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Arabische Liga in Syrien Mission der Amateure

Den Beobachtern der Arabischen Liga in Syrien droht schon zu Beginn ihres Auftrags der Verlust der Glaubwürdigkeit - ihre Kommentare zur Lage in Homs müssen für die Opposition wie Verharmlosung klingen. Und das ist nicht der erste und einzige Fehler bei dieser wichtigen Mission.
Von Yassin Musharbash

Die ersten Informationen über den Besuch von Beobachtern der Arabischen Liga in Syrien sind alarmierend - aber nicht etwa, weil die Beobachter den Vorwürfen gegen das Assad-Regime so gezielt nachgehen würden. Sondern weil die ersten Äußerungen des Chef-Emissärs Mustafa al-Dabi, sollten sie tatsächlich so gefallen sein, einem Skandal gleichkommen.

Einige Gegenden sähen "ein bisschen verwüstet" aus, sagte der sudanesische Ex-General laut Agenturbericht; ansonsten aber hätten die Beobachter bisher "nichts Beängstigendes" in der Revoltehochburg Homs entdeckt.

Zwar sagte Dabi auch, die Mission in Syrien brauche mehr Zeit. Aber das Fatale an seiner Äußerung ist, dass sie verharmlosend klingt - selbst wenn sie nicht so gemeint war, selbst wenn die Beobachter an dem Tag und zu der Stunde tatsächlich nicht Zeugen eines Massakers waren, selbst wenn er damit ausdrücken wollte, dass er Anzeichen für den Abzug des Militärs erkennt, den das Regime versprochenen hat.

Die lapidar klingenden Sätze lassen bei Teilen der syrischen Opposition bereits alle Alarmglocken klingen: Sie befürchten, dass Assad reingewaschen werden soll. Oder dass es dem Regime in Damaskus gelingen könnte, die Beobachter nur an Orte zu lenken, wo es keine Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu sehen gibt. Kaum vorstellbar, dass die Liga an Dabi ausgerechnet seine diplomatische Erfahrung lobte. In so einer Situation gilt es, schon den Anschein von Verharmlosung zu vermeiden.

Aufgabe der eigenen Bedingungen am ersten Tag

Es gibt weitere Hinweise darauf, dass sich die Liga-Emissäre zumindest unprofessionell verhalten. So zitiert Reuters einen Bewohner von Homs mit der Aussage, dass die Beobachter sich geweigert hätten, ohne Begleitung eines syrischen Leutnants ein schwer getroffenes Viertel aufzusuchen. Sollte das stimmen, führt die Liga ihre wochenlang vor sich her getragene, zentrale Bedingung - freier, unkontrollierter Aufenthalt im ganzen Land - schon am ersten Tag der Mission ad absurdum.

Wenn die Emissäre Angst vor der Bevölkerung haben, sind sie fehl am Platz. Und wenn sie es sich mit Syriens Armee nicht verderben wollen, dann erst recht.

Offiziell hat die Arabische Liga eine harte Linie gegenüber Präsident Baschar al-Assad eingeschlagen und ihm sogar Sanktionen angedroht - nach wochenlangen Winkelzügen hat er die Beobachter schließlich ins Land gelassen. In ein Land wohlgemerkt, in dem seriösen Schätzungen zufolge mindestens 5000 Zivilisten getötet wurden und Tausende Oppositionelle in Gefängnissen weggesperrt sind. Die Liga, seit jeher eher ein Papiertiger als ein machtvolles Gremium, schien auf einmal handlungsfähig.

Fehlbesetzung an der Spitze der Mission

Doch den ersten Fehler erlaubte sie sich bereits, als sie einen umstrittenen sudanesischen Ex-General zum Chef der Mission erkor. Er steht im Verdacht, in der Krisenregion in Darfur bei Massenmorden und Vertreibungen weggeschaut zu haben.

Die Liga droht nun, ihr neugewonnenes Kapital sofort wieder zu verspielen - und als überforderte Amateurtruppe dazustehen.

Baschar al-Assad und seine Clique sind mit allen Wassern gewaschen. Während die Truppen des Präsidenten Zivilisten massakrierten, trat er mehr als einmal im Staatsfernsehen auf und versprach lächelnd Dialog und Reformen. Wenn die Liga-Entsandten nicht schnell und glaubhaft den Eindruck vermitteln, dass ihnen wirklich an Aufklärung gelegen ist, dass sie diesem Regime nicht trauen, dass sie sich unabhängig von ihm bewegen, dass sie den Betroffenen zuhören und dass sie unvoreingenommen sind, dann ist diese Mission nutzlos.

Dann wird nur Zeit verschwendet, die man besser investiert hätte, um international noch mehr Druck aufzubauen und harte Sanktionen zu beschließen und umzusetzen.

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