Abzugsplan Obamas Ausweg aus der Afghanistan-Falle

Vier Jahre noch, dann soll Schluss sein. Die US-Regierung hat Zeitungsberichten zufolge einen Stufenplan für den Abzug ihrer Kampftruppen aus Afghanistan bis 2014 aufgestellt - nach dem Vorbild des Rückzugs aus dem Irak. Schritt für Schritt soll die afghanische Armee die Macht übernehmen.
US-Soldaten in Afghanistan: Schrittweise Übergabe der Provinzen

US-Soldaten in Afghanistan: Schrittweise Übergabe der Provinzen

Foto: Chris Hondros/ Getty Images

Washington - Der Krieg gegen die Taliban und al-Qaida ist Barack Obamas schwierigstes Erbe. Tausende Soldaten und Zivilisten sind bislang ums Leben gekommen. Am Sonntag sind beim schwersten Gefecht seit einem halben Jahr fünf Nato-Soldaten getötet worden.

Und so richtig will die Befriedung des Landes nicht gelingen - wenn überhaupt jemals. Deshalb ist eins der wichtigsten Ziele des US-Präsidenten: raus aus der Falle Afghanistan, raus aus dem blutigen Krieg.

Barack Obama

Bislang fiel in der Debatte über einen Rückzug der US-Truppen aus Afghanistan vor allem ein Datum: Juli 2011. Dann will US-Präsident die ersten Soldaten nach Hause schicken - so hatte er es angekündigt.

Nach Berichten der "New York Times" und der "Washington Post" hat die US-Regierung jetzt aber einen detaillierten Stufenplan entwickelt, nach dem sich der Truppenabzug richten soll. Den Berichten zufolge will Obama das Vorhaben auf dem Nato-Gipfel in Lissabon Ende der Woche vorlegen.

Der Plan sehe vor, bereits in den kommenden anderthalb bis zwei Jahren die US-Kampftruppen aus einigen afghanischen Gebieten abzuziehen, berichtete die "New York Times". Bis 2014 solle der Kampfeinsatz am Hindukusch vollständig beendet werden. Bereits in der vergangenen Woche hatte die "Washington Post" berichtet, dass in der US-Regierung immer häufiger das Enddatum eines Abzugs falle und 2014 genannt werde. Der jetzt bekannt gewordene Plan ist allerdings weit detaillierter.

Afghanistan

Zum Vorbild haben sich die US-Strategen laut "New York Times" das Vorgehen der Armee im Irak genommen. Wie zuletzt auch in war im Irak das US-Truppenkontingent 2007 zunächst deutlich vergrößert worden, um die Sicherheitslage zu stabilisieren. Danach übergab die US-Armee die Sicherheitsverantwortung Region für Region den irakischen Sicherheitskräften. Bis zum Sommer 2010 wurden alle US-Kampftruppen aus dem Irak abgezogen. Bis Ende 2011 sollen noch knapp 50.000 US-Soldaten im Land bleiben, deren Aufgabe sich aber auf die Ausbildung und Beratung der einheimischen Truppen beschränkt.

Planung zum Abzug aus den verschiedenen Provinzen hat bereits begonnen

"Der Irak ist eine ziemlich gute Blaupause für einen Übergang in Afghanistan", zitierte die "New York Times" einen US-Regierungsvertreter. Entscheidend für den Abzug sei aber, dass Afghanistan eine eigene Armee aufbaue, "die wirklich in der Lage ist, die Führung zu übernehmen".

Nach dem Bericht sei die US-Regierung bereits damit beschäftigt, festzulegen, welche Gebiete in den nächsten Jahren an afghanische Sicherheitskräfte übergeben werden könnten. Stufenweise soll demnach eine Region nach der anderen im Abstand von einigen Monaten die Übergabe an die Afghanen einleiten - 2012 solle in allen Gebieten der Wechsel begonnen haben. Aber auch wenn afghanische Kräfte die Provinzen übernommen hätten, würden dem Bericht zufolge noch Nato- oder US-Soldaten dort bleiben, falls deren Eingreifen doch wieder nötig werde. Wenn die Sicherheitslage ein komplettes Ende des US-Kampfeinsatzes 2014 zulasse, würden ähnlich wie im Irak noch Zehntausende amerikanische Soldaten am Hindukusch bleiben, etwa um afghanische Sicherheitskräfte auszubilden, so die "New York Times".

Afghanistans Präsident Hamid Karzai hatte die US-Armee am Sonntag aufgefordert, ihre Militäreinsätze in seinem Land einzuschränken und sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen. "Die Zeit zur Verringerung der Militäreinsätze ist gekommen", sagte er der "Washington Post". Karzais Kritik, insbesondere an den Hausdurchsuchungen durch US-Soldaten, sorgte bei einigen US-Parlamentariern für Missstimmung - und auch amerikanische Militärs kritisierten die Aussage jetzt. David Petraeus, Oberbefehlshaber in Afghanistan, äußerte sich enttäuscht über die Forderungen des afghanischen Präsidenten.

Für die zweite Dezember-Hälfte hat die US-Regierung die Vorlage einer mit Spannung erwarteten Zwischenbilanz zu Obamas Afghanistan-Strategie angekündigt. Obama hatte im Dezember 2009 das Militär angewiesen, das Land nachhaltig zu befrieden und die Verantwortung schrittweise an die afghanische Regierung zu übergeben. Um die erstarkenden Taliban zu bekämpfen, schickte Obama aber dieses Jahr zunächst weitere 30.000 Soldaten nach Afghanistan.

anr/AFP/Reuters
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