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Aus der Magengrube

Letzte Woche hieß es Abschied nehmen von einem Mann, der uns zehn Jahre lang als Fridericus Kempner des deutschen Journalismus erfreut hat. Am Mittwoch hing Peter Boenisch als unser »Star an der Strippe« und zeigte sich zum letztenmal der »Bild«-Gemeinde, die er -- seine beste Tat -- allein im letzten Jahr um eine halbe Million verkleinerte. Künftig soll der ehemalige »Jasmin«-Chef Günter Prinz versuchen, Peters strengen »Sild«-Geruch mit seinem Duft zu überstäuben. Boenisch, der mit dem Herrn ("Gott hat mitgebohrt") und mit dem höchsten Herrn ("Ist es mir wichtig, mit einem Genie zusammenzuarbeiten, und Springer ist als Verleger nach meiner Meinung genial") auf gutem Fuß steht, wurde als »Bild«-Chef abgelöst und in die Geschäftsleitung des Springer-Konzerns berufen. Für den SPIEGEL faßte der »Star an der Strippe« noch einmal seine schönsten Meinungen zusammen.
aus DER SPIEGEL 33/1971

FRAGE: Mit welchem Körperteil machten Sie die »Bild-Zeitung«?

BOENISCH: Als Journalist muß man die geheimen Wünsche und Meinungen des Volkes ertasten, erfühlen, in der Magengrube spüren (23. 11. 70).

FRAGE: Welches Lied würden Sie singen, wenn Sie könnten, wie Sie wollten?

BOENISCH: Auch ich würde gerne Besseres vermelden, tralala, und sogar Willy, Willy singen als Huldigungsständchen für den persönlich sympathischen Brandt. Aber die Verhältnisse sind eben nicht so (25. 4. 71).

FRAGE: Sie haben ein Reform-Programm für das deutsche Fernsehen ausgearbeitet, nachdem es auch über den Parteitag der KPdSU berichtet hatte. Wie sieht das aus?

BOENISCH: Der Köpcke muß auf Beschluß der roten Zellen die Tagesschau in russisch lesen. Der nette Köpcke kann nichts dafür, die Verhältnisse sind eben so. Lernt Russisch im deutschen Fernsehen. Und ich schenk dem Köpcke ein rotes Hemd (11.4.71).

FRAGE: Wie kann man den Lufthansa-Service verbessern?

BOENISCH: ... bilden die Passagiere zu ihrer revolutionären Befreiung den Passagier-Sowjet. Er beschließt, die Piloten als Knechte des Kapitalismus von Bord zu stoßen und die Stewardessen zu knebeln. Dafür darf auf allen Sitzen gehascht und nicht nur auf den Liegesitzen geliebt werden. Für Pornofilme während des Flugs ist gesorgt (21. 3.71).

FRAGE: Wer bestimmt in unserem Land?

BOENISCH: Die eigentliche Kraft dieses Landes sind Bayer Leverkusen und Hoechst und Siemens und Mercedes und VW und Bosch (19. 4. 70).

FRAGE: Was hätte die SS tun müssen, damit sie Ihnen sympathisch erschienen wäre?

BOENISCH: Oh, wäre doch die SS bei den Methoden der Herren Strauß und Springer stehengeblieben -- wieviel Leid wäre diesem Volk erspart geblieben ... (28.3.71).

FRAGE: Haben Sie Probleme mit Frauen?

BOENISCH: Jede Frau glaubt, Sie müßte scheußlich zu mir sein, weil bestimmt alle anderen nett zu mir sind. Der Erfolg: viel zu viele waren scheußlich. Mir wäre es lieber, wenn einmal eine richtig nett zu mir wäre (7. 7. 67).

FRAGE: Was erwarten Sie von der Frau, die Sie heiraten würden?

BOENISCH: Nach alter orientalischer Sitte soll sie sich um meine Gunst und Liebe bemühen (7. 7. 67).

FRAGE: Peter Boenisch, einmal ganz ehrlich, sind Sie Sodomit?

BOENISCH: Müssen denn die Hunde so zweckentfremdet auftreten? Auch wenn das mein höchst persönlicher reaktionärer Geschmack sein sollte: Mir sind sie lieber, wenn sie bellen (29. 11. 70).

FRAGE: Wie schätzen Sie die Arbeit der »Bild«-Redaktion ein?

BOENISCH: Scheißer sind wir alle, aber mit Latrinen-Vokabular und Dolchstoß-Legenden wird nicht ein einziges der immer dringlicher werdenden Probleme gelöst (18. 10. 70).

Otto Köhler
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