Anti-Terror-Strategie Obama will al-Qaida in Afghanistan ausschalten
Washington - Präsident Barack Obama wählt knappe Sätze und klare Worte, als er sich an sein Publikum wendet: an das amerikanische Volk, an die Verbündeten Amerikas im Kampf um Afghanistan - vor allem aber an Kämpfer von al-Qaida und Taliban: "Wir werden Euch besiegen."

Präsident Obama, Minister Clinton, Gates: Botschaft an die Taliban
Foto: REUTERSIn seiner Ansprache rechtfertigte Obama das amerikanische Engagement in Afghanistan und Pakistan und legte die neue US-Strategie für die Region dar. Das bergige Grenzgebiet an der afghanisch-pakistanischen Grenze sei inzwischen die gefährlichste Region für das amerikanische Volk geworden, betonte Obama. Das Terrornetz al-Qaida nutze diese Region, um Angriffe auf amerikanische Truppen in Afghanistan und westliche Ziele überall auf der Welt zu verüben. Nach Angaben der Geheimdienste plane die Terrorgruppe "aktiv" neue Attacken auf amerikanischem Boden.
Viele Amerikaner fragten sich, warum "unsere Männer und Frauen immer noch dort kämpfen und sterben". Der Grund dafür sei, dass al-Qaida auch heute noch in der Region operiere. Wenn aber die derzeitige afghanische Regierung stürze, betonte Obama, dann falle auch Afghanistan wieder in die Hände der Qaida. Das Land werde wieder zu einem sicheren Hafen für islamistische Terroristen. Andererseits warf der US-Präsident der afghanischen Regierung von Hamid Karzai Korruption vor.
Obama verkündete auch offiziell sein bereits zuvor bekannt gewordenes Vorhaben, 4000 zusätzliche Soldaten nach Afghanistan zu entsenden, um lokale Sicherheitskräfte zu schulen. Seit Jahren hätten amerikanische Militärs darauf hingewiesen, dass mehr Ausbilder nötig seien, um die afghanische Armee und Polizei zu trainieren, betonte der Präsident. Doch die nötigen Kapazitäten seien im Irak gebunden gewesen.
Obama fordert stärkeres Engagement der Verbündeten
An die Verbündeten der USA in Afghanistan wandte sich Obama mit der Bitte, ihrerseits weitere Ausbilder zu schicken. Ziel sei es, dass "jede afghanische Einheit eine westliche Einheit" als Partner habe.
Obama betonte außerdem die Bedeutung zivilen Engagements und von Finanzhilfen für die Region. "Unsere Anstrengungen in Afghanistan und Pakistan werden scheitern, wenn wir nicht in ihre Zukunft investieren." Er rief den US-Kongress auf, zügig ein Gesetz zu verabschieden, dass Pakistan 1,5 Milliarden US-Doller Finanzhilfe pro Jahr zukommen lassen soll. Die sei auch eine Investition in Amerikas Zukunft.
Mehrfach betonte er die Bedeutung von Pakistan in dem Konflikt und warnte vor einer Destabilisierung des Landes. Taliban und al-Qaida seien wie ein "Krebsgeschwür" in Pakistan. Obama wiederholte auch sein Gesprächsangebot an gemäßigte Taliban. Gleichwohl werde Amerika dem "harten Kern" mit der Waffe in der Hand begegnen.
Gleichzeitig ließ er keinerlei Zweifel daran erkennen, dass die USA entschlossen seien, die Taliban und Qaida zu besiegen. "Wir werden den Kampf zu den Taliban tragen", sagte Obama. Bereits vor Obamas Auftritt signalisierten europäische Politiker Unterstützung für die USA und eine neue Afghanistan-Strategie.
Pakistan begrüßte Obamas Pläne. Die Herangehensweise des neuen Präsidenten an die Region sei "sehr positiv", sagte Pakistans Außenminister Makhdoom Shah Mahmood Qureshi. Pakistan sei bereit, eine aktive und konstruktive Rolle bei der Lösung der Probleme zu spielen.
Lob von den Verbündeten
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und mehrere seiner Kollegen signalisierten am Freitag beim EU-Außenministertreffen in Tschechien Unterstützung für die Vorschläge aus Washington. Der italienische Ressortchef Franco Frattini kündigte die Entsendung zusätzlicher Militärpolizisten nach Afghanistan an, um die Ausbildung der einheimischen Sicherheitskräfte voranzubringen. "Die neue amerikanische Strategie ist doch den europäischen Vorstellungen unseres Einsatzes dort in Afghanistan sehr, sehr angenähert", sagte Bundesaußenminister Steinmeier bei seiner Ankunft in der tschechischen Kleinstadt Hluboká nad Vltavou.
Obama setze eine "Priorität beim Wiederaufbau". Wichtig sei aber auch, "dass wir die afghanischen Sicherheitskräfte schnell und möglichst nachhaltig ertüchtigen, die Sicherheitsaufgaben selbst zu übernehmen", betonte Steinmeier. Daran sei die EU bereits beteiligt, aber "die Unterstützung kann in der Tat noch umfangreicher werden". Die EU-Polizeiausbildungsmission in Afghanistan bleibt bislang hinter den Erwartungen zurück. Statt der angekündigten 400 sind nur etwas über 200 Ausbilder vor Ort. Deutschland ist an der EU-Mission derzeit mit rund 50 Polizeibeamten beteiligt. Hinzu kommt ein bilaterales Ausbildungsprojekt, für das knapp hundert deutsche Experten in Afghanistan im Einsatz sind. Die Bundesregierung hat sich bereit erklärt, die Zahl der an der EU-Mission beteiligten Deutschen auf 120 aufzustocken, bislang wurden aber nur 50 Beamte abgerufen.
Der italienische Außenminister Frattini erklärte, seine Regierung wolle zusätzliche Militärpolizisten nach Afghanistan schicken. Rund 50 Carabinieri sind bereits vor Ort. "Italien ist bereit, mehr zu tun und Carabinieri zur Ausbildung der afghanischen Polizei zu schicken", sagte Frattini. Allerdings müsse auch die afghanische Regierung unter Präsident Hamid Karzai mehr Engagement für die Stabilisierung ihres Landes zeigen: "Wir müssen an das Verantwortungsbewusstsein der Regierung von Präsident Karzai appellieren."
Erfreut zeigte sich der italienische Außenminister auch darüber, dass die US-Regierung die Nachbarländer Afghanistans stärker in die Stabilisierung des Landes einbinden will. "Präsident Obama schlägt jetzt vor, was Italien schon immer gesagt hat: Wir brauchen einen regionalen Ansatz unter Einbeziehung Pakistans", sagte Frattini. Am kommenden Dienstag findet in Den Haag eine internationale Afghanistan-Konferenz statt, zu der alle Nachbarländer Afghanistans einschließlich Pakistan und Iran eingeladen sind. "Ich freue mich zu sehen, dass Pakistan jetzt in der EU eine höhere Priorität einnimmt", sagte der britische Außenminister David Miliband. Zur Entsendung weiterer Soldaten nach Afghanistan äußerte er sich ablehnend: "Wir sind von den Amerikanern nicht dazu aufgefordert worden, mehr Truppen zu schicken." Der Londoner Außenminister betonte, Großbritannien stelle jetzt schon rund zwölf Prozent der Soldaten in der Internationalen Afghanistan-Schutztruppe ISAF.