Amerika trauert um Ronald Reagan "Er war mein Held"
New York - Präsident George W. Bush sprach von einem "traurigen Tag für Amerika". Bush, der sich anlässlich der Feierlichkeiten zum sechzigsten Jahrestag der Invasion in der Normandie in Frankreich aufhält, sagte weiter: "Ein großes amerikanisches Leben ist vorüber ... er besaß jene Zuversicht, die mit Überzeugung einhergeht. Jene Stärke, die aus Charakter resultiert. Jene Anmut, die aus Bescheidenheit folgt und jenen Humor, der aus Weisheit kommt." Während seiner Ansprache kämpfte Bush mit den Tränen.
George W. Bushs Vater und Amtsvorgänger George Bush und dessen Frau Barbara erklärten in einer Mitteilung: "Wir waren politische Gegner und wurden enge Freunde. Barbara und ich beklagen den Verlust eines großen Präsidenten und großen Freundes. Er konnte sich entschieden für eine Sache einsetzen ... ohne, dass dies zu Bitterkeit oder Feindseligkeit bei anderen führte. Kaliforniens Gouverneur Arnold Schwarzenegger sagte, er sei glücklich Reagan gekannt zu haben: "Er war mein Held." Der verstorbene US-Präsident war von 1966 bis 1974 ebenfalls Gouverneur Kaliforniens.
"Die Kraft von John F. Kennedy"
Zahlreiche Fernsehsender unterbrachen ihr reguläres Programm und sendeten ausführliche Rückblicke auf das Leben Reagans. Auf CNN, Fox oder ABC wurden den ganzen Abend über politische Weggefährten Reagans interviewt. Schon vor einigen Tagen war bekannt geworden, dass sich der Gesundheitszustand des 93-jährigen in der vergangenen Woche deutlich verschlechtert hatte. Seit gestern 13.00 Uhr kalifornischer Zeit dominiert die Nachricht von Reagans Tod die Online-Ausgaben der großen US-Tageszeitungen.
Das konservative "Wall Street Journal" erinnerte daran, dass Reagan häufig "bei den kleinen Dingen falsch lag". Der ehemalige Schauspieler habe schon einmal den Namen seines Nationalen Sicherheitsberaters vergessen oder seinen Wohnungsbauminister für einen Bürgermeister gehalten. "Doch letztlich ... wird man sich an Herrn Reagan als eine der überragenden Figuren des zwanzigsten Jahrhunderts erinnern, weil er bei einigen wirklich großen Dingen richtig lag. In der Folge veränderte er Amerika und die Welt so tiefgreifend, dass der Reaganismus noch heute ... Debatten über Steuern, nationale Sicherheit und die Rolle des Staates entscheidend prägt."
Selbst die linksliberale "New York Times" verneigte sich tief vor dem Politiker, den sie während seiner aktiven Jahre häufig scharf angegriffen hatte. In einem mehr als sechzigtausend Anschläge (entspricht etwa 15 DIN-A4-Seiten) langen Nachruf urteilte die Zeitung, Reagan habe in seiner ersten Amtszeit Amerikas Glauben an sich selbst wiederhergestellt. Die "Times" verglich den Republikaner mit den großen US-Politikern dieses Jahrhunderts: "Er strahlte den Optimismus eines Roosevelt aus, repräsentierte das Kleinstadt-Amerika Dwight D. Eisenhowers und die Kraft von John F. Kennedy". Allerdings widmete sich die Zeitung auch ausführlich der dunklen Stellen in Reagans Karriere - etwa seiner brutalen Sozialpolitik und der Iran-Contra-Affäre.
Kerry würdigt Reagan
Die "Washington Post" würdigte Reagans Rolle für das Ende des Kalten Kriegs. Als US-Präsident habe er 1981 bis 1989 die Beziehungen der USA zur Sowjetunion dramatisch verändert. Dass zehn Monate nach dem Ende von Reagans zweiter Amtszeit die Berliner Mauer fiel, sei nicht zuletzt auch sein Verdienst gewesen. Ähnlich äußerte sich auch der ehemalige US-Präsident Bill Clinton. Der Demokrat erklärte in einer Mitteilung: "Hillary und ich werden Präsident Ronald Reagan wegen der Art und Weise im Gedächtnis behalten, mit der er den unerschütterlichen Optimismus des amerikanischen Volkes personifizierte und dafür, dass dank ihm Amerika an vorderster Front für die Freiheit von Menschen auf der ganzen Welt kämpfte. Es ist angemessen, dass ein Stück der Berliner Mauer das Ronald Reagan Building in Washington ziert."
Das einflussreiche Online-Managzin "Slate" wollte hingegen keine warmen Worte für den Verstorbenen finden. Unter der Überschrift "Der Mann, der die Republikaner ruinierte", erinnerte sein Kommentator Timothy Noah daran, dass Reagan in verantwortungsloser Weise die Staatsverschuldung angeheizt habe. Sein Versprechen, die wuchernde Bürokratie einzudämmen, habe Reagan nie umgesetzt. Der Republikaner sei zudem ein "Kriegstreiber" gewesen.
In den achtziger Jahren gelang es Reagan, auch Teile der demokratischen Wählerschaft, für seine politischen Ideen zu begeistern - die so genannten Reagan Democrats. "Selbst dann, wenn er den Demokraten das Herz brach, tat er es mit einem Lächeln und im Geiste einer ehrlichen und offenen Debatte", erklärte der demokratische Senator John F. Kerry in einer Mitteilung. Kerry, der aller Voraussicht nach bei den Präsidentschaftswahlen im November gegen Amtsinhaber Bush antreten wird, sagte weiter: "Ronald Reagans Liebe für sein Land war ansteckend." Er sei wahrlich die Stimme Amerikas gewesen. Mit Hinblick auf die Tatsache, dass Reagan der älteste Amtsinhaber aller Zeiten war, fügte Kerry hinzu: "Er war unserer ältester Präsident, doch er hat Amerika wieder jung gemacht."