ABSCHUSS
(Nr. 8/1967, Oetker-Konzern)
Das Verhalten Rudolf-August Oetkers gegenüber dem bisherigen Chef der Hamburg-Süd, Dr. Rolf H. Kersten, ist in der Hansestadt mit Empörung aufgenommen worden.
Die Art und Weise, wie Oetker einem Mann den Stuhl vor die Tür gesetzt hat, der ihm in 15 Jahren die größte deutsche Privat-Reederei aufgebaut hat, ist in ihrer Armseligkeit unbegreiflich und ohne Beispiel.
Offenbar ist das menschliche Format des Konzernherrn hinter der Expansion seiner Firma zurückgeblieben und hat sich über die Größe seiner Backpulvertüten nicht hinausentwickelt.
Man kann Herrn de la Trobe, der sich anschickt, die von Kersten aufgebaute Hamburger Großreederei als Puddingpulver-Unterabteilung zu führen, nur wünschen, daß er sich nicht eines Tages von seinem Brotherrn auf die gleiche schäbige Weise ausgebootet sieht.
Hamburg ROLF-JÜRGEN MEISE
Der Oetker-Artikel sagt für Eingeweihte nichts Neues. Wer nicht spurt, wird erbarmungslos entlassen und durch gefügige »Statthalter« ersetzt. In Berlin haben wir ein bezeichnendes Beispiel hierfür.
Die Kindl-Brauerei war nach dem Kriege durch Bomben und Demontage praktisch nicht mehr vorhanden. Direktor Rudi Seifert baute aus dem Nichts eine der modernsten Brauereien auf und erwarb noch die Bären-Brauerei hinzu. Im Jahre 1966 erhielt er für seine hervorragende Leistung das große Bundesverdienstkreuz und fast zur gleichen Zeit von Oetker die Kündigung.
Wenn Oetker jetzt sogar Interesse für eine bestimmte politische Partei (NPD> zeigt, so muß man die zukünftige Entwicklung mit Aufmerksamkeit beobachten.
Berlin E. GESSNER