Ägypten Militärführung hebt Notstandsgesetze teilweise auf

Der ägyptische Militärrat gibt einen Teil seiner Macht ab: Feldmarschall Tantawi kündigte an, den Ausnahmezustand im Land aufzuheben - genau ein Jahr nach Beginn der Massenproteste gegen den ehemaligen Staatschef Mubarak. Allerdings hält sich die Militärführung eine Hintertür offen.
Ende des Ausnahmezustands: Feldmarschall Tantawi während der Fernsehansprache

Ende des Ausnahmezustands: Feldmarschall Tantawi während der Fernsehansprache

Foto: Mena/ dpa

Kairo - Die Militärführung in Ägypten hat die umstrittenen Notstandsgesetze von 1981 teilweise aufgehoben. Von Mittwoch früh an gelte der Ausnahmezustand nicht mehr, außer in Fällen von "rücksichtslosem Verhalten", sagte Feldmarschall Hussein Tantawi in einer Fernsehansprache. Was genau diese Ausnahme bedeutet, sagte Tantawi zunächst nicht.

An diesem Mittwoch jährt sich der Beginn des Aufstands, der am 11. Februar zum Sturz von Staatschef Husni Mubarak führte. Ägypten wird seitdem vom Obersten Militärrat des Landes regiert. Dieser hatte an dem Ausnahmezustand festgehalten, der im Jahr 1981 nach der Ermordung des damaligen ägyptischen Präsidenten Anwar al-Sadat verhängt worden war.

Die Aufhebung der Notstandsgesetze war eine zentrale Forderung der Bewegung, die mit ihren Massenprotesten Mubarak zu Fall brachte. Die Regelungen ermöglichten unter anderem willkürliche Festnahmen und Militärprozesse. Sie seien zudem oft missbraucht worden, um politische Gegner mundtot zu machen, kritisierten Menschenrechtsgruppen.

Menschenrechtler kritisieren Ausnahmeregelungen

Diese zeigten sich auch nach der Ansprache Tantawis nur bedingt zuversichtlich: Die Ankündigungen seien noch zu vage. Auch die verbleibenden Regelungen könnten weiterhin instrumentalisiert werden. So seien Demonstranten beispielsweise oft vom Militär als "Schlägertypen" bezeichnet worden, um drastische Maßnahmen zu rechtfertigen. Vielen sei auch rücksichtsloses Verhalten vorgeworfen worden, obwohl sie nur Demonstranten gewesen seien.

Ein Vertreter der gemäßigten Islamisten im Parlament kritisierte, entweder müssten die Notstandsgesetze aufgehoben oder umgesetzt werden. "Es gibt nichts dazwischen", sagte der Abgeordnete Essam Sultan von der Wasat-Partei.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) forderte nach der Ankündigung des Militärrats einen raschen Machtwechsel. "Entscheidend bleibt die baldige und vollständige Übergabe der Macht in demokratisch legitimierte Hände", sagte er der "Welt". Zugleich kündigte er an, in wenigen Tagen erneut nach Ägypten reisen zu wollen, um "den intensiven Austausch mit allen relevanten politischen Akteuren zu suchen".

Ursprünglich hatte der Militärrat versprochen, die Gesetze vor der Wahl des neuen ägyptischen Parlaments abzuschaffen, die seit November in mehreren Etappen stattfand. In dem neuen Parlament, das am Montag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammenkam, stellen islamistische Parteien zusammen fast drei Viertel der Abgeordneten.

usp/AFP/dpa/Reuters
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