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JUGENDZEITSCHRIFTEN Ausgebufte Jungs

aus DER SPIEGEL 47/1965

Seine Leser nennt das neue Blatt »Fans«,Twens«, »Gammler« »,Teens« oder ganz einfach »Leute«.

Das Durchschnittsalter der Redaktion, die »keine einsame Schau abziehen« will, »liegt bei 23«, aber es sind »auch ein paar ausgebuffte Jungs« dabei.

Das Redaktionsprogramm ist »der Drive der großen heißen Welt«, der alle 14 Tage »heiß von der Pfanne« serviert werden soll.

Diesen Jargon kultiviert ein neues Bilderblatt des Hamburger Heinrich -Bauer-Verlages ("Neue Illustrierte«, »Neuer Schnitt«, »Praline«, »Neue Post«, »TV Hören und Sehen"), das vorletzte Woche mit dem Titel »ok« auf den Markt kam und auf Anhieb ins Spitzenfeld der Minderjährigen-Magazine vorstieß.

Die »ok«-Startauflage von 300 000 Exemplaren war binnen fünf Tagen vergriffen. Von der zweiten »ok«-Ausgabe, die seit diesem Montag an den Kiosken aushängt, ließ Bauer bereits 400 000 Stück drucken. Das ist fast die Hälfte der verkauften Auflage (877 000) des bislang marktbeherrschenden Teenager-Blattes »Bravo«, das der Münchner Verleger Kindler vor neun Jahren gründete und letzten Sommer an den Hamburger Axel Springer verkaufte (SPIEGEL 30/1965)*.

Wenn auch äußerlich der Erfolgs"Bravo« nahe verwandt - Beatles, Star-Adressen, Hitparade hier; Beatles, Star-Adressen, Hitparade da -, will »ok« anders sein als die andere.

Etwa durch einen unter Gebrauchsmusterschutz gestellten »ausgewachsenen Knaller«, der »ok« selbst für Analphabeten interessant macht: Als erste deutsche Zeitschrift kann »ok« auszugsweise auch auf dem Plattenteller abgespielt werden - Nr. 1 enthält eine Plattenfolie mit einem Dreieinhalb-Minuten-Interview, in dem sich die Liverpooler Beatles radebrechend über deutsche Fräuleins, Rundstück warm und Beethoven äußerten.

Vor allem aber glauben »ok"s leitende Redakteure Christian Törsleff, 46 (bisher freier Journalist), und Claus Laubrunn, 26 (bisher Produktionsleiter in der Phono-Industrie), daß Deutschlands Rocker, Mods, Gammler und Fans »die tantenhafte Schönfärberei« der Public-Relations-Macher Im Schaugeschäft »satthaben«. Die »ok« Leute wollen »die Schnulzen-Industrie in die Pfanne hauen« (Törsleff) oder auch »ein Denkmal anpinkeln« (Laubrunn).

Mit- »Sprecher der Jugend gegen die Erwachsenen« (Laubrunn) sollte ursprünglich auch ein aus Dortmund gebürtiger Elektriker, späterer Hamburg -St.-Pauli-Gastronom und zeitweiliger Sittenfilm-Produzent sein: Manfred Weissleder, 38, Inhaber des Tanzbodens »Star-Club« an der Großen Freiheit, wo »der Welt die Beatles geboren wurden«, und gleichnamiger Schüttelschuppen in anderen Städten (SPIEGEL 38/1964).

Für die meist jugendlichen Freunde seines Hauses und des dort produzierten Beat gründete Weissleder im vorigen Herbst die Postille »Star-Club-News«, an der Verleger Bauer so viel Gefallen fand, daß er sie in seinem Haus herausbringen wollte. Weissleder sollte für »Star-Club-News« eine sechsstellige Summe sowie einen Posten als Redaktionsdirektor in der Bauer-Redaktion bekommen.

Der Handel scheiterte an der Bundespost. Weil der Titel einen Firmennamen enthielt, weigerte sie sich, das Blatt in die sogenannte Zeitschriftenliste aufzunehmen - Bedingung für eine Zeitschriften-Beförderung zu Post-Vorzugspreisen.

Weissleder beharrte auf »Star-Club-News«. Bauer erfand »ok« als Ersatz. Die Beinahe-Partner verkehren seither nur noch über ihre Anwälte miteinander.

Der Zwist hindert die »ok«-Leute jedoch nicht, sich bei Weissleder (Bauer-Verlagsleiter Hintze: »Ein Mann, der in den Lebensgewohnheiten der 17 bis 22jährigen genau zu Hause ist") für die redaktionelle Arbeit Anregungen zu holen. Zur Pflichtübung jedes »ok« Redaktionsmitgliedes gehört einmal im Monat ein Besuch auf Weissleders Tanzboden.

Wie schwierig es im Grunde dennoch ist, Fans, Twens und Gammler und Teens den Drive der großen heißen Welt heiß von der Pfanne zu servieren, erläutert Laubrunn so: »Was in München fab* ist, ist in Hamburg schon oft ein alter Sack.«

*Den zweiten und dritten Platz hielten bisher die ebenfalls Bauer-eigenen Zeitschriften »Musik Parade« (verkaufte Auflage: 210 477) und »Rasselbande« (123 860).

Teenager-Magazin »ok«

Rundstück warm und Beethoven

»ok«-Redakteur Törsleff, Laubrunn

Heiß von der Pfanne

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