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»AUCH AN DER BÖRSE IST MAN HINTERHER KLÜGER«

aus DER SPIEGEL 46/1969

SPIEGEL: Herr Dr. Mende, Ihre größten IOS-Fonds IIT und FOF haben in diesem Jahr rapide an Wert verloren, Ihre Partei FDP war der große Verlierer bei der Bundestagswahl. Wer fühlt sieh härter getroffen, der Repräsentant der IOS oder der Politiker der FDP?

MENDE: Ich trenne Politik und Geschäft. Daher beantworte ich Ihnen gern die Fragen, die Sie an den IOS-Repräsentanten stellen. Den FDP-Abgeordneten lassen wir heute draußen vor der Tür.

SPIEGEL: Gut, bleiben wir bei der IOS und kommen zu den Rückschlägen Ihrer Fonds.

MENDE: Sie haben recht, wenn Sie feststellen, daß das Jahr 1969 kein gutes Investmentjahr auch für unsere Fonds ist. Es ist im internationalen Börsengeschehen so wie mit dem Wein, es gibt gute und schlechte Jahrgänge. Auf die guten Jahre mit erheblichen Zuwachsraten auch bei den großen IOS-Fonds IIT und FOF Ist nun mai 1969 ein schlechtes Jahr gefolgt. Das liegt vor allem am Trend der Börse. In der Walistreet herrschte monatelang eine Baisse. Das hat natürlich Rückwirkungen auf die Investmentfonds gehabt.

SPIEGEL: Das Ausmaß der Baisse in Amerika gibt wohl am besten der Dow-Jones-Index für Industrieaktien wieder. Er fiel von Ende 1968 bis Ende September 1969 um 13,8,5 Prozent. Ihr FOF-Fonds aber rutschte schneller als der Kursdurchschnitt, nämlich um 19,91 Prozent ab.

MENDE: So bedauerlich das ist, man soll das Investmentsparen nicht nach Monaten beurteilen, sondern in größeren Zeitabschnitten von mindestens fünf Jahren sehen. Kurzfristige Rückschläge sagen wenig aus.

SPIEGEL: Trotzdem, Herr Dr. Mende, viele Ihrer Kunden sind gerade von der jüngsten Entwicklung enttäuscht.

MENDE: Ich komme in meiner Eigenschaft als Vorsitzender des Verwaltungsrats sehr viel in Deutschland herum, halte Vorträge und treffe im Anschluß daran viele Kunden. Ich habe festgestellt, daß drei von vier IOS-Kunden sogenannte Sparverträge haben, und die sind gar nicht so unglücklich darüber, daß an der Börse die Kurse zurückgehen. Denn für ihre monatlichen Raten bekommen sie jetzt mehr Investmentanteile. So paradox das klingt: Die Walistreet-Baisse hat so auch gewisse Vorteile.

SPIEGEL: Dann müssen sich drei von vier Ihrer Kunden wünschen, daß das Rutschen der Kurse möglichst lange anhält.

MENDE: Das ist natürlich überspitzt. Nachteile haben Anleger, die jetzt aussteigen, denn sie würden beim Einlösen ihrer Anteile weniger bekommen als noch vor Jahresfrist.

SPIEGEL: Was sind die Gründe, daß Ihre Großfonds IIT 13,11 Prozent und FOF fast 20 Prozent ihres Wertes verlieren konnten?

MENDE: Zunächst einmal: Wir haben auch Fonds, die in der kritischen Phase gewonnen haben. So hat der Fonditalia, der vorwiegend italienische Aktien hält, elf Prozent Plus gemacht, der Investors Fonds mit seinem Schwerpunkt am deutschen Aktienmarkt machte einen Gewinn von 3,5 Prozent. Bei diesen beiden Fonds lag

* Mit SPIEGEL-Redakteuren Ferdinand Simoneit und Wolfram Baentsch.

1969 auch das Schwergewicht unseres Vertriebs.

SPIEGEL: Kommen wir nun auf IIT und FOF, mit denen Sie die Deutschen vorher doch reichlich versorgt haben.

