen verzichten will. *UNTERSCHRIFT: Rostock DR. DIETRICH LEY
Genau wie 1990, als ein beträchtlicher Teil der SPD Lafontaine die Unterstützung verweigerte, weil er die Notwendigkeit von einigen Steuererhöhungen nicht verschwieg, setzen ihn die Wiedervereinigungs-Ideologen jetzt wieder unter Druck. Und wieder handelt es sich bei seinen Aussagen doch eher um eine vorsichtige Untertreibung der Realität. *UNTERSCHRIFT: Oldenburg JONAS CHRISTOPHER HÖPKEN
Lohnverzicht, lieber Oskar, hat noch keinen einzigen Arbeitsplatz geschaffen, sondern nur Yachten in Monte Carlo, schwarze Großkonten in der Schweiz oder in Luxemburg und Grundstücke auf den Bahamas. *UNTERSCHRIFT: Hamburg GÜNTER LADEWIG
Ich weiß, ich weiß, ich bin auch nur ein Wessi und sitze auf meinem Geld. Aber mal ehrlich, schon in der Schule lernt man, daß es für jede Konjunktur tödlich ist, wenn das Lohnniveau über der Produktivität liegt. *UNTERSCHRIFT: Hamburg MARCUS SEECK
Wenn Oskar Lafontaine sein Gespräch mit Ihnen gründlich nachliest, könnte ihm folgendes auffallen: 1) Seine Forderung nach einem langsameren Anstieg der Arbeitseinkommen im Osten verträgt sich nicht mit seiner Forderung, Einkommenszuwächse stärker an Produktionszuwächse zu binden. Die erste Forderung ist ökonomisch ohne tiefgreifende Differenzierung nicht zu begründen, wirkt aber psychologisch verheerend. Die zweite Forderung ist vernünftig und wirkt gänzlich unpolemisch. 2) Seine Forderung, die langsameren Einkommenszuwächse auf die alten industriellen Kerne beschränken zu wollen, verträgt sich nicht mit seiner Forderung, in diesen Kernen eine hochleistungsfähige Industriestruktur aufzubauen - also hochproduktive Arbeitsplätze. 3) Seine berechtigte Forderung nach Investivlohn läßt sich nur in Teilbereichen der Wirtschaft verwirklichen. Sie kann auch nicht nur für den Osten ziehen. 4) Für die Schaffung neuer Arbeitsplätze in Deutschland sind unterschiedliche Lohnzuwächse zwischen Ost und West weniger von Bedeutung als die unterschiedlichen Lohnniveaus zwischen Deutschland und seinen Konkurrenten auf dem Weltmarkt. *UNTERSCHRIFT: Gütersloh MANFRED LAHNSTEIN Bertelsmann AG
Der Mann, der nicht bemerkte, daß er 100 000 Mark zuviel auf dem Konto hatte, kann denen, die von Niedriglöhnen bei überhöhten Preisen leben müssen, leicht langsamere Lohnsteigerungen empfehlen. *UNTERSCHRIFT: Gießen HELMUT HILLGÄRTNER
Nun hat der Herr »Napoleon von der Saar« es wieder einmal geschafft. Ein Ministerposten in einer zu befürchtenden Großen Koalition scheint sicher. Also ran, Herr Lafontaine, aber am besten auf Elba. *UNTERSCHRIFT: Stadtroda (Thüringen) B. SEMMLER