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Stasi-Akten Angst vor Enthüllungen

aus DER SPIEGEL 46/1993

Aus Furcht vor neuen Enthüllungen, die sich auf Akten des früheren DDR-Ministeriums für Staatssicherheit stützen, droht der Bundestag den Medien mit härteren Sanktionen. Politiker aller Parteien forderten am vorigen Mittwoch in einer Sitzung des Innenausschusses, das Stasi-Unterlagen-Gesetz zu verschärfen. Eine All-Parteien-Koalition von CDU bis Bündnis 90 will jene Journalisten, die Stasi-Informationen mißbräuchlich veröffentlichen und MfS-Akten nicht an die Berliner Behörde des Akten-Aufsehers Joachim Gauck abgeben, künftig härter bestrafen lassen.

Bereits jetzt sieht das Gesetz für unbefugte Veröffentlichung von Stasi-Dokumenten oder -Duplikaten Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren vor. Werden Akten nicht herausgegeben, kann ein Bußgeld bis zu 500 000 Mark verhängt werden. Beide Vorschriften verfehlen nach Ansicht der Abgeordneten ihre Wirkung. Bisher sei noch niemand verurteilt worden, obwohl vielfach gegen das Gesetz verstoßen werde.

Die Strafaktion wurde ausgelöst durch Berichte (Quick, Focus), in denen Abhöraktionen gegen westdeutsche Politiker detailliert beschrieben und Karteikarten der MfS-Hauptabteilung III (Funkaufklärung) abgebildet wurden. Nun geht in Bonn die Sorge um, während des Superwahljahres 1994 könnten weitere Stasi-Dokumente über Intrigen oder Liebschaften von Politikern auftauchen. Bereits bei der Erstfassung des Akten-Gesetzes vor zwei Jahren wollte eine Große Koalition aus CDU/CSU, FDP und SPD die Veröffentlichung von Stasi-Material schärfer bestrafen. Kritik am Maulkorberlaß stoppte damals die Gesetzgeber.

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