MENDE: Bei den beiden mußte die Walistreet-Baisse natürlich durchschlagen. Denn FOF legt laut Satzung nur in Nordamerika an, IIT hatte rund 50 Prozent dort angelegt. Diese Fonds haben nicht die gängigen amerikanischen Standardwerte gekauft« sondern Aktien junger Wachstumsfirmen, die diesmal von den Kursrückgängen besonders hart betroffen wurden, unserer Meinung nach aber langfristig die größten Chancen haben. Bitte messen Sie der kurzfristigen Baisse keine zu große Bedeutung bei, denn Sie sehen ja, in der letzten Zeit ging es an der Walistreet schon wieder aufwärts.

SPIEGEL: Sie werden zugeben, daß die trüben Erfahrungen dieser Baisse nicht schon beim ersten Hochzucken der Walistreet-Notierungen vergessen sein können. Die Investmentkäufer haben Milliarden verloren und müssen bei manchen ausländischen Fonds, zu denen auch Ihr FOF gehört, den Eindruck haben, daß die vielgepriesenen Fonds-Manager geradezu auf Tiefflieger der Börse abonniert waren, Der Eindruck wird verstärkt, wenn wir uns Ihre dicken Engagements bei den spekulativen Mischkonzernen ansehen: Gulf & Western, National General, Leasco und King Resources. Die haben sich allesamt im Kurs halbiert.

MENDE: So kann man das nicht sehen. Ich bin, wie Sie wissen, kein Fonds-Manager. Also die Verantwortung für das Kaufen und Verkaufen von Aktien liegt nicht bei mir. Dennoch weiche ich dieser Frage nicht aus. In den Fällen Gulf & Western, National General und Leasco haben unsere Manager inzwischen die Konsequenzen gezogen und mit Verlust liquidiert, Auf der Position King Resources aber liegt inzwischen ein Gewinn von 50 Prozent. Wir machen uns natürlich auch im Direktorium und in den Verwaltungsräten über die Entwicklung der einzelnen Fonds und über die Leistungen der jeweiligen Fonds-Manager unsere Gedanken

SPIEGEL: Ist Ihnen dabei nicht der Gedanke gekommen, Ihre jungen Wachstumsaktien gegen die kursunempfindlichen Standardwerte auszutauschen, als auf die Walistreet die Baisse zukam? Damit wären Sie ganz sicher besser durch die Börsenflaute gekommen.

MENDE: Man ist auch an der Börse hinterher immer klüger. Das gilt in der Wirtschaft genauso wie in der Politik. Natürlich haben auch die Fonds-Manager, als sie Aktien kauften, nicht heliseherisch um die Entwicklung gewußt. Ob alle Chancen immer genutzt wurden, weiß man erst hinterher; vielleicht hätte man bei manchen Papieren früher aussteigen müssen. Der Fehler lag nicht in der Auswahl, sondern im Timing. In bezug auf die spekulativen Mischkonzerne hatten unsere Fonds-Manager vielleicht nicht immer eine glückliche Hand.

SPIEGEL: Ihre Werbung zielt aber darauf, daß Sie die besten Aktien in aller Welt auswählen. Warum sind Sie mit Ihrem internationalen Fonds lIT international so unbeweglich gewesen? Wir meinen, Sie hätten viel stärker in Aktienmärkte einsteigen müssen, die wie Deutschland, Frankreich, Japan und Italien nach oben gegangen sind.

MENDE: Jawohl, Sie haben recht. Das IIT-Management hat die außeramerikanischen Märkte nicht genügend beachtet, obwohl hier größere Gewinne erzielt wurden als in USA. Im Augenblick aber steckt mehr als die Hälfte des Fondsvermögens in nichtamerikanischen Papieren.

SPIEGEL: Allzu schwach war auch Ihr Deutschland-Portefeuille bestückt. Die deutsche Börse war in diesem Jahr besser als ihr Ruf -- allemal besser als die amerikanische.

MENDE: Ohne Zweifel. Ich gebe Ihnen auch zu, daß es besser gewesen wäre, nicht nur mit dem Investors Fonds und Fonditalia, sondern auch mit IIT einige Sonderbewegungen auf dem deutschen Markt mitzunehmen.

SPIEGEL: Sonderbewegungen wie bei Schering, Linde, BMW und Daimler hätten Ihren Kursen gutgetan.

