

Kabul - Die Regierung in Kabul sprach von einem wichtigen Schritt auf dem Weg zur Souveränität des Landes: Afghanistan und die USA haben eine Vereinbarung über die umstrittenen nächtlichen Einsätze westlicher Spezialkräfte besiegelt. Die Übereinkunft mit dem Titel "Afghanisierung der Sondereinsätze auf afghanischem Boden" wurde am Sonntag bei einer Zeremonie in Kabul unterzeichnet und sieht der dortigen Regierung zufolge vor, dass alle nächtlichen Razzien ab sofort unter afghanischer Führung stehen.
Ausländische Soldaten, etwa aus den USA, würden fortan "eine Unterstützerrolle bei den nächtlichen Einsätzen einnehmen", hatte der Sprecher von Staatschef Hamid Karsai, Aimal Faisi, vor der Unterzeichungen gesagt. Künftig solle ein Gremium aus afghanischen und Nato- beziehungsweise US-Vertretern über nächtliche Einsätze entscheiden. "Wenn die Notwendigkeit eines nächtlichen Einsatzes besteht, wird dieses Gremium entscheiden, und die letzte Entscheidung wird von Afghanen gefällt", so Faisi. Die Afghanen würden dann zudem entscheiden, ob und in welcher Form westliche Unterstützung benötigt werde. Möglich sei Unterstützung aus der Luft.
"Die Unterzeichnung dieses Dokuments ist ein grundlegender Schritt hin zur nationalen Souveränität Afghanistans", sagte der afghanische Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak bei der Zeremonie. Wardak und der Isaf-Oberkommandierende John Allen unterzeichnete die Vereinbarung.
US-Regierungsvertreter hatten in der vergangenen Woche ähnliche Angaben zum Inhalt der Übereinkunft gemacht. Demnach war einer der Knackpunkte bei den Verhandlungen, wie lange die US-Armee festgenommene Verdächtige festhalten darf. Nach Angaben von Karsais Sprecher sind künftig aber die afghanischen Behörden für die Häftlinge zuständig.
Die Nachteinsätze westlicher Spezialkräfte beim Kampf gegen die Aufständischen, bei denen auf der Suche nach feindlichen Kämpfern etwa Häuser durchsucht werden, sind bei der afghanischen Bevölkerung äußerst unbeliebt und sorgen immer wieder für schwere Verstimmungen zwischen der Regierung in Kabul und dem Westen.
Die USA beharren aber darauf, da mit den Nachteinsätzen große Erfolge gegen die Taliban erzielt würden. Im März hatte Allen bei einer Anhörung vor US-Senatoren gesagt, 2011 seien 2200 solcher nächtlichen Einsätze erfolgt. In 90 Prozent der Fälle sei dabei kein Schuss gefallen, zivile Opfer seien selten.
Die Übereinkunft zu den nächtlichen Einsätzen ist ein wichtiger Schritt hin zu einem Abkommen zwischen den USA und Afghanistan für die militärische Zusammenarbeit nach 2014. Bis dahin soll die Nato-geführte Isaf-Truppe ihren Kampfeinsatz in dem Land beendet haben, die meisten der derzeit rund 130.000 Isaf-Soldaten sollen bis dahin abgezogen werden. Die USA planen laut Regierungsvertretern, nach 2014 noch rund 15.000 US-Soldaten in Afghanistan zu belassen, unter anderem für die Ausbildung der afghanischen Armee und für den Kampf gegen den Terrorismus.
Vor einem Monat hatten die USA und Afghanistan in Vorbereitung auf das Abkommen über eine strategische Partnerschaft bereits eine Übereinkunft unterzeichnet, wonach das Gefängnis auf dem US-Stützpunkt Bagram in Afghanistan binnen sechs Monaten an die afghanischen Behörden übergeben werden soll.
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Mitglieder einer US-Spezialtruppe bei einem nächtlichen Einsatz in Narizah, rund 140 Kilometer von Kabul: Die nun unterzeichnete Übereinkunft zu den nächtlichen Einsätzen ist ein wichtiger Schritt hin zu einem Abkommen zwischen den USA und Afghanistan für die militärische Zusammenarbeit nach 2014. Offenbar entscheiden sich nun tatsächlich immer öfter afghanische Einheiten gegen einen Angriff bei Nacht.
Der Isaf-Oberkommandierende John Allen (li.) und der afghanische Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak unterzeichnen in Kabul das Abkommen über Nachteinsätze. Seitdem dürften die lokalen Kräfte selbst entscheiden, ob sie angreifen.
Ein US-Soldat bei der Überprüfung eines afghanischen Mannes im Februar 2011 in Yahya Khel: Die Nachteinsätze westlicher Spezialkräfte beim Kampf gegen die Aufständischen, bei denen auf der Suche nach feindlichen Kämpfern etwa Häuser durchsucht werden, sind bei der afghanischen Bevölkerung äußerst unbeliebt und sorgen immer wieder für schwere Verstimmungen zwischen der Regierung in Kabul und dem Westen.
Bis 2012 soll die Nato-geführte Isaf-Truppe ihren Kampfeinsatz in Afghanistan beendet haben, die meisten der derzeit rund 130.000 Isaf-Soldaten sollen bis dahin abgezogen werden.
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