Rot-Rot-Grün-Option Baerbock geht auf Distanz zur Linkspartei

Kanzlerkandidatin Baerbock in Kiel
Foto: Chris Emil Janssen / imago images/Chris Emil JanßenGrünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock geht auf Distanz zur Linkspartei als möglichem Regierungspartner. »Grundsätzlich gilt, dass in einer Demokratie alle demokratischen Parteien gesprächsfähig sein müssen. Allerdings hat sich die Linke gerade ziemlich ins Abseits geschossen, als sie nicht mal bereit war, die Bundeswehr dabei zu unterstützen, deutsche Staatsangehörige und Ortskräfte aus Afghanistan zu retten«, sagte Baerbock den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Deutschland müsse in der Außen- und Sicherheitspolitik handlungsfähig und als Partner verlässlich sein. Verlässlichkeit in der Außenpolitik heiße auch, zur Nato zu stehen, so Baerbock.
Ihr Co-Parteivorsitzender Robert Habeck hatte sich in dieser Frage bislang nicht festlegen wollen. Man werde keine »Ausschließeritis betreiben«, so Habeck noch vor wenigen Tagen. Die Linkspartei müsse jedoch »in besonderem Maße beweisen, dass sie regierungsfähig und bereit ist, für dieses Land Verantwortung zu übernehmen«. Das schließe ein Bekenntnis zur Nato ein.
Bei einem SPIEGEL-Streitgespräch mit CSU-Chef Markus Söder hatte sich Habeck am Samstag hinter die Bundeswehr gestellt. »Die militärische Niederlage in Afghanistan ist eine politische Niederlage.« Die Soldatinnen und Soldaten hätten »im Prinzip alles richtig gemacht«.
Er selbst habe in den 1980er-Jahren den Wehrdienst verweigert, weil er den Sinn der Truppe nicht gesehen habe. Heute würde ihm dies schwerer fallen. Die »Sinnhaftigkeit der Bundeswehr ist heute auch persönlich für mich viel stärker zu sehen«, so Habeck, das Hochwasser in West- und Süddeutschland habe das kürzlich wieder gezeigt. Ebenso wie Söder schloss er künftige Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht aus.
Der Linken-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler sagte dem SPIEGEL zum Duell von Habeck und Söder: »Die Grünen müssen endlich Farbe bekennen. Wenn sie das Klima wirklich schützen wollen, werden sie sich schon aus steuerpolitischen Gründen von Union und FDP abwenden müssen.« Habeck habe im Streitgespräch benannt, dass zum Beispiel beim Klimaschutz deutlich mehr getan werden müssen, das brauche Investitionen. Mit Union und FDP werde es nur die »schwarze Null und Steuerentlastungen für die oberen zehn Prozent« geben.
Baerbock sagte im Funke-Interview, sie wolle alle Auslandseinsätze der Bundeswehr auf den Prüfstand zu stellen. »Wir brauchen angesichts der vielen Fehler in Afghanistan eine unabhängige Evaluierung aller Auslandseinsätze mit Fachleuten aus der Bundeswehr, mit Friedensforscherinnen und Entwicklungsexperten«, so die Kanzlerkandidatin.
Auch Baerbock kritisierte das Verhalten der Bundesregierung beim Abzug aus Afghanistan. Die habe den Kopf in den Sand gesteckt, statt die Ortskräfte vor den Taliban zu retten – aus Angst, im Wahlkampf über Afghanistan zu reden. Fehlentscheidungen des Auswärtigen Amts, des Entwicklungsministeriums, des Innenministeriums und des Kanzleramts hätten zu dieser Katastrophe geführt: »Auch Vizekanzler Olaf Scholz kann sich hier nicht wegducken«, sagte Baerbock.
Die Regierung müsse alle noch in Afghanistan verbliebenen Deutschen, Ortskräfte und besonders gefährdete Menschen wie Journalistinnen, Frauenrechtlerinnen und Menschenrechtsverteidiger und ihre Familien aus dem Land in Sicherheit zu bringen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieser Meldung hieß es im Anriss, die Linke habe "Nein" gesagt zur jüngsten Bundeswehr-Mission, das ist nicht richtig. Sie hat sich bei der Abstimmung im Bundestag enthalten, wir haben die Formulierung geändert.