MENDE: Ja, schon. Aber vergessen Sie dabei bitte nicht, es gibt da grundsätzliche Probleme. Das Fonds-Management bei IIT verfolgt die Politik, sich nur dort zu engagieren, wo jederzeit die Möglichkeit besteht, Aktien in größeren Beträgen auch wieder abzustoßen. Wenn wir das bei den engen Märkten von Schering, Linde, BMW und Daimler tun würden, gäbe das überdimensionale Kursstürze. Wir müssen Rücksicht auf die deutsche Volkswirtschaft und die deutschen Börsen nehmen, und das legt uns eine gewisse Zurückhaltung auf.

SPIEGEL: Herr Dr. Mende, als Anfang des Jahres in der Wallstreet die Baisse schon zu erkennen war, lagen in Ihrem IIT-Fonds nur 3,3 Prozent deutsche Werte. Bei aller Verantwortung: Das war doch zuwenig.

MENDE: Diese 3,3 Prozent entnehmen Sie dem Jahresbericht. Das ist jedoch nur eine Momentaufnahme. Wer sagt Ihnen denn, daß der IIT zwischen den Bilanzierungsstichtagen nicht stärker in Deutschland engagiert war. Im übrigen waren die vorhersehbaren Chancen an der deutschen Börse durch die dauernde Aufwertungsdiskussion, durch Streiks und die Wahlen im September durchaus nicht ungetrübt.

SPIEGEL: Ihre Fondsbesitzer müssen sich doch fragen, warum Sie keine Bankaktien kauften. Diese Papiere haben einen breiten Markt, außerdem waren die Kurschancen, wie sich gezeigt hat, glänzend.

MENDE: Unsere Zurückhaltung gegenüber Bankaktien hat seine speziellen Gründe. Ich will nicht leugnen, daß wir in Deutschland immer noch mit einem Mißtrauen seitens der Großbanken zu rechnen haben. Da besteht leider noch ein Freund-Feind-Verhältnis. Sicher hängt es damit zusammen, daß wir den deutschen Bankaktien eine solche Hausse gar nicht zugetraut haben.

SPIEGEL: Es ist uns neu, daß die IOS so empfindlich ist. Lassen Sie sich durch Animositäten davon abhalten, mit deutschen Aktien gute Geschäfte zu machen?

MENDE: Da gibt es noch andere Schwierigkeiten. Wir sind in Deutschland bei allen Börsengeschäften praktisch auf die Dienste der deutschen Banken angewiesen. Weil wir keine eigenen Händler im Börsensaal haben, müssen wir bei jedem Aktiengeschäft die Banken einschalten, die im Investment alle unsere Konkurrenten sind. Das heißt, wir legen bei allen Dispositionen am deutschen Markt unsere Karten sofort auf den Tisch der Konkurrenz. Das ist eine Situation, die jedem Fonds-Manager in der Welt unangenehm ist.

SPIEGEL: Sind Sie gegenüber allen deutschen Banken gleich skeptisch? Oder haben Sie doch gewisse Präferenzen?

MENDE: In der Tat. Wir wickeln den größten Teil unseres deutschen Börsengeschäftes mit der Dresdner Bank ab.

SPIEGEL: Warum gerade die? Mögen Sie die Dresdner Bank lieber als die Deutsche oder die Commerzbank?

MENDE: Von gegenseitiger Zuneigung kann nicht die Rede sein. Aber wir haben herausgefunden, daß die Dresdner Bank jederzeit in der Lage ist, größere Aktienposten zu handeln. Wir haben unsere Fonds-Manager deshalb angewiesen, weltanschauliche Dinge außer acht zu lassen.

SPIEGEL: Trotz der guten Bankverbindung haben Sie in Deutschland die zugkräftigsten Werte nicht gekauft. In Amerika verpaßten Ihre Fonds-Spezialisten Erfolgsaktien wie Carter Wallace, die seit April um 14 auf 33 Dollar stiegen, oder Digital Equipment, die von 54 auf 87 Dollar kletterten, oder auch Burroughs, die nach 23 Dollar Gewinn jetzt bei 150 stehen. Warum waren da die IOS-Fonds nicht dabei?

