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Wahltag im Irak: Abstimmung unter Beschuss

Foto: BILL PUGLIANO/ AFP

Anschläge mit Toten Terroristen nehmen Irak-Wahl ins Visier

Die Grenzen sind geschlossen, der Verkehr eingeschränkt, zusätzliche Kontrollen eingerichtet: Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen wählen die Iraker ihr neues Parlament. Bei Anschlägen starben mindestens 25 Menschen, doch viele Wähler wollen sich nicht abschrecken lassen.

Bagdad - Mit Anschlägen versuchen Terroristen, die zweite Parlamentswahl im Irak seit dem Sturz des Saddam-Regimes zu sabotieren. Mindestens 25 Menschen wurden dabei getötet. Alleine in Bagdad starben binnen weniger Stunden zehn Zivilisten, 27 Menschen wurden verletzt. Die Wähler strömten trotzdem in großer Zahl zur Stimmabgabe. Das Ergebnis der ersten Wahl seit dem Abzug der US-Truppen aus Städten und Dörfern wird frühestens in einer Woche bekanntgegeben.

Der Vorsitzende der Schiiten-Partei Hoher Islamischer Rat im Irak (SICI), Ammar al-Hakim, äußerte sich optimistisch, dass die Anschläge vom Sonntag die von den Terroristen erhoffte Wirkung verfehlen: "Diese Explosionen werden die Wähler nicht davon abhalten können, ihre Stimmen abzugeben." Sein größter Rivale, der schiitische Ministerpräsident Maliki, sagte nach der Stimmabgabe: "Wir begehen heute einen Festtag, nachdem wir viele Schwierigkeiten zu überwinden hatten."

Grenzübergänge und der Flughafen wurden weitgehend geschlossen. An mehreren Orten der Hauptstadt wurden zusätzliche Kontrollstellen eingerichtet, in einigen Bezirken im Abstand von 50 Metern. In Bagdads vorwiegend von Schiiten bewohnter Vorstadt Sadr-City bildeten sich lange Warteschlangen vor den Wahllokalen. Einige Familien zogen es allerdings vor, zu Hause zu bleiben, nachdem in ihren Vierteln Granaten und Katjuscha-Raketen eingeschlagen waren.

Anschläge auf Wahllokale

Im überwiegend sunnitischen Stadtteil Asamijah zählte die Polizei am Morgen Explosionen von mindestens 20 Granaten. Die meisten Bewohner ließen sich davon aber offenbar nicht abschrecken. "Ich habe keine Angst und ich werde nicht zu Hause bleiben", sagte der 40-jährige Walid Abid, während einige hundert Meter entfernt eine Granate einschlug. "Wenn ich nicht wähle, wird es in Asamijah nur noch schlimmer."

Die streng bewachte Grüne Zone von Bagdad, in der die Politiker wählten, wurde von Mörsergranaten getroffen. Vor allem in den Siedlungsgebieten der Sunniten hatten Extremisten zuvor Flugblätter verteilt, auf denen sie jedem drohten, der sich an der Wahl beteiligt. Die Polizei hob ein aus Sicherheitsgründen verhängtes Fahrverbot in einigen Gebieten auf, um es den Wählern leichter zu machen, zu den Urnen zu gelangen.

In der 400 Kilometer nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Mossul wurden fünf Wahllokale geschlossen, nachdem ein Wahllokal von einer Mörsergranate getroffen worden war. Nach Polizeiangaben wurden sechs Wahlbeobachter verletzt. An anderer Stelle in Mossul wurden ein Lokalpolitiker und acht seiner Begleiter verletzt, als ihr Konvoi an einer Straßensperre unter Beschuss geriet. Nach Angaben der Polizei erlitten 13 Menschen in Iskanderija südlich von Bagdad Verletzungen durch Granatenbeschuss.

Auch aus den Provinzen Anbar und Salaheddin wurden Explosionen gemeldet. In den drei kurdischen Autonomieprovinzen Erbil, Suleimanija und Dohuk verlief der Wahltag friedlich. "Es ist fast wie ein Picknick", sagte ein Beobachter.

Mehr als 6000 Kandidaten

Fast 19 Millionen Iraker sind aufgerufen, aus rund 6200 Kandidaten 325 Abgeordnete für das Parlament zu bestimmen. Letztmalig gibt es eine Frauenquote, 25 Prozent der Sitze sind für sie reserviert. Mit der Wahl entscheiden die Iraker auch über die künftige Regierung, die das Parlament wählen wird und die nach dem bis Ende 2011 geplanten Abzug der US-Truppen für Stabilität im Land sorgen soll.

Die Iraker ringen seit dem Sturz von Diktator Saddam Hussein im April 2003 durch die Amerikaner um eine politische Neuordnung. Im vergangenen Sommer waren die US-Truppen aus den Städten und Dörfern abgezogen. Für die US-Regierung ist es wichtig, dass der politische Prozess im Irak nicht ins Stocken gerät, damit sie ihren Truppenabzug wie geplant fortsetzen kann.

Derzeit sind noch rund 96.000 Amerikaner im Irak stationiert. Ende 2011 sollen alle Einheiten das Land verlassen haben. Ministerpräsident Nuri al-Maliki hatte noch vor zwei Tagen erklärt, er wolle die US-Truppen bitten, länger zu bleiben, falls die irakischen Sicherheitskräfte bis dahin noch nicht in der Lage sein sollten, alle Aufgaben von den Amerikanern zu übernehmen.

ore/AFP/AP/dpa
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