Abstimmung über Griechenlands Sparpaket Die Alles-oder-nichts-Entscheidung

Konferenzzentrum Zappeion in Athen: Bürger beklagen "Erpressung durch die Troika"
Foto: Thanassis Stavrakis/ APAthen - Jetzt kommt es drauf an: Im griechischen Parlament beginnt am Samstagnachmittag der vorerst letzte Akt im innenpolitischen Drama um das jüngste Sparpaket. Sozialisten (Pasok) und Konservative (Nea Dimokratia) wollen bei der Abstimmung über den künftigen Kurs am Sonntag Geschlossenheit demonstrieren. Beide Parteichefs mahnten am Samstag bei ihren Abgeordneten Gefolgschaft an.
Antonis Samaras, Vorsitzender der Konservativen, verlangte in einer Rede von seinen Abgeordneten ein klares "Ja". Und fügte eine deutliche Drohung an: Wer gegen die Rettungsaktion stimme, werde bei der nächsten Wahl nicht wieder als Kandidat aufgestellt. "Dies ist eine Frage der Parteidisziplin. Das Land muss weiter existieren und auf eigenen Beinen stehen können", sagte Samaras weiter.
Zugleich verlangte Samaras Anstrengungen zum Aufbau der griechischen Wirtschaft. Er warnte alle anderen Europäer, dass die Situation in Griechenland mit dem Ende der Zeit der Weimarer Republik in Deutschland vergleichbar sei. Das Land brauche "Investitionen und Wachstum und keine neue Rezession", sagte er.
Der Chef der griechischen Sozialisten, Georgios Papandreou, hatte den Abgeordneten seiner Partei zuvor erklärt, es herrsche "ein Krieg um Griechenland" und "die Rechte der Bürger auf einen Sozialstaat".
Am Samstagnachmittag beginnt im Parlament - zunächst auf Ausschussebene - die Debatte über das harte Sparprogramm. Die Abstimmung soll am späten Sonntagabend stattfinden. Samaras kündigte an, er werde bald vorgezogene Wahlen fordern.
Griechische Medien schätzten, dass es bei der Abstimmung im Parlament mindestens 30 Abweichler im Regierungslager geben könnte. Zudem wollen auch die 16 Abgeordneten der kleinsten Regierungspartei "Laos" das Sparpaket nicht mittragen. Ihr Nein hätte angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Parlament keine Auswirkungen, sollten die Sozialisten und die Konservativen für die Sparanstrengungen votieren. Insgesamt stellt das Regierungslager - ohne "Laos" - 236 von insgesamt 300 Abgeordneten im Parlament. Mit 151 Ja-Stimmen wäre das Gesetz gebilligt. Sozialisten und Konservative unterstützen die Übergangsregierung unter dem parteilosen Finanzexperten Loukas Papademos.
Die Euro-Finanzminister hatten grünes Licht für das neue Hilfsprogramm auch an die Zustimmung des Parlaments in Athen geknüpft und Griechenland so weiter unter Druck gesetzt. Sie hatten ihren Beschluss dazu am späten Donnerstagabend auf kommenden Mittwoch vertagt. Nur wenn Athen innerhalb einer Woche mehrere Bedingungen erfüllt, kann Griechenland mit dem dringend benötigten zweiten Rettungspaket von mindestens 130 Milliarden Euro rechnen. Notwendig ist zudem noch ein freiwilliger Schuldenschnitt im Volumen von 100 Milliarden Euro, auf den sich die privaten Gläubiger wie Banken mit Athen einigen müssen.
Die griechische Regierung stimmte dem mit den internationalen Geldgebern ausgehandelten Sparkonzept am Freitagabend zu. Nach Angaben des Büros von Ministerpräsident Loukas Papademos votierte der Ministerrat einstimmig.
Tausende protestieren
Während die Parteichefs von Pasok und Nea Dimokratia um jede Stimme im Parlament kämpfen, gehen draußen die Proteste gegen das auferlegte Sparprogramm weiter. Etwa 2000 Demonstranten begannen sich nach Polizeiangaben gegen Mittag auf dem zentralen Syntagma-Platz in Athen zu versammeln. Auf Spruchbändern hieß es "Nieder mit der Erpressung durch die Troika" und "Sie ruinieren unser Leben". Die Polizei war mit mehr als 2000 Beamten präsent, die das Zentrum der Hauptstadt abriegelten. Die Gewerkschaften setzten den am Freitag begonnenen Generalstreik fort.
Bereits am Freitag hatten nach Polizeiangaben 7000 Demonstranten an einer Kundgebung gegen das mit der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) ausgehandelte Sparpaket teilgenommen. Am Rande der Demonstration in Athen wurden nach Angaben der Polizei mindestens zehn Menschen verletzt, darunter acht Polizisten.