Neue Systeme in Alaska USA verstärken Raketenschirm gegen Nordkorea

Bodenbasiertes Raketenabwehrsystem (in Kalifornien): Ausbau geplant
Foto: Joe Davila/ AFPWashington - Die USA reagieren mit Truppenbewegungen auf die wachsende Bedrohung aus Nordkorea. 14 neue Abwehrsysteme verstärken schon bald den Schutzschild an der Westküste des Landes. Die Anlagen werden wohl vor allem in Alaska aufgestellt. Dies teilte Verteidigungsminister Chuck Hagel am Nachmittag (Ortszeit) mit.
Damit erhöht sich die Zahl der Abschussanlagen an der Westküste auf 44. Die meisten stehen in Alaska und Kalifornien. Als spätestes Datum für die Verlegung ist das Jahr 2017 geplant. Hagel verwies auf die zunehmenden Drohungen Irans und vor allem Nordkoreas.
Analysten gehen allerdings nicht davon aus, dass Nordkorea mit seinen derzeitigen Waffensystemen überhaupt einen Angriff auf die USA starten könnte. Die Langstreckenraketen des politisch isolierten Landes gelten als wenig entwickelt - allen Beteuerungen und Meldungen aus Pjöngjang zum Trotz.
Bereits am Dienstag hatte ein namentlich nicht genannter Pentagon-Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters erklärt, die USA könnten schon bald bis zu 14 Abwehrsysteme in den hohen Norden verlegen. Auch im Ausland plant Washington mit Blick auf die nordkoreanischen Aktivitäten eine militärische Expansion. In Japan soll laut Hagel eine neue Anlage zur Radarüberwachung entstehen. Das Land liegt nah an Nordkorea und könnte schnell zu einem der Angriffsziele des Regimes von Machthaber Kim Jong Un werden.
Umstrukturierungen in Europa
Bisher haben die USA 30 Abfangraketen, sogenannte ground based interceptors (GBI) an der Westküste stationiert, vier in Kalifornien und 26 in Alaska. Die Verstärkung kostet laut Hagel eine Milliarde Dollar (760 Millionen Euro). Der Minister kündigte weiter an, dass Standorte auch an der US-Ostküste für mögliche weitere Abwehrraketen geprüft würden.
Zur Teil-Finanzierung des Milliarden-Projekts soll Hagel zufolge das Programm für eine Raketenabwehr in Europa umstrukturiert werden. Demnach soll die ursprünglich geplante vierte Phase gestrichen werden. Wie der Pentagonchef erläuterte, geht es dabei um die Stationierung von Abwehrraketen in Polen, die den Schutzschild für das amerikanische Territorium ergänzen sollten. Die geplante Verstärkung des Abwehrraketensystems auf US-Boden erlaube es nun, auf diese vierte Phase zu verzichten.
Hagel betonte ausdrücklich, dass der Schutz für Europa von der Umstrukturierung nicht betroffen sei. Der Bau des Raketenschilds in den Phasen eins bis drei des Programms, darunter Stationierungen und Radaranlagen in Polen und Rumänien, werde wie geplant bis 2018 für den Schutz des gesamten europäischen Nato-Territoriums sorgen. Die USA seien weiterhin der Nato-Raketenabwehr stark verpflichtet, sagte der Pentagonchef. "Diese Verpflichtung ist eisenhart."
Die von den USA geplanten Schritte würden die US-Verteidigungsfähigkeit stärken, die US-Verpflichtungen gegenüber Verbündeten und Partnern aufrechterhalten "und es der Welt klarmachen, dass die Vereinigten Staaten stark gegen Aggression stehen".
Neue Testmeldungen aus Pjöngjang
Wie zuletzt beinahe täglich, kamen auch am Freitag neue beunruhigende Meldungen aus Nordkorea. Das Land hat nach der Aufkündigung des alten Waffenstillstandsabkommen mit Südkorea laut Medien zwei Testraketen mit kurzer Reichweite abgefeuert.
Es habe sich vermutlich um Raketen des Typs Kn-02 gehandelt, die schätzungsweise 120 Kilometer weit fliegen können. Dies berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap am Freitag unter Berufung auf Militärs. Die Raketen seien an der Ostküste vermutlich bei Truppenübungen abgeschossen worden. Die Tests dienten offenbar dem Ziel, die Technologie der Raketen zu verbessern.
Nordkorea testet regelmäßig Raketen mit kurzer Reichweite. Die jüngsten Tests könnten jedoch nach Meinung von Militärs auch eine Reaktion auf die laufenden südkoreanisch-amerikanischen Truppenübungen in Südkorea sein, meldete Yonhap.
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und der südkoreanische Ministerpräsident Chung Hong Won hatten ihre jeweiligen Truppen an der Seegrenze im Gelben Meer zuletzt auf einen möglichen Krieg eingeschworen. Kim besuchte am Donnerstag im Rahmen eines Militärmanövers eine Artillerieeinheit, die mit scharfer Munition übte, wie die amtliche Nachrichtenagentur KCNA meldete. "Ein moderner Krieg ist ein Krieg mit Artillerie", sagte Kim demnach. Er hatte in dieser Woche die südkoreanische Insel Baengnyeong als erstes Ziel im Falle eines bewaffneten Konflikts genannt.
Chung begab sich seinerseits auf die Insel Yeonpyeong an der Grenze und mahnte die Soldaten, sich für einen möglichen Angriff aus Nordkorea bereitzuhalten. Die Insel war 2010 von der nordkoreanischen Armee angegriffen worden. Dabei wurden vier Menschen getötet, darunter zwei Zivilisten. "Ihr seid die Festung, die das Leben und den Besitz der Bevölkerung schützt", sagte der Regierungschef bei seinem Besuch am Donnerstag laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Yonhap.
Die Spannung in der Region hatte zuletzt zugenommen. Nachdem die Uno als Reaktion auf den jüngsten Atomtest Nordkoreas neue Sanktionen verhängt hatte, verkündete Pjöngjang einen Ausbau seines Atom- und Raketenprogramms, kündigte den Nichtangriffspakt mit Südkorea von 1953 auf und drohte mit einem atomaren Erstschlag gegen die USA und andere "Aggressoren".