Kairo - Im Machtkampf mit der Opposition ruft die ägyptische Staatsführung um Präsident Mohammed Mursi offenbar das Militär zu Hilfe. Wie die staatliche Zeitung "al-Ahram" berichtet, habe Mursi mit dem Militär eine neue Art von Notstandsgesetzen ausgehandelt. Darin werde das Militär autorisiert, die staatlichen Einrichtungen zu schützen und Festnahmen durchzuführen, bis die Krise bewältigt sei.
Auch ein Sprecher des Militärs deutete am Samstag ein mögliches Eingreifen an. Man werde keine Gewalt dulden, sagte er in einer Fernsehbotschaft. Alle politischen Kräfte sollten zum Dialog zurückkehren. Ein Dialog sei der "beste und einzige Weg, eine Einigung zu erreichen", hieß es. Ansonsten werde Ägypten in einen "dunklen Tunnel mit katastrophalen Folgen" geraten.
Mursi sieht sich seit Tagen mit heftigen Protesten der Bevölkerung konfrontiert. Am Freitag versammelten sich Hunderttausende Menschen im Zentrum von Kairo, um gegen die Herrschaft des Präsidenten zu demonstrieren. Sie durchbrachen sogar die Absperrungen vor dem Präsidentenpalast und forderten Mursi zum Rücktritt auf. Anders als in den Tagen zuvor blieb es diesmal weitgehend friedlich.
Auch am Samstagmorgen harrten noch immer einige Tausend Demonstranten aus und begannen, Zelte vor dem Palast aufzuschlagen. Der Platz scheint sich immer mehr zur neuen Herzkammer dieser zweiten Revolution zu entwickeln. 2011, als der langjährige Machthaber Husni Mubarak gestürzt worden war, hatten die Proteste vor allem auf dem Tahrir-Platz im Zentrum der Hauptstadt stattgefunden.
Die Soldaten haben sich in dem Konflikt zwischen Mursis Anhängern von der islamistischen Muslimbruderschaft und den säkularen Oppositionsparteien bisher zurückgehalten. Jahrzehntelang war das Militär der Machtgarant von Ägyptens Präsidenten gewesen. Nach dem Sturz von Husni Mubarak hatte zwischenzeitlich sogar ein Militärrat die Macht übernommen. Zwei Monate nach seiner Wahl hatte Mursi die Generäle jedoch in den Hintergrund gedrängt.
Der jüngste Konflikt mit der Opposition entzündete sich Ende November, als Mursi per Dekret seine Machtbefugnisse vor allem auf Kosten der Justiz erweiterte. Er rechtfertigte den Schritt damit, nur so könne die Verabschiedung einer Verfassung gesichert werden, über die am 15. Dezember das Volk entscheiden soll.
Die Opposition läuft gegen den Verfassungsentwurf und das Referendum Sturm. Sie kritisiert, dass der Entwurf maßgeblich die Handschrift der islamistischen Muslimbrüder trage. Am Freitag deuteten Regierungsvertreter zwar ein Entgegenkommen an. Das Referendum könne verschoben oder gar abgesagt werden. Doch darauf wollen sich die Oppositionsführer offenbar nicht einlassen. An den von Mursi für diesen Samstag angesetzten Gesprächen will keiner von ihnen teilnehmen.
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Proteste in Kairo: In Ägypten demonstrierten Hunderttausende Menschen erneut gegen Präsident Mohammed Mursi.
Das Militär hatte den Präsidentenpalast abgeriegelt.
Auch Stacheldrahtzäune waren aufgestellt worden. Sie sollten die Demonstranten vom Präsidentenpalast fernhalten.
Allerdings hielten die Barrikaden nicht lange. Die Demonstranten bahnten sich ihren Weg.
Die Garden zogen sich daraufhin zurück, die Demonstranten standen zu Tausenden vor dem Präsidentenpalast.
Dort protestierten sie gegen Mursi und die Muslimbruderschaft. "Hau ab!" und "Wir sind deine Töchter und Söhne!", skandierten sie.
Soldaten versuchten den Präsidentenpalast mit einer Menschenkette zu schützen.
Einige von ihnen wurden dafür gefeiert, dass sie nicht gegen die Demonstranten vorgingen.
Die Demonstranten werfen Mursi vor, seine Macht zu missbrauchen. Die geplante neue Verfassung diene nur dazu, die Stellung des Präsidenten weiter zu stärken.
Am Donnerstag hatte sich Präsident Mursi in einer Fernsehansprache im Verfassungsstreit unnachgiebig gezeigt.
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