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LUFTWAFFE / STEINHOFF Auf Empfehlung der Lady

aus DER SPIEGEL 25/1967

Es war des Patienten 68. Operation. Der Bonner Luftwaffeninspekteur Generalleutnant Johannes Steinhoff, 53, begab sich unter das Messer eines früheren Kriegsgegners: George Henry Morley, Vizeluftmarschall der Royal Air Force und international renommierter Gesichtschirurg, setzte dem einstigen deutschen Jagdflieger-As (176 Luftsiege) am Donnerstag vorletzter Woche neue Oberlider ein. Die komplizierte Operation gelang. Die unteren Lider bekommt der deutsche General am Montag dieser Woche in der 69. Operation.

Der Deutsche hofft, durch des Briten Hand Morley ist Chef der Abteilung für plastische Chirurgie im Princess Mary Hospital der RAF in Halton bei London -- nach 22 Jahren endlich wieder mit »geschlossenen Augen schlafen zu können« (Steinhoff).

Der General mußte nachts eine schwarze Binde tragen, seit er als Oberst und Kommodore eines Jagdgeschwaders am 18. April 1945, 11 Uhr vormittags, mit einem Messerschmitt-Me-262-Düsenjäger beim Start vom Flugplatz München-Riem abstürzte und halbtot aus den brennenden Trümmern geborgen wurde. Es war sein zwölfter Absturz.

Das Gesicht des Obersten Steinhoff war entstellt. In einer Serie von Operationen bemühten sich prominente Gesichtschirurgen, sein Antlitz wiederherzustellen. Es gelang ihnen auch, Nase, Wangen und Mundpartie durch Transplantationen halbwegs neu zu formen. Die verbrannten Augenlider in einem langwierigen und komplizierten Eingriff ersetzen zu lassen, mochte Steinhoff sich lange nicht entschließen. Er hatte sich mit seinem Aussehen abgefunden. Ärztliche Vorhaltungen, seine Augen seien Bakterien, Schmutzpartikelchen und der Gefahr der Austrocknung nahezu schutzlos ausgesetzt, ignorierte der besessene Jet-Pilot, der regelmäßig im Starfighter fliegt. Lediglich zum Tragen einer dunklen Schutzbrille fand er sich bereit.

Den Anstoß zu Steinhoffs Sinneswandel gab im Sommer 1966 Lady Hudleston, die Frau des damaligen Oberbefehlshabers der Alliierten Luftstreitkräfte in Mitteleuropa, Sir Edmund Hudleston. Sie war bei einem Reitunfall gestürzt und hatte sich im Gesicht verletzt. Generalarzt Morley, der schon viele RAF-Piloten behandelt hatte, half ihr.

Lady Hudleston empfahl Steinhoff, damals Stabschef ihres Mannes in Fontainebleau bei Paris, den britischen Arzt-General zu konsultieren. Morley, der zuvor schon dem Generalarzt der Bundesluftwaffe Dr. Erwin Lauschner und dem Düsenjäger-Piloten Hauptmann Klaus Rossmann die Augenlider ersetzt hatte, übernahm auch diesen schwierigen Fall. Der Arzt über seinen Patienten: »Wer so mitmacht wie der General, bei dem muß es klappen.«

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