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Landesweiter Protest 21 Todesurteile nach Fußballkrawall in Ägypten

Die ägyptische Justiz geht hart gegen Fußballrandalierer vor. Ein Gericht in Kairo hat nach einer Stadiontragödie vor einem Jahr 21 Todesurteile verhängt. Der Richterspruch heizt die gewaltsamen Ausschreitungen im Land zusätzlich an, in den Stunden nach der Verkündung kamen 22 Menschen ums Leben.

Kairo - Die Gewalt in Ägypten gerät völlig außer Kontrolle. Seit Freitag erschüttern die Proteste zum Jahrestag der Revolution das Land, nun befeuert ein Gerichtsurteil die aggressive Stimmung zusätzlich: Ein Jahr nach einer Massenpanik in einem Fußballstadion mit vielen Opfern sind in Kairo 21 Todesurteile verhängt worden. Der zuständige Richter verlas am Samstag die Namen der Verurteilten. Insgesamt sind 73 Menschen im Zusammenhang mit dem Unglück angeklagt. Weitere Urteile in dem Fall sollen am 9. März folgen.

Die Todesurteile werden nun, wie in Ägypten üblich, dem Großmufti des Landes zur Bestätigung vorgelegt. Unter den verbleibenden Angeklagten sind auch neun Sicherheitskräfte.

Nach Verkündung der Urteile erlitten Verwandte der betroffenen Angeklagten im Gerichtssaal Weinkrämpfe. Einige Angehörige versuchten nach dem Richterspruch laut Staatsfernsehen, das Gefängnis in Port Said zu stürmen, in dem die Angeklagten inhaftiert sind. Die Familien der Opfer hingegen reagierten erleichtert auf die verhängten Strafen.

Bei den Zusammenstößen zwischen Anhängern der Vereine al-Masri und al-Ahly im Stadion von Port Said waren am 1. Februar 2012 mindestens 74 Menschen ums Leben gekommen und Hunderte verletzt worden. In den darauf folgenden Tagen wurden bei Unruhen im ganzen Land weitere Menschen getötet. Nach der weltweit blutigsten Fußballtragödie seit 15 Jahren wurde die restliche Saison abgesagt.

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Ägypten: Neue Gewalt nach Urteilsspruch

Foto: AMR ABDALLAH DALSH/ REUTERS

Nach den Krawallen im Fußballstadion von Port Said war den Sicherheitskräften vorgeworfen worden, sie hätten die Täter bewusst gewähren lassen, um die Anhänger des Kairoer Clubs al-Ahly zu bestrafen. Diese hatten während der Proteste gegen den damaligen Präsidenten Husni Mubarak eine wichtige Rolle gespielt. Vor dem Urteil am Samstag hatten die Ultras von al-Ahly gedroht, "Chaos" in Kairo zu verbreiten, sollten die Täter nicht bestraft werden.

Mindestens 22 Tote bei gewaltsamen Ausschreitungen

Nach der Verkündung sind bei gewaltsamen Ausschreitungen in Port Said mindestens 22 Menschen getötet und mehr als 200 weitere verletzt worden. Das gab das Gesundheitsministerium in Kairo am Mittag bekannt.

Das Urteil war mit Spannung erwartet worden. Es fiel inmitten einer ohnehin extrem angespannten Situation einen Tag nach dem zweiten Jahrestag des Beginns des Volksaufstands gegen den langjährigen Präsidenten Mubarak. Am Freitag hatte es in Kairo, Alexandria und Suez gewaltsame Proteste gegen den neuen Präsidenten Mohammed Mursi gegeben, neun Menschen wurden getötet. In Suez marschierte daraufhin das Militär auf.

yes/AFP/dapd/Reuters
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