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Briefe

ARME SCHLUCKER
aus DER SPIEGEL 40/1960

ARME SCHLUCKER

Erfahrungen, über Sicherheit und Wirksamkeit von Poliomyelitis-Impfstoffen können die Mitarbeiter des SPIEGEL nicht besitzen. Schlecht beraten, scheinen sie sich Aufsichtsratsmitgliedern anschließen zu wollen, die aus verständlichen Gründen den Lebend-Impfstoff verdammen, der in den USA, Mittelamerika, Südamerika, der Schweiz und auch in Westberlin erfolgreich für Massenimpfungen verwendet wurde. Zwei Millionen wurden mit dem Impfstoff von Dr. Cox und über 80 Millionen mit dem Impfstoff von Dr. Sabin geimpft, ohne daß Schäden auftraten, die mit Sicherheit der Impfung zur Last gelegt werden konnten. Fachleute aus 59 Ländern sind auf der 5. Internationalen Poliomyelitis-Konferenz in Kopenhagen zu Ergebnissen gekommen, die zwar nichts mit »Affären«, aber mit Wissen und Erfahrung zu tun haben. Der Senator für Gesundheitswesen in Berlin wurde glücklicherweise von unabhängigen Fachleuten beraten.

Berlin DR. H. WIESENER

Direktor der Städtischen Kinderklinik Berlin-Charlottenburg

Ihr Bericht über die Impfaktion gegen Poliomyelitis in Berlin enthält einen Fehler:

- Der Sabinsche Impfstoff, der in

Ostberlin verwandt wurde, wird nicht in Tablettenform verabreicht. Es handelt sich vielmehr um eine rötliche Flüssigkeit, von der zwei Tropfen gegeben wurden.

- Der Impfstoff kam zwar aus dem sowjetischen Poliomyelitis-Forschungsinstitut, Sabin aber ist nur von Geburt Russe; er lebt seit 1921 in Amerika und hat dort den Impfstoff aus lebenden, apathogenen Viren entwickelt.

Bad Nauheim DR. K. MENNER

Es nimmt nur wunder, daß um die Kinderlähmung in Berlin so viel Geschrei veranstaltet wird, obwohl die absoluten beziehungsweise prozentualen Polio-Zahlen in weit kleineren Städten der Bundesrepublik größer sind.

In Berlin hat man zwar, ohne es zu wissen, in eine unmittelbar bevorstehende und für die Jahreszeit sehr früh auftretende Polio-Welle hineingeimpft. Daraus kann aber der Gesundheitsverwaltung in keinem Falle ein Vorwurf gemacht werden, denn die Polio-Welle kam schnell - sehr wahrscheinlich auf Grund des Impfschutzes - zum Stillstand. Die 40 Polio-Fälle können der Impfung nicht zur Last gelegt werden, denn dann müßte ihre Altersverteilung der der Impflinge entsprechen. Dem ist aber nicht so; sie entspricht vielmehr der üblichen Altersverteilung der Polio -Erkrankungen in den Vorjahren.

Hepbach (Baden) DR. C.-R. ANDERS

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