MENDE: Ob alle Chancen genutzt wurden, weiß man Immer erst hinterher. In der nächsten Aufsichtsratssitzung werden unsere Fonds-Manager sicher kritische Worte hören, warum sie nicht, wie die SPIEGEL-Herren behaupten, alle Chancen voll genutzt haben.

SPIEGEL: Sind Ihre Fonds-Manager nicht überfordert, weil die Fonds IIT und FOF schon zu groß und darum zu unbeweglich geworden sind, um gute Börsenchancen spontan zu nutzen?

MENDE: Es ist eine Legende, daß nur kleine Fonds eine überdurchschnittliche Wertentwicklung erreichen können. Spätestens die letzte Baisse hat diese Legende zerstört. Es ist richtig, daß ein einzelner Fonds-Manager unmöglich Vermögen von mehreren Milliarden verwalten kann. Deshalb haben wir beim FOF die Unterfonds eingeführt, deren Manager nach dem Leistungsprinzip tätig sind. Beim IIT erfolgt die Dezentralisierung des Managements nach geographischen Gesichtspunkten; wir haben Manager in Japan, Italien, England, Kanada und Deutschland sitzen. Außerdem haben wir erst in diesem Sommer unser Fonds-Management in Genf vergrößert.

SPIEGEL: Herr Dr. Mende, fürchten Sie nicht, daß die negative Entwicklung der letzten Monate, die Sie für relativ harmlos halten, in Deutschland IOS um einen Nimbus bringen wird? Bernard Cornfeld hat einmal stolz behauptet, IOS habe die besten Künstler im Effektengeschäft.

MENDE: Was das Image betrifft, auch das der Cornfeld-Künstler, so haben wir keine Sorgen. Und ich behaupte immer noch: Wir haben einige der besten Investmenttalente der Welt. Daß das Vertrauen in unseren Konzern nicht gelitten hat, sehen Sie daran, daß wir in diesem Jahr von alten und neuen Kunden 150 Prozent mehr Barmittel als 1968 bekommen haben. Diese hohen Barmittel kommen gerade recht, um jetzt die niedrigen Kurse günstig zum Kauf zu nutzen.

SPIEGEL: Die LOS und die Amerikaner zeigten sich bisher über deutsche Investmentfonds meist belustigt. Aber in der jüngsten kritischen Börsenphase haben die konservativen Deutschen sogar noch Gewinne erzielt. Sind die IOS-Künstler vielleicht zu den deutschen Investmentgesellschaften abgewandert?

MENDE: Nein. Die meisten deutschen Fonds-Manager hatten sich in der Vergangenheit fast ausschließlich auf die deutsche Börse konzentriert und waren somit Gefangene des Kurstrends. Die Statistiken zeigen, daß nur wenige deutsche Fonds in den letzten fünf oder auch zehn Jahren besser abgeschnitten haben als der Kursdurchschnitt der Aktien. Sie haben durch die begrenzte Konzeption nicht viel für ihre Kunden tun können. In der gleichen Zeit haben wir hingegen enorme Erfolge aufzuweisen.

SPIEGEL: Wir wollen Ihnen zugestehen, daß Ihre Fonds IIT und FOF bei Fünf-Jahres-Vergleichen alle deutschen Investmentgesellschaften auf die Plätze verweisen. Aber die jüngste Entwicklung scheint uns doch zu belegen, daß IOS-Kunden und Käufer so mancher amerikanischer Fonds die Chance übergroßer Gewinne mit dem Risiko außerordentlicher Verluste bezahlen müssen. Widerspricht das nicht dem Investmentgedanken?

MENDE: Es freut mich, daß Sie uns auch einmal loben und mit Ergebnissen deutscher Fonds vergleichen ...

SPIEGEL: Wir vergleichen auch das Risiko.

MENDE: Gewiß hat eine ganze Menge amerikanischer Fonds die Mode der Performance-Jagd, des Gewinnmachens um jeden Preis, übertrieben. Wir von der IOS haben die Gefahren rechtzeitig erkannt und daraus Konsequenzen für die Weiterentwicklung des internationalen Investmentgedankens gezogen.

