Drohnenopfer der USA
Angehörige werfen deutscher Regierung Mitschuld vor
Die USA nutzen ihre deutschen Militärbasen für Drohnenangriffe. Trägt Berlin deshalb eine Mitverantwortung für den Tod von Zivilisten? Nach SPIEGEL-Informationen will jetzt ein Somalier klagen, der seinen Vater verloren hat.
US-Basis in Ramstein: "Strafbarkeit durch Unterlassen"
Foto: DANIEL ROLAND/ ASSOCIATED PRESS
Hamburg - Der Sohn eines zivilen Drohnenopfers aus Somalia will die Bundesregierung verklagen, weil der Luftangriff auf seinen Vater über US-Einrichtungen auf deutschem Hoheitsgebiet gelaufen sei. Die entsprechende Klage wird nach Informationen des SPIEGEL in den nächsten Tagen dem Verwaltungsgericht Köln zugestellt.
Gleichzeitig wollen die Anwälte bei der Staatsanwaltschaft Zweibrücken Strafanzeige gegen das beteiligte Personal in den US-Militäreinrichtungen in Deutschland stellen. Ihr Vorwurf: gemeinschaftlich begangener Mord. (Lesen Sie hier die ganze Geschichte im neuen SPIEGEL.)
Der Vater des Klägers, ein 50-jähriger Kamelhirte aus Somalia, kam bei einem Drohnenangriff am 24. Februar 2012 ums Leben. Der Luftschlag galt einem 27-jährigen Mitglied der Schabab-Miliz, die als regionaler Ableger al-Qaidas gilt. Die Bundesregierung trägt nach Ansicht der Klagevertreter eine Mitschuld, da sie ihre "Schutzpflichten" aus dem Nato-Truppenstatut vernachlässigt habe. Sie sei verpflichtet zu verhindern, dass von den Liegenschaften der Amerikaner eine "Gefährdung für Leib und Leben ausländischer Staatsbürger" ausgehe. "Hier kommt eine Strafbarkeit durch Unterlassen in Betracht", heißt es nach SPIEGEL-Informationen in der Klageschrift.
Der Sohn des Drohnenopfers wird von der Open Society Justice Initiative vertreten, einer Stiftung des US-Milliardärs George Soros. In Deutschland haben drei Anwälte das Mandat übernommen, darunter auch der Frankfurter Strafrechtler Eberhard Kempf. Nach Informationen des SPIEGEL beschäftigt die Bundeswehr auf den US-Militärstützpunkten Verbindungsoffiziere. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem auch das "Weiterleiten von Informationen zur Planung, Taktik, zu Einsätzen".
In einer internen E-Mail aus dem Verteidigungsministerium, die dem SPIEGEL vorliegt, heißt es: Es bestehe "die Gefahr", dass diese Verbindungsbeamten bei den US-Stützpunkten möglicherweise "doch Kenntnis von irgendwelchen Vorgängen hatten". Bislang hatte die Bundesregierung behauptet, ihr lägen "keine eigenen gesicherten Erkenntnisse" zu den Einsätzen der US-Streitkräfte vor.