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»Auf uns wird keiner verzichten«

aus DER SPIEGEL 15/1979

SPIEGEL: Die arabischen Staaten haben beschlossen, ihre Gelder aus Ägypten abzuziehen. Haben Sie als verantwortlicher Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dieser Möglichkeit gerechnet?

NASIR: Beim Geld der Golfstaaten und Saudi-Arabiens handelt es sich zum Teil auch um Summen, die in den Rüstungsfonds fließen. Was damit passiert, kann ich Ihnen nicht beantworten. Insgesamt unterhalten die arabischen Länder in Ägypten Einlagen von rund zehn Milliarden Dollar. Und ich glaube nicht, daß die abgezogen werden.

SPIEGEL: Was berechtigt Sie zu diesem Optimismus?

NASIR: Acht der zehn Milliarden Dollar sind so festgelegt, daß sie sich nur schwer abziehen lassen. Bleiben zwei Milliarden -- also ein Fünftel der Summe.

SPIEGEL: Auch der Abzug von zwei Milliarden Dollar würde Ägypten treffen.

NASIR: Aus den Beschlüssen von Bagdad geht deutlich hervor, daß nur ägyptische Firmen betroffen sind, die mit Israel Handel treiben.

SPIEGEL: Sind das viele?

NASIR: Der ägyptisch-israelische Handel wird sich in äußerst engen Grenzen bewegen. Das Entwicklungsland Ägypten braucht am nötigsten Geld und Technologie. Und für Kredite ist Israel wohl nicht die richtige Adresse.

SPIEGEL: Die Israelis hoffen aber, Ihnen gerade ihre Technologie verkaufen zu können.

NASIR: Wir ziehen die Technologien des Westens vor.

SPIEGEL: Der ägyptische Tourismus-Fachmann Mustafa Niasi verhandelte in Tel Aviv über ein Abkommen. Wird sich bald ein Tourismus zwischen beiden Ländern entwickeln?

NASIR: Ja, es werden Israelis zu uns kommen, die sich unsere Altertümer anschauen wollen. Und es werden auch Ägypter religiöse Stätten in Israel besuchen.

SPIEGEL: Fürchten Sie nicht, daß ausländische Unternehmen nicht mehr von Kairo aus die arabische Welt beliefern?

NASIR: Das werden nicht viele Firmen sein. Erstens ist der ägyptische Markt selbst interessant und ausbaufähig, und zweitens ziehen Auslandsfirmen ein politisch stabiles Land wie Ägypten vor. Auf uns wird keiner verzichten.

SPIEGEL: Werden nicht arabische Privatinvestoren aus Enttäuschung über das Abkommen ihr Geld aus Ägypten abziehen?

NASIR: Das halte ich für wenig wahrscheinlich. Sie wissen ja, daß wir Araber uns leicht erregen, uns aber auch ebenso schnell wieder beruhigen.

SPIEGEL: Wie lange wird es dauern, bis der Durchschnitts-Ägypter vom Frieden profitiert?

NASIR: Ich rechne mit einer Anlaufzeit von etwa zwei Jahren.

SPIEGEL: Erwartet Ägypten zusätzliche Wirtschaftshilfe aus Bonn?

NASIR: Präsident Sadat traf bei Bundeskanzler Schmidt auf volles Verständnis. Wir erwarten keine spezifisch bundesdeutsche Sonderleistung, sondern haben berechtigte Hoffnung auf eine gemeinsame Aktion der Europäischen Gemeinschaft.

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