Demonstrationen in Kairo Tausende Ägypter protestieren gegen Wahlausgang

In Ägypten wächst nach Bekanntgabe der Ergebnisse der ersten Runde zur Präsidentschaftswahl die Wut: Tausende versammelten sich auf Kairos Tahrir-Platz, das Hauptquartier des Kandidaten Schafik wurde angegriffen. Auch in anderen Städten gab es Proteste
Demonstrationen in Kairo: Tausende Ägypter protestieren gegen Wahlausgang

Demonstrationen in Kairo: Tausende Ägypter protestieren gegen Wahlausgang

Foto: KHALED DESOUKI/ AFP

Kairo - Der Tahrir-Platz in Ägyptens Hauptstadt Kairo wird erneut zum Schauplatz massiver Proteste: In der Nacht zum Dienstag versammelten sich dort Tausende, um gegen den Ausgang der ersten Wahlrunde zu demonstrieren. Sie kritisieren die Abstimmung als unfair und nicht repräsentativ.

Der arabische Nachrichtensender al-Dschasira berichtete von bis zu 2000 Demonstranten. Vereinzelt sei es zu Auseinandersetzungen zwischen den Anhängern der verschiedenen politischen Lager gekommen. Proteste wurden auch aus anderen Städten wie Alexandria und Suez gemeldet.

Der Zorn der Ägypter richtet sich gegen den regierenden Militärrat und die Kandidaten Ahmed Schafik und Mohammed Mursi. Schafik, früherer Luftwaffenchef und letzter Ministerpräsident des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak, wird sich als Zweitplatzierter Mitte Juni in einer Stichwahl Mursi, dem Kandidaten der Muslimbruderschaft, stellen. Mursi erhielt in der ersten Runde laut Wahlkommission die meisten Stimmen.

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Die Demonstranten wollen verhindern, dass ein Vertreter der alten Elite wieder ins Präsidentenamt kommt, sie sind aber auch gegen einen Islamisten im höchsten Staatsamt: "Es kann nicht sein, dass wir nur zwischen einem religiösen Staat und einem autokratischen Staat wählen dürfen. Dann haben wir nichts erreicht", sagte der 35-jährige Ahmed Bassiuni am Montagabend auf dem Tahrir-Platz - an dem Ort, an dem mit Massenprotesten vor mehr als einem Jahr der Sturz des langjährigen Machthabers Mubarak eingeleitet wurde.

Die Wahlkommission wies Wahlanfechtungen von fünf unterlegenen Kandidaten als "grundlos" ab. Die Beschwerdeführer hatten Verstöße gegen die Wahlordnung sowie unstatthafte Wählerbeeinflussungen und massiven Stimmenkauf zur Sprache gebracht.

Unter den Beschwerdeführern gegen den ersten Wahlgang war der linke Kandidat Hamdin Sabahi, der mit 4,8 Millionen Stimmen überraschend auf dem dritten Platz gelandet war. Er beanstandete auch, dass Schafik eigentlich von der Wahl hätte ausgeschlossen werden müssen. Sabahi berief sich darauf, dass die Wahlordnung vorsieht, dass Vertreter des alten Regimes nicht wählbar sind.

In einem gehobenen Viertel der ägyptischen Hauptstadt zogen junge Menschen vor das Büro Schafiks. Wie Sicherheitskräfte und Augenzeugen berichteten, warfen die Angreifer Fenster ein, schleuderten Wahlmaterial aus dem Fenster und zerrissen Wahlplakate, bevor sie schließlich ein Feuer legten. Acht Menschen wurden festgenommen, verletzt wurde niemand.

Nachdem das Feuer gelöscht war und die Polizei das Gelände gesichert hatte, versammelten sich Anhänger Schafiks vor dem Büro. "Die Muslimbrüder sind Feinde Gottes", riefen sie in Sprechchören und hielten Bilder ihres Kandidaten hoch.

In der nördlichen Metropole Alexandria, einer Hochburg Sabahis, rissen Demonstranten große Plakate sowohl von Schafik als auch von Mursi herunter und setzten sie in Brand. Auch in den Provinzen Dakahlija und Mansura im Nildelta kam es zu Protesten.

Mursi erhielt dem offiziellen Ergebnis zufolge 5,76 Millionen Stimmen oder rund 25 Prozent. Schafik, der von vielen als Vertreter des alten Regimes abgelehnt wird, folgte mit 5,5 Millionen Stimmen. Die Stichwahl ist für den 16. und 17. Juni geplant.

hen/dpa/dapd
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