ADENAUER-TODESTAG Abends Tanz
Konrad Adenauers Sterbetag ist der CDU nur noch eine schlichte Feier wert.
Ursprünglich wollte die Christenunion ihren größten Staatsmann an seinem ersten Todestag, dem 19. April, durch einen pompösen Festakt in der Bonner Beethoven-Halle würdigen.
Doch diesem Anliegen des CDU-Kreisverbandes Bonn widersprach der Oberkonsistorialrat auf dem Sessel des Bundestagspräsidenten, Eugen Gerstenmaier. Mit diesem Jahrestag, so argumentierte Gerstenmaler Mitte März vor dem Präsidium der CDU, beginne eine lange Tradition von Adenauer-Todestagen. Da müsse am Anfang ein maßvolles Beispiel gegeben werden. Denn: »Alle guten Reden sind bei dem Staatsbegräbnis gehalten worden. Was folgt, kann nur schlechter sein.
Adenauers politischer Vermächtnisverwalter Kurt Georg Kiesinger pflichtete dem prompt bei: Er halte es für das Vernünftigste, wenn er als Parteivorsitzender zusammen mit Gerstenmaier und dem CDU-Generalsekretär Reck am Requiem in Adenauers Rhöndorfer Pfarrkirche teilnehme und anschließend am Grab auf dem Waldfriedhof in Rhöndorf einen Kranz niederlege.
Der Kanzler folgte damit einer Bitte der Adenauer-Sippe. Die Kinder des Toten hatten sich für einen familiären Gedenktag entschieden.
So wird also nicht die Partei und nicht die Regierung, sondern die Bundeswehr am Todestag ihres Förderers die aufwendigste Gedenkfeier veranstalten.
Im baden-württembergischen Ellwangen werden eine Woche vor der Landtagswahl -- zu Adenauers Frommen und zum Nutzen der CDU -- rund 1000 Bundeswehrsoldaten mit ausländischen Waffenbrüdern und 4000 zivilen Mitläufern unter den Klängen eines amerikanischen, eines französischen und eines deutschen Musikkorps zwei Tage lang um die Wette und um Ehrenpreise marschieren. Heeresinspekteur Moll stiftete einen Silberteller, die Familie Adenauer trennte sich sogar von einem Ölporträt des Patriarchen.
Durch dieses Gedenkgehen, so Pater Stelzer, Militärpfarrer der Panzerbrigade 30 und Initiator der Veranstaltung, »wollen wir das Leitbild Konrad Adenauers wachhalten«. Abends, nach dem Marsch, ist Tanz in der Ellwanger Stadthalle.
Mit dem nämlichen Sinn für das Volkstümliche pflegen auch die Rhöndorfer das Andenken an den größten Toten ihrer Gemeinde.
Um die Anziehungskraft des Städtchens als Adenauer-Wallfahrtsort kümmert sich insbesondere Bäcker und Konditor Karl-Heinz Profittlich, dem seit des Kanzlers Tod soviel Touristenkundschaft zugelaufen ist, daß er heute frohlockt: »Wegen mir kann der Konrad jedes Jahr sterben.«
Um weitere Attraktionen bemüht, hat Profittlich dem Rat der Stadt Bad Honnef (zu der Rhöndorf gehört) vorgeschlagen, den Maler Oskar Kokoschka zu bitten, er möge eine neu errichtete Kapelle auf dem Rhöndorfer Waldfriedhof ausgestalten. Kokoschka, der beim Malen des letzten Adenauer-Porträts mit seinem Modell eine Altersfreundschaft geschlossen hatte, könnte nach Profittlichs Kalkül damit sein künstlerisches Lebenswerk krönen.
Profittlich wußte auch zu sagen, wie Honorarforderungen des Künstlers mit dem »begnadeten Pinsel« (Willy Brandt) zu umgehen seien. Der Bäcker entwarf einen Brief an Kokoschka, in dem es heißt, natürlich sei die Stadt nicht in der Lage, seine Kunst »angemessen zu honorieren«. Profittlich: »Das ist doch ein Wink mit dem Zaunpfahl.«
Als nächstes will der Touristen-Bäcker ein Projekt aufgreifen' das einst eine Fehde zwischen seinem Vater und dem alten Kanzler begründet hatte: den Bau einer Seilbahn von Rhöndorf ins Siebengebirge. Adenauer hatte zu Lebzeiten den Touristenrummel zu verhindern gewußt. Nun freut sich der Profittlich-Junior: »Jetzt ist das Trauerjahr um, dann fangen wir mit der Seilbahn an.«
Außerdem dürfen die Rhöndorfer noch auf eine weitere Touristenattraktion rechnen. Irgendwann nämlich wird des Kanzlers Haus am Faulen Berg, das in den Besitz der Konrad-Adenauer-Gedächtnis-Stiftung übergegangen ist, als Gedenkstätte eröffnet werden. Stiftungs-Vize und Adenauer-Spätfreund Herbert Wehner: »Ausgerechnet ich muß mich nun darum kümmern.«