Waffen für Anti-IS-Kämpfer Amerika handelt, Deutschland redet

Kurdische Peschmerga-Kämpfer im Nordirak: Waffen aus dem Westen?
Foto: Mohammed Jalil/ dpaBerlin - Den Satz des Regierungssprechers dürften ausnahmsweise alle im politischen Berlin unterschreiben. "Das übertrifft an Grausamkeit alles", sagt Steffen Seibert über das Schreckensregime der Kämpfer des "Islamischen Staats" (IS). Die IS-Terroristen machen im Nordirak seit Wochen Jagd auf alle, die nicht ihre fundamentalistischen religiösen Vorstellungen teilen.
Von der Linken bis zur CSU gibt es deshalb Unterstützung dafür, dass US-Präsident Barack Obama Luftschläge erlaubt hat, um einen Völkermord an der irakischen Minderheit der Jesiden zu verhindern. Auch die kurdische Bevölkerung im Nordirak ist bedroht. Aber was wird Deutschland tun, um den Menschen zu helfen?
Konkret geht es um die Frage möglicher Waffenlieferungen für die Peschmerga-Kämpfer, die versuchen die Islamisten zurückzudrängen. Die Bundesregierung sagt dazu vorerst Nein. Angela Merkels Sprecher verweist auf den Grundsatz, keine Waffen in Kriegs- oder Kampfgebiete zu schicken. Auch Außenminister Steinmeier lässt ausrichten, Deutschland konzentriere sich auf humanitäre Hilfe. Berlin hat die Nothilfe für die verfolgten Menschen im Nordirak auf 4,4 Millionen Euro aufgestockt.
SPD lehnt Waffenlieferungen ab
Manchem in der Koalition reicht das nicht. CDU-Außenpolitiker Karl-Georg Wellmann und CSU-Mann Hans-Peter Uhl sprechen sich für direkte Waffenlieferungen aus. Beide beziehen sich dabei explizit auf die jüngsten Vorstöße für ein größeres deutsches Engagement bei internationalen Krisen. Unionsfraktionsvize Andreas Schockenhoff lehnt zwar einen "nationalen Alleingang" ab, hält militärische Hilfe für die Kurden aber für möglich - wenn es dafür ein Mandat der Vereinten Nationen gibt.
"Für den Fall eines Uno-Mandats könnte sich die Bundeswehr an der Absicherung von Hilfstransporten vor Ort beteiligen", sagt der CDU-Außenpolitiker. "Auch sollte Deutschland dann nicht ausschließen, bestimmte Gruppen in der Krisenregion mit Waffen zu unterstützen." Beim Koalitionspartner SPD hält man davon nichts. "Von einem Mangel an Waffen kann in der Region wirklich nicht die Rede sein", sagt SPD-Fraktionsvize Rolf Mützenich. Es sei deshalb langfristig "konfliktverschärfend, noch mehr Waffen zu liefern". Ähnlich sieht es SPD-Chef-Außenpolitiker Niels Annen.
Tatsächlich ist die Bundesregierung derzeit wenig geneigt, an ihrer restriktiven Haltung etwas zu ändern. Berlin fühlt sich in der Sache nicht in erster Linie verantwortlich, zumal man sich diplomatisch in der Ukraine und im Nahost-Konflikt so stark engagiert hat, dass es an Arbeit nicht gerade mangelt. Ohne Häme heißt es, für die Lage im Irak seien zunächst die USA zuständig.
Brauchen die Peschmerga-Kämpfer überhaupt Waffen?
Gegen ein Uno-Mandat spricht aus Sicht der Bundesregierung offenbar einiges: So müsste eine Bewaffnung der Anti-IS-Kämpfer nicht nur mit den Kurden, sondern mit dem Gesamt-Irak vereinbart werden, sonst würde man die Autonomie der Kurden weiter stärken und mit den Peschmerga eine Truppe aufrüsten, die vom Nato-Partner Türkei als Terror-Gruppe klassifiziert wird. Da jedoch die Zentralregierung in Bagdad gerade zerfällt, ist ein solches Mandat kaum denkbar. Ein direkter Deal mit den Kurden würde die Fragmentierung des Lands zudem weiter befördern. Vorsicht sei geboten, sagt ein erfahrener Außenpolitiker aus der Großen Koalition. "Das sind alles Trickser im Irak."
Ohnehin läuft die Versorgung mit frischen Waffen offenbar bereits auf Hochtouren: Die USA bestätigten am Montag, dass sie in Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung seit vergangener Woche Waffen nach Erbil bringen. Zudem glauben westliche Geheimdienste zu erkennen, dass dieser Tage einige auffällig unauffällig markierte Jets mit Waffen aus Iran auf dem Flughafen angekommen sind.
Die Debatte über den deutschen Beitrag wird dennoch anhalten, solange der IS-Terror nicht gestoppt ist. Wie sehr das Thema die Politik bewegt, kann man an diesem Montag bei den Grünen beobachten. Dort sorgt der Vorstoß von Parteichef Cem Özdemir, wonach Deutschland bei Bedarf einen Beitrag "über die bestehende humanitäre Hilfe hinaus" liefern sollte, für Ärger. Am Nachmittag wurde eilig eine Telefonkonferenz anberaumt, um die inhaltliche Linie abzustimmen.
Eine, die seit vielen Jahren Kontakte zu den Kurden im Irak pflegt, ist Özdemirs frühere Co-Chefin Claudia Roth. Äußern will sie sich vorerst nicht. "Bevor ich klug daher rede, möchte ich mir selbst ein Bild machen", sagt die Bundestagsvizepräsidentin. Wenn alles hinhaut, ist Roth am Mittwoch in Erbil.