SPIEGEL: Bleiben wir doch noch bei der Investment-Idee, wie sie in Deutschland verstanden wird. Das ist schließlich legitim, denn 40 Prozent Ihrer Kunden kommen aus diesem Land. Die Deutschen kaufen meist Investmentfonds, um nicht dem Kurssturz einer einzelnen Aktie ausgeliefert zu sein, sondern um die Risiken einer Wertpapieranlage auf zahlreiche Börsenwerte zu streuen. Beweist nicht der Sturz unter den Dow-Jones-Index. daß der IOS-Fonds FOF wie zahlreiche amerikanische Fonds den Investmentgedanken verfälschen?

MENDE: Die ungezügelte Jagd nach Performance ist in der Tat eine Verfälschung. Aber die machen wir nicht mit. Für IOS ist die Investmentanlage ein Bindeglied zwischen dem bloßen Kontensparen und dem direkten Aktienerwerb. Weil das so ist, kann es bei uns auch beispielsweise nicht zu Kursstürzen wie einst bei der Volkswagen-Aktie oder auch der Veba kommen. Noch einmal: Bewerten Sie die jüngste Baisse nicht zu hoch, und denken Sie langfristig über mehrere Jahre, bevor Sie Urteile ableiten. Dann sehen Sie, daß wir durchaus auf Sicherheit und Risikostreuung bedacht sind.

SPIEGEL: Die schönen Prinzipien nützen keinem Ihrer deutschen Käufer, der FOF-Anteile besitzt. Der FOF-Fonds, der nicht selbst in Aktien investiert, sondern als Dachfonds in anderen Investmentfonds sein Geld anlegt, beschert jedem Deutschen nach dem jüngsten Investmentgesetz harte Steuerstrafen.

MENDE: Ich habe unserer Genfer Konzernführung schon vor einem Jahr gesagt, daß ich den Eindruck habe, Dachfonds dürften in Deutschland bald nicht mehr angeboten werden. Ich habe deswegen vor kurzem auch an alle deutschen FOF-Anleger einen persönlichen Brief geschickt und sie auf die steuerlichen Folgen des neuen Investmentgesetzes hingewiesen ...

SPIEGEL: Nach dem Gesetz müssen vom 1. November an alle Besitzer eines Dachfonds 90 Prozent vom Wertzuwachs versteuern. Zehn Prozent vom Wert der Fonds-Anteile sind sogar noch zu versteuern, wenn der Kurs zurückgegangen ist.

MENDE: Die ganze Härte dieser Strafsteuer trifft nur Fonds, die in Deutschland weder registriert noch vertreten werden. Der FOF kann als Dachfonds zwar nicht registriert werden, ist aber hier durch uns vertreten. Das bedeutet: Der Anleger muß zwar auf Zinsen und Dividenden Steuern zahlen, aber darüber hinaus braucht er keine Kursgewinne zu versteuern, die sein Fonds nur auf dem Papier gemacht hat. Er muß aber Kursgewinne versteuern, die sein Fonds durch Aktienverkauf realisiert hat. Auch das kann selbstverständlich teuer werden. Deshalb haben wir ja rechtzeitig jedem FOF-Besitzer den kostenlosen Umtausch in andere IOS-Fonds angeboten.

SPIEGEL: Zum Umtausch angeboten wird Ihr neuer Venture Fund, der als Wagnis-Fonds verkauft wird.

MENDE: Venture ist nur eine von sechs Möglichkeiten. Wer Sorge hat, das spekulative Element sei da schon zu groß, der kann auf jeden anderen IOS-Fonds umsteigen.

SPIEGEL: Herr Mende, muß nicht der deutsche Investmentsparer nach den jüngsten Baisse-Erfahrungen überhaupt umdenken? Kann er bei seiner Investment-Anlage überhaupt noch vom gebremsten Risiko ausgehen?

MENDE: Er kann. Aber im Prinzip muß auch der Investment-Anleger sich auf Perioden fußkranker Börsenmonate einrichten. Ich kann und will nicht ausschließen, daß auch in Zukunft die Baisse der Börse auf die Fonds durchschlägt. Ich möchte glauben, daß viele Leute, die jetzt noch etwas betroffen sind, in einem Jahr sich ärgern werden, sich in der Baisse nicht genügend engagiert zu haben.

