Afghanistan und Pakistan Vereinte Taliban planen Offensive gegen neue US-Truppen

US-Präsident Obama will mehr Soldaten schicken, aber der Gegner ist vorbereitet: Die Taliban in Afghanistan und Pakistan haben laut "New York Times" erstmals eine gemeinsame Offensive verabredet. Sie wollen den Amerikanern ein "sehr blutiges Jahr" 2009 bereiten.

Islamabad - Mit noch größerem Einsatz will US-Präsident Barack Obama den Kampf gegen den Terror in Afghanistan führen. Noch einmal 4000 Soldaten zusätzlich, noch einmal mehr Geld, außerdem zivile Berater und Ausbilder. Das ist die neue Strategie. Aber auch der Gegner hat offenbar eine neue Taktik vorbereitet: Wie die "New York Times" am Freitag berichtet, hat der Führer der Taliban in Afghanistan, Mullah Omar, erstmals mit seinen Kollegen in Pakistan einen Pakt gegen den Feind aus Amerika geschlossen.

Taliban-Kämpfer in Afghanistan: Vereint mit den Mudschahidin aus Pakistan gegen die USA und ihre Verbündeten

Taliban-Kämpfer in Afghanistan: Vereint mit den Mudschahidin aus Pakistan gegen die USA und ihre Verbündeten

Foto: REUTERS

Schon im Dezember und Januar soll Omar dem Blatt zufolge sechs Emissäre über die Grenze nach Pakistan geschickt haben, um Kontakt zu den Mudschahidin dort aufzunehmen. Seine Botschaft: Begrabt alle internen Streitigkeiten, fahrt die Aktivitäten im eigenen Land zurück - und lasst uns mit vereinten Kräften gegen die internationalen Truppen in Afghanistan kämpfen.

Taliban-Kämpfer in Dera Ismail Khan, einem Ort in der pakistanischen Nordwest-Provinz, haben nach Angaben der "New York Times" in Interviews übereinstimmend ausgesagt, dass die Gesandten Omars in Waziristan auf die drei wichtigsten Führer der Taliban in Pakistan getroffen seien - Baitullah Mehsud, Hafis Gul Bahadur und Maulavi Nasir. Die Taliban-Führer hätten sich daraufhin zu einem "Council of United Mujahedeen" zusammengeschlossen - einem Rat der Vereinigten Mudschahidin - und in einer schriftlichen Erklärung versichert, sich fortan gemeinsam gegen die von den USA geführte Allianz zu stellen.

In dem Schriftstück, das mit drei gekreuzten Schwertern dekoriert sein soll, hätten die Kommandanten aus Pakistan Mullah Omar und Osama bin Laden ihre Gefolgschaft geschworen, berichtet die "New York Times" weiter. Man wolle zusammenstehen - so wie sich die Verbündeten der USA hinter Barack Obama gestellt hätten. "Gott zum Gefallen sollen die Mudschahidin ihre eigenen Streitigkeiten begraben", zitiert das Blatt aus der Erklärung, "und Schimpf und Schande über die Ungläubigen bringen."

Gleichzeitig habe man, sagten die Taliban aus Dera Ismail Khan im Interview, erste Vorbereitungen für die Offensive getroffen. Ältere Kämpfer an der Front seien durch junge Kommandanten ersetzt worden, die bereit seien, den amerikanischen Soldaten und ihren Verbündeten mit Sprengfallen und Selbstmordanschlägen einen tödlichen Empfang zu bereiten. 2009, hätten die pakistanischen Taliban-Kämpfer verkündet, solle ein "sehr blutiges Jahr" werden.

Mit den Aussagen der pakistanischen Kämpfer konfrontiert, dementierte der Sprecher der Taliban in Afghanistan, Sabihullah Mudschahed, dass solche Gespräche jemals stattgefunden hätten oder dass Mullah Omar Gesandte über die Grenze geschickt hätte - so wie er bislang noch jedes Mal eine Verbindung zu den Taliban in Pakistan verneint hat: "Wir haben mit ihnen nichts zu tun. Als muslimische Glaubensbrüder haben sie unser Mitgefühl, doch davon abgesehen, gibt es keine Verbindung zwischen uns."

Pakistanische Offizielle, die laut "New York Times" nicht namentlich genannt werden wollten, haben die Treffen auf Taliban-Führungsebene jedoch bestätigt - wobei sie allerdings davon ausgehen, dass die Initiative dazu möglicherweise nicht von Mullah Omar kam, sondern von einem Taliban namens Siraj Haqqani, der zusammen mit seinem Vater Jalaluddin Haqqani von Waziristan aus Angriffe auf die afghanische Hauptstadt Kabul koordinieren soll.

Die mächtigen Regionalfürsten verknüpfen aber nach Angaben der pakistanischen Offiziellen mit der Vereinigung aller Taliban-Kämpfer noch einen Hintergedanken: Wenn sich der Schwerpunkt der Kämpfe nach Afghanistan verschiebt, gerät ihr eigenes Reich in Waziristan aus dem Visier.

In den vergangenen Monaten haben die Amerikaner mit Drohnen mehr als 30 Angriffe auf die Region geflogen - und dabei zwei hochrangige Kommandanten der Haqqani-Truppe getötet.

oka
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