
Alternativer Nobelpreis: "Unter Gefahr für das eigene Leben"
Ehrung für Menschenrechtler Und der alternative Nobelpreis geht an...
Die Lebenswerke der Friedensnobelpreisträger Barack Obama oder Kofi Annan sind glamouröser, die Errungenschaften der Europäische Union umfassender - damit können sie sich nicht messen. Deswegen werden vier Menschenrechtsaktivisten nun von der Right-Livelihood-Award-Stiftung mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet:
- Außenminister Tony de Brum und das Volk der Marshallinseln,
- Inuit-Aktivistin Sheila Watt-Cloutier aus Kanada,
- Menschenrechtlerin Kasha Jacqueline Nabagesera aus Uganda
- und der italienische Arzt Gino Strada aus Italien.
"In einem Jahr, in dem sich die globalen Konflikte immer weiter zuspitzen, zeigen sie, dass wir mit den Krisen nicht leben müssen", sagt Stiftungsdirektor Ole von Uexküll. "Sie sind keine naiven Fantasten, die von einer besseren Welt träumen." Sie handeln.
Die Right Livelihood Awards werden von privaten Spendern finanziert. 128 Kandidaten waren aus 53 Ländern vorgeschlagen. Nominiert wird weltweit. Von Uexküll will dem "Westen mit seiner eingeschränkten Perspektive" so einen "globalen Spiegel" vorhalten.
Zuletzt geschah das, als der Preis 2014 an Edward Snowden verliehen wurde - weil der Whistleblower das beispiellose Ausmaß staatlicher Überwachung enthüllt und sich dabei mit den USA angelegt habe. Doch der Preis wartet noch immer in Schweden darauf, abgeholt zu werden. "Ich hatte eine ehrliche Hoffnung, dass Schweden sich positioniert und ihm Reisefreiheit gewährt", sagt Uexküll rückblickend. Viel getan habe sich seitdem jedoch nicht. "Obwohl man sehr stark von seinen Enthüllungen profitiert hat, zwingt man ihn weiterhin, in Moskau zu sitzen."
Die Preisträger im Überblick:
Tony de Brum, Politiker, Marshallinseln, und das Volk der Marshallinseln

Tony de Brum (l.) mit dem US-Spezialgesandten für den Klimawandel Stern: Kampf gegen Atommächte
Der Ehrenpreis des Komitees in Stockholm geht an Tony de Brum und das Volk der Marshallinseln - um deren Vision auszuzeichnen, mit rechtlichen Mitteln gegen die Atommächte vorzugehen , weil diese ihren Abrüstungsverpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag nicht nachkommen.
"Das Völkerrecht ist so viel wert, wie wir es nutzen", sagt von Uexküll. De Brum nutzte es - und zog vor den internationalen Gerichtshof und vor ein Gericht in Kalifornien, um es mit der US-Regierung aufzunehmen. 2014 klagte er dann - demnächst geht er in die nächste Instanz.
Der Außenminister des Inselstaats hatte als Jugendlicher die Atomtests der Amerikaner in seiner Heimat selbst erlebt. 1954 explodierte auf der Insel Nam im Bikini Atoll die stärkste Bombe, die von den USA je zu Testzwecken gezündet wurde. Ihre Sprengkraft war angeblich tausendmal so groß wie die Bombe von Hiroshima. Auch auf dem Eniwetok-Atoll wurden zahlreiche Tests durchgeführt. Die Insel Runit ist bis heute Sperrzone und wird Tausende von Jahren unbewohnbar bleiben.
Kasha Jacqueline Nabagesera, Menschenrechtsaktivistin, Uganda
Kasha Jacqueline Nabagesera setzt sich in Uganda für die Rechte lesbischer, schwuler, bisexueller, transsexueller und intersexueller (LGBTI) Menschen ein. Die Jury bezeichnet sie als eine der mutigsten Menschenrechtsaktivisten in Afrika. Sie prangere Menschenrechtsverletzungen offen an und nutze das Justizsystem erfolgreich.
Gegen die geplante Verschärfung des Anti-Homosexualitätsgesetz - geplant war zunächst die Todesstrafe, dann eine lebenslange Haft - habe sie mit ihrem Team juristische Schritte eingeleitet und sei damit erfolgreich gewesen. Nabagesera setze dabei ihr Leben aufs Spiel, sagt von Uexküll. Deswegen werde sie in das Schutzprogramm der Right- Livelihood-Award-Stiftung aufgenommen. Man bleibe mit ihr - so wie mit allen Preisträgern über die Jahre - weiter in Kontakt.
Sheila Watt-Cloutier, Inuit-Aktivistin, Kanada

Sheila Watt-Cloutier: Für ihren lebenslangen Einsatz geehrt
Foto: Stephen LoweSheila Watt-Cloutier hat sich ihr Leben lang für die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte der arktischen Inuit eingesetzt. Als gewählte Vertreterin ihres Volkes engagierte sie sich dafür, dass in ihrer Heimat Nunavik in Nordquebec das Bildungssystem verbessert und an die Bedürfnisse von Inuit angepasst wurde.
Watt-Cloutier trieb die Verabschiedung der Stockholm-Konvention für das Verbot langlebiger organischer Schadstoffe voran, die sich in der arktischen Nahrungskette besonders stark anreichern. Der internationalen Gemeinschaft verdeutlichte sie, wie ungehemmte Treibhausgasemissionen die kollektiven Menschenrechte ihres Volks verletzen, das laut Jury "vom Klimawandel akut bedroht" ist.
Gino Strada, Chirurg, Italien
Gemeinsam mit der Organisation Emergency setzt sich Gino Strada seit zwei Jahrzehnten für hochwertige medizinische Versorgung für die Opfer von Konflikten und Verfolgung ein. In Afghanistan, im Sudan und Irak behandeln Ärzte in über 60 Krankenhäusern, Kliniken und Erste-Hilfe-Stationen.
Der italienische Chirurg ging dabei auch gegen die militärische Beteiligung seines Landes an den Kriegen in Afghanistan und im Irak an, etwa mit einer Kampagne gegen die Verbreitung von Landminen. Die Jury würdigt "seinen furchtlosen Einsatz gegen die Ursachen von Krieg".