Sinai-Halbinsel Militante Kämpfer töten Dutzende ägyptische Polizisten

Es ist der blutigste Angriff auf Sicherheitskräfte seit dem Militärputsch in Ägypten: Auf der Sinai-Halbinsel sind mindestens 24 Polizisten bei einer Attacke aus dem Hinterhalt getötet worden. Der Staat hat zunehmend die Kontrolle über die Region verloren.
Polizeiposten auf dem Sinai: Gewaltwelle im Norden der Halbinsel

Polizeiposten auf dem Sinai: Gewaltwelle im Norden der Halbinsel

Foto: Safa Saber/ dpa

Kairo - Militante Kämpfer haben im Norden der Sinai-Halbinsel mehrere Fahrzeuge der ägyptischen Polizei angegriffen. Dabei sind nach Angaben aus Sicherheits- und Medizinerkreisen mindestens 24 Polizisten getötet worden. Es ist damit der blutigste Überfall auf Sicherheitskräfte in Ägypten seit Jahren.

Der Angriff ereignete sich am Montagmorgen nahe der Stadt Rafah, die an den Gaza-Streifen grenzt. Zum genauen Tatablauf existieren zwei Versionen: Zuerst hieß es aus Sicherheitskreisen in Kairo, bei der Fahrt durch ein Dorf an der Straße nach Arisch seien zwei Minibusse der Ordnungspolizei von Unbekannten mit Panzerfäusten beschossen worden. 24 Sicherheitskräfte seien dabei getötet worden, drei weitere Polizisten wurden verletzt.

Kurz darauf stellte das Staatsfernsehen den Angriff anders dar: Demnach seien die Busse zum Halten gezwungen worden. Die Attentäter sollen die in Zivil gekleideten Polizisten aus den Fahrzeugen gezerrt und dann erschossen haben. Es habe 25 Tote und zwei Verletzte gegeben, berichtet das staatliche Fernsehen.

In Sicherheitskreisen hieß es, sunnitische Dschihadisten seien für die Tat verantwortlich. Die Behörden schlossen den Grenzübergang zum Gaza-Streifen in Rafah.

Der ägyptische Staat hat in den vergangenen Jahren zunehmend die Kontrolle über Norden des Sinai verloren. Seit dem Militärputsch gegen Präsident Mohammed Mursi am 3. Juli wird das Gebiet um die Städte Arisch und Rafah nahezu täglich von Anschlägen erschüttert. Diese richten sich zumeist gegen die staatlichen Sicherheitskräfte vor Ort.

Im vergangenen August waren bei einem Anschlag in der Nähe von Rafah 16 Soldaten getötet worden. Die Region gilt als Hochburg militanter Salafisten. Außerdem kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Sicherheitskräften und den Betreibern der Schmugglertunnel, durch die Waffen und andere Dinge in den Gaza-Streifen gelangen.

35 Tote bei mutmaßlichem Gefangenenausbruch

Am Sonntagabend waren in Ägypten während eines Gefangenentransports 35 Häftlinge unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen. Nach Angaben des Innenministeriums in Kairo sollten mehr als 600 Muslimbrüder und Anhänger der Islamisten von Kairo aus in das Gefängnis Abu Saabal am Nordrand der ägyptischen Hauptstadt gebracht werden.

Während des Transports hätten einige der Gefangenen einen Polizisten überwältigt und ausbrechen wollen. "35 von ihnen sind erstickt, nachdem die Polizei Tränengas einsetzte, um den Ausbruch zu verhindern", erklärte das Ministerium. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Mena wurde der Transport von "unbekannten Bewaffneten" angegriffen, die den Gefangenen zu Hilfe kommen wollten.

Die Muslimbrüder stellen den Fall ganz anders dar und bezichtigen die Sicherheitskräfte der vorsätzlichen Tötung: "Die Ermordung von 35 festgenommenen Teilnehmern an Demonstrationen gegen den Sturz von Präsident Mohammed Mursi zeigt die zielgerichtete Gewalt der Sicherheitskräfte", erklärten die Muslimbrüder. Die Anhänger von Mursi, der selbst der Muslimbruderschaft entstammt, seien "das Ziel kaltblütigen Tötens".

Die Islamisten und andere Oppositionelle forderten eine unabhängige Untersuchung des Vorfalls.

syd/AP/dpa/AFP
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