Nach Afghanistan-Debakel Ex-Minister de Maizière fordert »bescheidenere Ziele« für Auslandseinsätze

Thomas de Maizière in Berlin (Archivbild)
Foto: TOBIAS SCHWARZ/ AFPNach dem Scheitern des Nato-Einsatzes in Afghanistan regt der ehemalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière an, die Ziele von Auslandseinsätzen einzuschränken. »Eine Lehre könnte sein, dass man die Ziele für internationale Missionen realistischer und bescheidener setzt«, sagte de Maizière der »taz«.
Vielleicht habe man einen kommunikativen Fehler gemacht, sagte de Maizière: »Um Zustimmung für den Einsatz in der deutschen Bevölkerung zu erzielen, haben wir die Ziele nach vorne geschoben, die besonders schwer zu erreichen waren: Demokratie, Menschenrechte, Gleichberechtigung und so weiter.« Nach dem erfolgreichen Terrorkampf sei das eigentliche Ziel aber gewesen, ein »stabiles Land« mit aufzubauen.
De Maizière, der von 2011 bis 2013 Verteidigungsminister war, verteidigte die späte Evakuierung der afghanischen Ortskräfte. Der Moment, in dem man die besten Köpfe »für alle sichtbar« nach Deutschland hole, sei »das Signal an die afghanische Gesellschaft, dass alles verloren ist. Dieses Signal möglichst spät zu geben, dafür habe ich Verständnis«.
Er wisse von Ortskräften, so de Maizière weiter, »die alle Papiere hatten und trotzdem nicht gekommen sind, weil auch sie dachten, sie hätten noch Zeit«. Natürlich sei es sehr schwierig zu sagen, man habe alles richtig gemacht. »Aber jetzt pauschal zu sagen, wir hätten die Ortskräfte im Stich gelassen, ist mir auch zu schwarz-weiß.«
Die Einschätzung, dass die Politik schon zu seiner Zeit als Verteidigungsminister einer falschen Vorstellung von der realen Lage in Afghanistan aufgesessen sei, wies de Maizière zurück. »Wir haben schon diskutiert: Wie lange bleiben wir?«, sagte er. »Einen Abzug wollten wir an Bedingungen knüpfen. Aber wenn klar wird, dass diese Bedingungen nie eintreten, dann muss man entweder ewig bleiben – oder mit dem Risiko gehen, dass es nicht gelingt.«
Dass dies nun so überstürzt geschehen sei, sei vor allem dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump, aber auch dessen Nachfolger Joe Biden zuzuschreiben.