Anti-Rassismus-Konferenz Delegierte nicken Abschlusserklärung vorzeitig ab
Genf - Stolz verkündete Tagungsleiter Amos Wako die Nachricht: Eine "bedeutende Entscheidung" habe die Uno-Konferenz mit der Verabschiedung des Textes gegen Rassismus, Fremdenhass und Intoleranz gefällt. Das Dokument sei am Dienstag per Akklamation beschlossen worden. Die Abstimmung sollte ursprünglich erst am Freitag, dem letzten Tag der umstrittenen Konferenz, erfolgen.
Beobachter vermuten, dass mit der vorzeitigen Verabschiedung verhindert werden sollte, dass der Text durch weitere Diskussionen verändert werden könnte. Libyen etwa hat noch Änderungswünsche, insbesondere was die Palästinenserfrage angeht. Die kämen aber nun nicht mehr zum Tragen, hieß es. Am Freitag soll der Text nur noch einmal diskutiert werden.
In dem Beschluss bekräftigten die Delegierten einstimmig die bereits 2001 in Südafrika beschlossene Erklärung gegen Rassismus. Darin war Israel als einziges Land des Rassismus' bezichtigt worden. Unter anderem deshalb boykottieren mehrere Länder die Konferenz, darunter die USA und Deutschland. Die Erklärung ist juristisch nicht bindend, sondern lediglich eine politische Willenserklärung. In dem bereits vor Beginn des Treffens entworfenen Text werden kontroverse Themen wie der Nahost-Konflikt und der Streit um religiöse Diskriminierung weitgehend ausgespart.
Am Montag hatte die Rede des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad international für Empörung gesorgt. Jetzt stellte sich heraus, dass im Redemanuskript eine noch größere Provokation vorgesehen war: Die erneute Leugnung der Judenvernichtung. In der schriftlichen Fassung kommt die Formulierung vom "zweideutigen und zweifelhaften" Holocaust vor. Bei seinem Auftritt sprach Ahmadinedschad jedoch nur vom "Missbrauch der Frage des Holocausts". Das habe die Auswertung der Farsi-Aufnahme seiner Rede und der Übersetzungen ergeben, erklärte Uno-Sprecherin Marie Heuze. Die Uno und die iranische Mission in Genf wollten sich nicht zu den Gründen für die Auslassung der Passage äußern.
Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon war vor Ahmadinedschads Rede am Montag mit dem Präsidenten zusammengetroffen. Dabei ermahnte er ihn nach Angaben seines Büros, dass die Uno sich in Resolutionen klar gegen die Gleichsetzung von Zionismus und Rassismus ausgesprochen und außerdem die historische Tatsache des Holocausts bekräftigt hätten. Auch in der vorgetragenen Version hatte die Rede Ahmadinedschads für Proteste gesorgt: Er bezeichnete Israel als ein "höchst grausames und unterdrückerisches rassistisches Regime". Mehrere Delegationen europäischer Länder verließen den Saal.
Die Uno schloss 375 Delegierte von der Anti-Rassismus-Konferenz aus, die Ahmadinedschads Rede gestört hatten - darunter iranische und vor allem jüdische Gruppen. Vertreter der Europäischen Vereinigung Jüdischer Studenten hatten den Präsidenten beschimpft und mit Clownsnasen beworfen, Mitglieder der iranischen Delegation hingegen unterbrachen die Rede mit Jubelgeschrei.
Shimon Samuels vom Simon-Wiesenthal-Zentrum kritisierte die Entscheidung der Uno vehement: Der Ausschluss sei eine Kollektivstrafe, und zudem unterstützten die Vereinten Nationen damit Ahmadinedschads antisemitische Haltung. Sprecherin Heuze wies dies zurück. Uno-Konferenzen müssten mit Würde und gegenseitigem Respekt abgehalten werden, sagte sie.