SPIEGEL: So spekulierte mancher, der vor einem Jahr Aktien von VW oder Bayer gekauft hat. Damals sagten viele, jetzt kann es eigentlich nicht mehr tiefer gehen. Und von dieser Hoffnung leben sie immer noch.

MENDE: Wir alle leben mehr oder minder von Hoffnungen. Garantieerklärungen gibt es weder in der Politik noch im Finanzwesen.

SPIEGEL: Ihre deutschen Konkurrenten sind sicher, daß Ihre Hoffnungen Illusion sind. Die Deutsche Bank, die sich über das allgemein schlechte Abschneiden der ausländischen Fonds in den letzten Monaten offenbar freut, hat bereits verkündet: »Das Ende einer Legende.« Wie lange dürfen sich die deutschen Bankiers noch über Ihren Mißerfolg freuen?

MENDE: Das Wohlwollen der deutschen Banken haben wir nie gehabt. Wir waren die ersten, die in Deutschland Wertpapiere nicht über den Bankschalter verkauften, sondern durch Anlageberater vertrieben. Damit haben wir uns die erbitterte Gegnerschaft deutscher Bankkreise zugezogen. Mich hat die Unfähigkeit der deutschen Banken immer wieder erstaunt, moderne Methoden, die IOS aus Amerika mitbrachte, zu übernehmen. Methoden, die ja auch hier erfolgreich sind. Kein Wunder, daß nun Schadenfreude aufkam, als es vorübergehend mal bergab ging.

SPIEGEL: Die Deutsche Bank schreibt wörtlich: »Wo sind die »schnellen« ausländischen Investment-Fonds jetzt mit ihren Wertsteigerungen geblieben?«

MENDE: Zu Schadenfreude oder hämischen Bemerkungen haben die deutschen Großbanken absolut keinen Anlaß. Die Frage, wo wir geblieben sind, können wir für den IIT-Fonds so beantworten: Von 8,24 Dollar Anteilswert kletterte er in kurzer Zeit wieder über neun Dollar. Im September beispielsweise hatte der größte deutsche Fonds, Investa. einen Barmittelzufluß von knapp drei Millionen Mark, obwohl ihm das gesamte Vertriebsnetz der Deutschen Bank mit gut 900 Filialen zur Verfügung steht. Gleichzeitig flossen unserem Deutschland-Fonds Investors 37 Millionen Mark zu.

SPIEGEL: Liegt der geringe Mittelzufluß bei Investa und der große Zufluß bei Ihrem Investors Fonds vielleicht daran, daß so mancher Bankangestellte seinen Kunden beiseite nimmt und ihn zum nächsten IOS-Anlageberater schickt -- gegen IOS-Erfolgsprovision, versteht sich?

MENDE: Ich glaube, daß ich das als eine Feststellung Ihrerseits und nicht als Frage werten darf. Ich kann dazu keine Antwort geben.

SPIEGEL: Die nächste Antwort hätten wir aber gern von Ihnen, Herr Dr. Mende. Wie lange dauert an den amerikanischen Börsen die Talfahrt noch?

MENDE: Obwohl ich von Hellseherei an der Börse genausowenig halte wie von der Kremlastrologie in der Außenpolitik, möchte ich sagen, daß es schon in den nächsten zwei bis drei Monaten wieder bergauf geht. Ich will noch präziser sein: Die Talfahrt ist beendet -- es geht wieder bergauf.

SPIEGEL: Optimismus gehört zwar zum Investmentgeschäft, aber sieht es für die deutschen Besitzer ausländischer Fonds nicht ganz düster aus, nachdem jetzt die Deutsche Mark 8,5 Prozent teurer geworden ist? Zu den Wertverlusten. die FOF und IIT in diesem Jahr angesammelt haben. kommt nun noch der Aufwertungsverlust.

MENDE: Es zeigt sich immer wieder, daß bei Bereinigungen von Wechselkursen nur vorübergehend ein Verlust eintritt, nämlich für den, der zur Unzeit aussteigt, Niemand sollte so töricht sein, jetzt Kasse zu machen. Jetzt heißt es einfach: durchhalten.

SPIEGEL: Herr Dr. Mende, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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