Machtkampf in Ägypten Militär nimmt Chef der Muslimbrüder fest
Ägypten geht weiter unerbittlich gegen die Muslimbruderschaft vor: In der Nacht wurde deren Anführer Mohammed Badi festgenommen. Ihm wird "Anstachelung zur Gewalt" vorgeworfen. Damit sitzt nun ein Großteil der islamistischen Führungsriege in Haft.
Kairo - Badi habe sich in einem Gebäude in Nasr City versteckt gehalten, in einer Wohnung unweit des Rabaa-al-Adawija-Platzes, hieß es von den Behörden. Dort waren am vergangenen Mittwoch mehr als 280 Anhänger der Muslimbrüder und des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi getötet worden, als Sicherheitskräfte den Platz gewaltsam räumten. Zusammen mit Badi, 70, wurden nach Angaben des Innenministeriums zwei weitere hochrangige Mitglieder der Muslimbruderschaft festgenommen.
Ein großer Teil der Führung der Islamisten sei mittlerweile in Gewahrsam, sagte ein Korrespondent des arabischen Nachrichtensenders al-Dschasira am Dienstagmorgen. Der Tierarzt Badi hatte - wie viele Mitglieder der Islamistenorganisation - mehrere Jahre als politischer Häftling im Gefängnis gesessen.
Das Fernsehen zeigte in der Nacht Aufnahmen von Badi, wie er von Polizisten abgeführt wird. Gegen ihn und weitere führende Vertreter der Muslimbrüder war bereits am 10. Juli, eine Woche nach dem Sturz Mursis durch die Armee, Haftbefehl erlassen worden.
Immer wieder kommt es seit dem Sturz Mursis zu Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Muslimbrüdern, die am vergangenen Mittwoch eskalierten. Seitdem wurden landesweit fast 900 Menschen getötet, unter ihnen auch Badis Sohn. Mehr als tausend Muslimbrüder und Mursi-Anhänger wurden festgenommen.
Neue Ermittlungen gegen Mursi
Gegen den Anfang Juli abgesetzten Mursi leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen der Beteiligung an der Tötung von Demonstranten im Dezember 2012 ein. Gleichzeitig sei in diesem Verfahren eine Untersuchungshaft von 15 Tagen angeordnet worden, meldete die Website des Staatsfernsehens am Montag.
Wie genau Mursis Rolle bei den gewaltsamen Übergriffen auf Demonstranten vor dem Ittihadija-Palast in Kairo ausgesehen haben soll, wurde nicht benannt. Der vom Militär entmachtete islamistische Präsident sitzt bereits wegen einer angeblichen Verschwörung mit der radikalen Palästinenserbewegung Hamas bei der Befreiung von Insassen eines Gefängnisses 2011 in Untersuchungshaft.
Nach den Unruhen der vergangenen Tage mit Hunderten Toten hatte die Übergangsregierung über ein Verbot der islamistischen Muslimbruderschaft diskutiert. Der Vorschlag, die Muslimbruderschaft für illegal zu erklären, stammt von Übergangsministerpräsident Hasim al-Beblawi. Er sagte: "Es kann keine Versöhnung geben mit denjenigen, an deren Händen Blut klebt".
Journalist erschossen
Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnet die Lage in Ägypten als "sehr besorgniserregend". "Dennoch werden wir in unseren diplomatischen Bemühungen (um eine friedliche Lösung des Konflikts) nicht nachlassen", sagte sie der "Passauer Neuen Presse". Die Bundesregierung werde die Zusammenarbeit mit Ägypten "im Lichte der weiteren Entwicklung auf den Prüfstand" stellen.
Am Montagabend wurde ein Journalist der ägyptischen Zeitung "al-Ahram" nach Beginn der Ausgangsperre an einem Kontrollpunkt des Militärs erschossen. Wie die Zeitung berichtete, wurde sein Kollege, der für ein anderes Blatt arbeitet, verletzt.
Beide seien auf dem Rückweg von einem Treffen mit dem Gouverneur einer Provinz im Nildelta gewesen. An dem Militärkontrollpunkt sei ihnen die Weiterfahrt verweigert worden und sie seien beschossen worden, berichtete der verletzte Kollege laut "al-Ahram". Für Journalisten und Mitarbeiter von Medien gelte eine offizielle Ausnahmeregelung bei der Handhabung der Ausgangssperre, betonte die Zeitung.
fab/AFP/dpa