Afghanischer Präsident Karzai verspricht Kampf gegen Korruption

Afghanischer Präsident Karzai: "Den Schandfleck der Korruption entfernen"
Foto: AHMAD MASOOD/ AFPKabul - Einen Tag nach der Verkündung seiner Wiederwahl zum afghanischen Präsidenten hat Hamid Karzai sich in einer Fernsehansprache an sein Volk gewandt. Er kündigte an, die Korruption im Land stärker zu verfolgen: "Wir sind entschlossen, all unsere Kraft zu nutzen, um diesen Schandfleck zu entfernen." Seine Äußerungen sind auch als Reaktion auf ein Telefongespräch mit US-Präsident Barack Obama zu werten, der ihn aufgefordert hatte, entschlossen zu handeln.
Obama habe ihn am Montag ermutigt, mit Reformen und dem Niederringen der Korruption "ein neues Kapitel" in der Geschichte Afghanistans aufzuschlagen, teilte das Weiße Haus in Washington mit. Für die notwendigen Veränderungen in Afghanistan seien nun "Taten und nicht Worte erforderlich", sagte Obama bei einem Treffen mit dem EU-Ratspräsidenten, dem schwedischen Ministerpräsidenten Fredrik Reinfeldt.
Auch der britische Premierminister Gordon Brown und Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon forderten Karzai zu einem entschlossenen Kampf gegen die Korruption auf. Es seien entscheidende Tage für Präsident Hamid Karsai, "er muss klar machen, dass er sofort etwas unternimmt", sagte Brown am Dienstag. Ban betonte, Karsai müsse alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Erwartungen der Menschen in Afghanistan und die der internationalen Gemeinschaft zu erfüllen.
Karzai war am Montag nach wochenlangem Chaos von der umstrittenen Wahlkommission (IEC) zum Sieger der Wahl im August erklärt worden. Zuvor hatte sich sein Konkurrent Abdullah Abdullah von der geplanten Stichwahl am 7. November zurückgezogen.
Karzai wendet sich an die Taliban
Karzai bot der Opposition am Dienstag zudem die Mitarbeit in der Regierung an. Er strebe für seine zweite Amtszeit eine "Regierung der nationalen Mitwirkung" an, sagte der Präsident vor Journalisten in Kabul. Ihr sollten Persönlichkeiten aus allen Teilen des Landes angehören. Karzai gehört dem afghanischen Mehrheitsvolk der Paschtunen an, das vor allem den Süden des Landes prägt. Oppositionsführer Abdullah Abdullah hingegen wird als Sohn eines paschtunischen Vaters und einer tadschikischen Mutter vor allem von den Minderheiten in Nordafghanistan unterstützt.
Karzai wandte sich auch an die radikalislamischen Taliban: "Wir rufen unsere Brüder der Taliban auf, nach Hause zurückzukehren und ihr Land anzunehmen." Die Radikalislamisten hingegen verbuchen die Absage der Stichwahl in Afghanistan als Erfolg ihrer Einschüchterungskampagne. "Unsere tapferen Mudschahidin haben es geschafft, den gesamten Prozess zu stören", hieß es in einer am Dienstag im Internet veröffentlichten Erklärung. Sie hatten bereits bei der ersten Wahlrunde zahlreiche Anschläge verübt. Am vergangenen Mittwoch waren bei einem Angriff auf ein Uno-Gästehaus in Kabul fünf ausländische Mitarbeiter der Vereinten Nationen getötet worden. Die Taliban hatten den Angriff als den Beginn ihrer Operation gegen die Stichwahl bezeichnet.
Glückwünsche aus dem Westen
Viele westliche Staats- und die Regierungschefs reagierten positiv auf die Nachricht von Karzais Wiederwahl. Das Weiße Haus betonte die Legitimität Karzais als Präsident. In Kabul habe es - nach dem Rückzug seines Gegenkandidaten für den zweiten Wahlgang - einen "schwierigen Prozess" gegeben. Aber es sei für die US-Regierung beruhigend, dass die Gesetze des Landes eingehalten worden seien. Es gebe keinen Anlass zu glauben, dass das afghanische Volk Karzai nun nicht als seinen legitimen Präsidenten anerkennen werde. Über die Entsendung zusätzlicher US-Soldaten nach Afghanistan werde Obama "in den kommenden Wochen" entscheiden, sagte der Sprecher des US-Präsidenten.
Glückwünsche kamen unter anderem auch von Bundesaußenminister Guido Westerwelle und dessen französischem Amtskollegen Bernard Kouchner.
Die internationale Gemeinschaft war strikt gegen eine Stichwahl mit Karzai als einzigem Kandidaten. Es wäre "lächerlich", für eine Wahl mit klarem Ausgang Geld auszugeben und Leben zu riskieren, sagte ein westlicher Diplomat. Die Nato sagte weitere Unterstützung bei der Stabilisierung des Landes zu.