Abhör-Skandal Murdoch-Zeitungen sollen Gordon Brown ausspioniert haben

Britischer Ex-Premier Gordon Brown: Im Visier der "Sunday Times"?
Foto: Matt Dunham/ APLondon - Das Murdoch-Blatt "News of the World" spionierte im großen Stil Prominente und Verbrechensopfer aus - doch es war offenbar nicht die einzige Zeitung, die sich solcher Methoden bediente. Die BBC veröffentlichte am Montag einen Bericht, wonach sich auch die "Sun" und die "Sunday Times" illegal Informationen beschafft haben sollen - und zwar über den früheren Premierminister Gordon Brown. Die Zeitungen gehören wie die "News of the World" zum Konzern von Medienzar Rupert Murdoch.
Journalisten, die unter anderem für die "Sun" und die "Sunday Times" tätig gewesen seien, hätten es auf persönliche Details über Brown abgesehen, berichteten neben der BBC auch andere britische Medien, darunter die Zeitungen "The Independent" und "The Guardian" sowie der Sender Channel 4. Quellen wurden nicht genannt.
Den Berichten zufolge hatten Journalisten unter anderem versucht, die Mailbox von Browns Mobiltelefon abzuhören, seine Bankbewegungen auszuspionieren und die Krankenakten von ihm und seiner Familie verdeckt einzusehen.
Brown ist einer Sprecherin zufolge "schockiert" über die "unmoralische Art", mit der Journalisten versucht haben sollen, sich private Informationen zu beschaffen. Die Ehefrau des Ex-Premiers beklagte via Twitter, das sei "sehr verletzend", falls es wahr sei.
Murdoch zieht Angebot zurück
Der britische Medienskandal hatte in den vergangenen Tagen ein schockierendes Ausmaß erreicht: Unter anderem waren Vorwürfe laut geworden, wonach auch die Telefone von Prinz Charles und seiner Frau Camilla abgehört worden sein sollen. Außerdem wurden der Polizei zufolge auch Mitarbeiter des königlichen Sicherheitsapparats bestochen.
Murdoch selbst ist längst ins Dauerfeuer der Kritik ranghoher britischer Politiker geraten. Der stellvertretende Premierminister Nick Clegg erklärte am Montag, der Medienmogul solle seine Übernahmepläne für den TV-Sender BSkyB noch einmal überdenken. Angesichts der öffentlichen Empörung über den Abhörskandal sei es wichtig, dass Murdoch "anständig und vernünftig" handele.
Um die politischen Einflussmaßnahmen zu verringern, zog Murdoch prompt sein Angebot zurück, den Nachrichtensender Sky News aus dem Übernahmepaket herauszulösen. Damit muss der Deal zur eingehenden Prüfung an die britische Wettbewerbskommission gegeben werden. Eine Entscheidung auf politischer Ebene ist damit kaum noch möglich.
Noch von anderer Seite droht Murdoch Ärger: Nach dem Abhörskandal ist das Murdoch-Unternehmen News Corp. von Aktionären verklagt worden. Die Anteilseigner werfen dem Konzern weitreichende Fehler in der Führung vor, wie aus der am Freitag im US-Staat Delaware eingereichten Klage hervorgeht. Die Kläger halten zusammen weniger als ein Prozent der Unternehmensaktien.
Tausende Menschen ausspioniert
Nach einer Woche voller skandalöser Enthüllungen war am Sonntag das Boulevardblatt "News of the World" eingestellt worden - 168 Jahre nach seiner Gründung. Mit der schlichten Schlagzeile "Thank You & Goodbye" (Danke und auf Wiedersehen) verabschiedete sich die Zeitung und entschuldigte sich dafür, ihre Leser enttäuscht zu haben. Zu den Vorwürfen, unter anderem Schmiergelder an Polizisten gezahlt zu haben, äußerten sich die Journalisten nicht.
Rupert Murdoch, australischstämmiger Medienmogul und Besitzer des Blatts, hatte am Donnerstag entschieden, die Zeitung einzustellen, weil Mitarbeiter über Jahre die Telefone von Prominenten, aber auch von Angehörigen getöteter Soldaten sowie eines ermordeten jungen Mädchens abgehört und Polizisten für Informationen bezahlt haben sollen. Scotland Yard zufolge sollen bis zu 4000 Menschen angezapft worden sein.