Angriff auf Bagdad "Die operative Pause ist vorbei"
Bagdad - "Anscheinend ist die operative Pause in unserem Sektor vorbei", berichtete ein Reuters-Korrespondent. "Wir sind recht schnell von der Passivität zur Aktivität übergegangen." Vorrückende Soldaten hätten über Kontakte mit irakischen Truppen berichtet, sagte Maguire, es habe aber "keinen großen Widerstand gegeben". Ein Korrespondent, der mit einer anderen US-Division unterwegs ist, sagte: "Wir sind definitiv in Bewegung. In den kommenden Stunden könnte viel passieren."
Nach Berichten der britischen BBC sind US-Truppen mittlerweile bis auf 80 Kilometer an Bagdad herangerückt. "Die Schlacht um Bagdad hat begonnen", meldete ein BBC-Korrespondent, der die Verbände begleitet, unter Berufung auf US-Offiziere. Auch ein BBC-Korrespondent im US-Befehlszentrum in Doha sprach von der "Eröffnungsphase der Landoffensive" zur Eroberung der irakischen Hauptstadt. Es sei zu heftigen Kämpfen zwischen amerikanischen und irakischen Truppen gekommen.
Erst am vergangenen Sonntag war US-Soldaten an einem Frontabschnitt mitgeteilt worden, ihre Pause könne 35 bis 40 Tage dauern. Die Soldaten hatten damit begonnen, Gräben auszuheben, Minen zu legen und ihre Fahrzeuge mit Tarnnetzen zu überziehen. Der Oberkommandierende Tommy Franks hatte jedoch Vermutungen zurückgewiesen, es gebe eine Kampfpause.
Die Bombenangriffe auf Bagdad gingen unterdessen weiter. Ein Reuters-Korrespondent berichtete von einer Reihe von Explosionen und riesigen Rauchsäulen über der Stadt. Die Angriffe konzentrierten sich auf Einrichtungen, die von Präsident Saddam Hussein und seinen Söhnen genutzt werden. Die US-Geschosse trafen am 13. Kriegstag einen Palast, der von Saddam und seinem Sohn Kussei genutzt wird. Kussei befehligt die irakische Elite-Einheit Republikanische Garde, die einen Verteidigungsring um Bagdad bildet. Auch sie stand am Dienstag erneut unter dem Beschuss der US-Luftwaffe. Ein weiterer Einschlag wurde in der Zentrale des irakischen Olympischen Komitees im Zentrum Bagdads gemeldet, das unter der Leitung von Saddams Sohn Udai steht.
Iraker greifen Nachschublinien an
Die auf Bagdad vorrückenden US-geführten Bodentruppen stießen im südirakischen Nassirija nach irakischen Angaben auf heftige Gegenwehr. "Das Blut der Feinde fließt in Strömen", sagte ein irakischer Militärsprecher. In der nordirakischen Öl-Stadt Mossul hätten irakische Einheiten die Landung britischer Truppen verhindert. Nähere Einzelheiten nannte Informationsminister Saïd al-Sahhaf allerdings nicht. Auch bei Basra im Südosten des Irak seien den britischen und amerikanischen Truppen schwere Verluste zugefügt worden. Sieben Panzer der Verbündeten seien getroffen worden.
Zugleich versucht die irakische Armee, den Vormarsch der US-Truppen auf Bagdad durch Angriffe auf die Nachschublinien zu verzögern. Bei heftigen Kämpfen entlang der Versorgungswege seien 130 Kilometer südöstlich von Bagdad, nahe der Stadt Diwanja, 75 irakische Soldaten ums Leben gekommen, teilte am Dienstag ein Sprecher der US-Armee mit. Bei Nadschaf bemühten sich die US-Truppen weiter darum, die Stadt vollständig zu isolieren, um so die wiederholten Angriffe auf den Nachschub zu stoppen.
Im Südirak erzielten die britischen Streitkräfte im Raum Basra nach Angaben von BBC ihre bisher größten Erfolge. Die rund 200.000 Einwohner zählende Stadt Zubair 15 Kilometer südwestlich von Basra sei nach heftigen Gefechten jetzt unter britischer Kontrolle. Ein britischer Militärsprecher sprach von brutalen Straßenkämpfen.
Ring um Basra zieht sich zu
Nach Darstellung der britischen Streitkräfte wurde der seit neun Tagen bestehende Belagerungsring um Basra enger gezogen. CNN berichtete unter Berufung auf britische Militärsprecher, die Briten würden jetzt die westlichen Stadtteile von Basra kontrollieren.
Zivilisten, die aus dem belagerten Basra geflüchtet sind, berichteten, sie seien von Mitgliedern der regierenden Baath-Partei unter Druck gesetzt worden, sich nicht gegen Saddam zu erheben. Vor einigen Tagen hatte es Gerüchte gegeben, die größtenteils schiitischen Bewohner Basras hätten eine Revolte gegen Saddam begonnen.
US-Verstärkung in Kuweit eingetroffen
Die ersten Soldaten einer weiteren US-Division sind zur Verstärkung der bereits in Irak kämpfenden Einheiten am Dienstag in Kuweit eingetroffen. Die ersten 4 von insgesamt 30 Schiffe haben Kriegsgerät der 4. Infanteriedivision im Hafen von Schuaiba entladen, darunter Kampfhubschrauber, Panzer und gepanzerte Truppentransporter. Die Soldaten sollten ursprünglich von der Türkei aus den Angriff auf den Irak führen. Das türkische Parlament hatte aber die geplante Stationierung von rund 62.000 US-Soldaten für den Irak-Krieg untersagt.
Der stellvertretende Divisionskommandeur, Brigadegeneral Stephen Speaks, sagte, er rechne damit, dass seine Soldaten in ein paar Wochen in den Kampf eingreifen. Die gegenwärtige Truppenstärke ist nach Ansicht von Militärexperten für eine Offensive auf Bagdad zu gering, zumal die mehrere hundert Kilometer langen Nachschublinien gesichert werden müssen.
Powell berät mit Europäern
US-Außenminister Colin Powell will am Donnerstag die europäischen Verbündeten über den Militärkonflikt informieren und eine Nachkriegsordnung beraten. Ein EU-Kommissionssprecher teilte mit, Powell werde mit dem griechischen Außenminister Georgios Papandreou, EU-Außenkommissar Chris Patten und dem EU-Koordinator für Außenpolitik, Javier Solana, zusammenkommen. Geplant sei zudem ein gemeinsames Mittagessen Powells mit den Außenministern der Nato und der EU sowie Powells Teilnahme an einer Sitzung des Nato-Rates. Am Mittwoch will Powell in die Türkei reisen. Er hatte seine überraschende Reise am Montag angekündigt.