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Luftfahrt Aggressives Angebot

Iraner kauften in der norddeutschen Provinz einen Flugplatz - jetzt ermitteln die Sicherheitsbehörden.
aus DER SPIEGEL 46/1993

Mehdi Kaschani ist ein Geschäftsmann mit vielfältigen Verbindungen und einer schillernden Vergangenheit.

Das politische Fach lernte der Iraner als Minister unter Ajatollah Chomeini. Seinen Erwerbssinn als Händler für Waffenteile und Kriegsgerät schulte Kaschani in den Metropolen des Westens: Er kennt sich in Zürich aus, weiß sich in Madrid zu bewegen und hinterließ seine Visitenkarte im Millionärsghetto von Beverly Hills in Los Angeles.

Was verspricht sich so ein Mann von einer Immobilie an der Bundesstraße 206 in der norddeutschen Provinz?

Neben dem Flecken Hasenmoor an der B 206 liegt, von Feldern und Wäldern gesäumt, der Flugplatz Hartenholm. Etwa acht Hektar umfaßt das Gelände, eine Piste von 600 Metern Länge gehört dazu, neun Hallen, eine Gaststätte und ein provisorischer Tower.

Bis vor wenigen Wochen trafen sich Hobby- und Geschäftspiloten beim Bier im Flugplatzrestaurant, plauschten übers Wetter, über Geschäfte oder die eigene Maschine.

Das änderte sich, als vor zwei Monaten die neuen Manager Kaschani und sein Partner Nick Ahmed Semnar, Iraner mit Wohnsitz in Rodgau bei Frankfurt, Hartenholm übernahmen. Seither ist es vorbei mit der Idylle, die Flugplatzbenutzer sind verunsichert, einige haben Angst.

Mancher der am Flugplatz ansässigen Gewerbetreibenden führt vom eigenen Büro keine Telefonate mehr, aus Furcht, das Telefon könnte von den Iranern abgehört werden; ob die Furcht begründet ist oder nicht, vertrauliche Gespräche werden via Funktelefon im als lauschsicher geltenden D-Netz geführt.

Andere Hartenholmer klagen über »aggressive Beteiligungsangebote« der Iraner. Besonderes Interesse zeigten Kaschani und Semnar an einer norddeutschen Firma für Flugelektronik. »Alles, was auf dem zivilen Markt an Flugelektronik zu haben ist«, so der Geschäftsführer, »können wir beschaffen.« Doch der Mann lehnt es ab, die Iraner als stille Teilhaber aufzunehmen.

Auch den Sicherheitsbehörden sind die Käufer von Hartenholm offenbar suspekt.

Ein Beamter des Kieler Verfassungsschutzes besuchte am Freitag vorletzter Woche einen Geschäftsmann aus Schleswig-Holstein und erbat »im Plauderton« Informationen darüber, was denn in Hartenholm »so läuft«. Bei einem Nachbarn faßten die Hamburger Kollegen nach. Die Landeskriminalämter von Hamburg und Schleswig-Holstein sind mit Vorermittlungen befaßt.

Bis zum 10. September gehörte der Fliegerhorst im Norddeutschen dem Hamburger Zahnarzt Reinhard Uhlig, 42, und dessen Partner Heinz-Erich Schreitmüller, 38. Die beiden hatten den Platz 1989 erworben.

Im Mai vermittelte Schreitmüller dem Haupteigentümer Uhlig, der das »belastende Engagement Hartenholm« (Uhlig) loswerden wollte, einen potentiellen Käufer - den Iraner Mussa Chajir Habibollahi, ein Geschäftsmann mit Wohnsitz in London.

Die beiden wurden für rund zehn Millionen Mark handelseinig; nach Ansicht des Kieler Verkehrsministeriums ein ganz normaler Deal, denn »eine GmbH darf jeder kaufen, der bezahlen kann«, so ein Sprecher des Ministeriums.

Als einen der beiden Geschäftsführer setzte Habibollahi einen alten Kumpel ein, der Sicherheitsbehörden im Westen bekannt ist: Mehdi Kaschani.

Im September 1984 hatte Kaschani Probleme mit der amerikanischen Bundespolizei FBI in Los Angeles. Sein damaliger Partner in der Schweizer Firma Tex Consultancy and Engineering Inc., Habibollahi, hatte ihn bei den US-Behörden angezeigt, weil Kaschani fünf Millionen Dollar veruntreut habe.

Im März 1992 wurde Kaschani, der seit Jahren seinen Wohnsitz in Madrid hat, von der spanischen Polizei festgesetzt. Der »bekannte Waffenhändler Mehdi Kaschani«, so erklärten die spanischen Behörden, sei bei dem Versuch gefaßt worden, amerikanische Waffenelektronik in den Iran zu schleusen.

Kaschani unterhält nach Einschätzung westlicher Geheimdienste enge Kontakte zur iranischen Waffenbeschaffungsbehörde Sasemane Sanaje Defa (Sasad) in der Pasdaran-Straße in Teheran. Seit die US-Regierung das Mullah-Regime 1979 mit einem strengen Embargo belegte, versucht die Sasad, im Westen Ersatzteile und Elektronik-Komponenten für Waffen und Flugzeuge zu beschaffen, die dem Iran einst von den USA verkauft worden waren.

Daß seine iranischen Geschäftsfreunde in Hartenholm mehr im Sinn haben könnten, als die Landebahn zu verlängern, muß Uhligs Teilhaber Schreitmüller schon vor dem Verkauf von Hartenholm gedämmert haben.

In einem Schreiben, das Schreitmüller am 21. Oktober an drei am Hartenholm-Verkauf beteiligte Banken schickte, erklärte der Geschäftsmann, er habe »erhebliche Zweifel an der Lauterkeit der Geschäftsabsichten« der iranischen Käufergruppe.

In dem Schriftsatz, der »mit meinem Anwalt abgesprochen war und zu dem ich stehe«, berichtet Schreitmüller von einem Treffen am 2. September in Köln. Er sei von Herrn Semnar, so Schreitmüller, in die Domstadt bestellt worden. Dort sei ihm angetragen worden, »100 Millionen Pfund in bar, die aus dem Drogengeschäft stammten«, in Schreitmüllers Firma Nordair in Schleswig-Holstein »zu waschen« - eine Behauptung, der Semnar widerspricht.

Als Geschäftsführer der Nordair Schleswig-Holstein zeichnet, neben Schreitmüller, Nick Semnar. Als Gesellschafter nennt das Handelsregister den Wahl-Madrider Mehdi Kaschani. Y

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