Argentinien versus Großbritannien Ölbohrung befeuert Streit um die Falklands

Hamburg - Der erste Ölrausch erfasste die Falkland-Inseln bereits vor rund 150 Jahren. Hunderttausende Liter Öl produzierten die Siedler damals - Pinguinöl. Heute geht es um viel größere Dimensionen. Vor der Küste des Archipels hat die britische Firma Desire Petroleum PLC mit Bohrungen begonnen - und damit den Konflikt zwischen Argentinien und Großbritannien verschärft.
Die Falkland-Inseln gehören zu Großbritannien. In der 200-Meilen-Zone um den Archipel vermuten Experten bis zu 60 Milliarden Barrel Öl. Von der Plattform "Ocean Guardian" will man bis zu 3000 Meter tief drillen - und das ist vom Seerecht gedeckt.
Doch auch Argentinien beansprucht den Archipel im Atlantik. 2007 kündigte die Regierung in Buenos Aires einseitig eine Vereinbarung auf, wonach alle Öl- und Gasvorkommen gemeinsam entwickelt werden sollten. Scharf reagierte Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner nun auf die Exploration. Sie prangert eine Missachtung des Völkerrechts an. Per Dekret veranlasste sie vergangene Woche, dass Schiffe bei argentinischen Behörden eine Genehmigung einholen müssen, wenn sie zwischen dem Festland und den Inseln verkehren. So sollen Bohrungen erschwert werden.
Damit flammt ein alter Konflikt zwischen und Großbritannien wieder auf: Seit Anfang des 19. Jahrhunderts streiten die Staaten, wem die Inseln gehören. 1982 entlud sich die Spannung in einem Krieg: Die argentinische Militärregierung wollte die Inseln einnehmen, unterschätzte aber die britische Regierung unter Margaret Thatcher. Die "Eiserne Lady" mobilisierte den größten britischen Flottenverband seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Mit Schiffen, Hubschraubern und Soldaten wurde das Gebiet nach zehn Wochen befreit. Es war ein verlustreicher Kampf: Auf beiden Seiten starben viele Menschen - insgesamt gab es fast tausend Tote.
Mehr als tausend britische Soldaten auf den Falklands
Zwar nahmen Großbritannien und Argentinien 1990 die diplomatischen Beziehungen wieder auf. Aber der Konflikt wird fortgesetzt, mit anderen Mitteln. Mal dürfen falkländische Sportteams auf Druck Argentiniens nicht an Südamerika-Meisterschaften teilnehmen, mal wird der Luftraum für Charterflüge zu den Inseln gesperrt. Die Briten lassen jedoch keinen Zweifel mehr an ihrem Anspruch: Seit 1982 sind auf den ständig mehr als tausend britische Soldaten stationiert.
Im Kampf um das Öl wird die militärische Rhetorik erneut bemüht, auch wenn ein neuer Krieg als höchst unwahrscheinlich gilt. Die Briten pochen auf ihre Hoheitsrechte. Verteidigungsstaatssekretär Bill Rammell sagte am Montag in London, Großbritannien werde "alle notwendigen Schritte" gehen, um die Inseln zu verteidigen.
Präsidentin konterte, das Thema Malvinas - so heißen die Inseln auf Spanisch - sei "keine Laune, sondern eine Sache der Selbstverteidigung". Argentinien werde mit Berufung auf das internationale Recht darauf bestehen, dass "unsere Souveränität über die Archipele des Südens" bestätigt werden.
Lateinamerika an Kirchners Seite
Sie kann auf die Unterstützung ihrer Nachbarstaaten zählen. Bei dem Gipfel von 32 lateinamerikanischen Ländern, der seit Montag im mexikanischen Badeort Playa del Carmen stattfindet, betonten die Staats- und Regierungschefs in einer schriftlichen Erklärung die "legitimen Rechte" Argentiniens. Venezuelas Präsident Hugo Chávez warf London eine "rüde Demonstration" von "Neokolonialismus" vor und forderte nicht nur den Stopp der Bohrungen, sondern auch die Rückgabe der Inseln. Am Mittwoch spricht Argentiniens Außenminister Jorge Taiana mit Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon über den Dauerstreit.
Kirchner könnte der Konflikt nicht ungelegen kommen, unken Zeitungen - kann sie doch damit von den zahlreichen Affären und Skandalen ablenken, die ihre Präsidentschaft gefährden. Doch nun gerät sie auch in der Falkland-Frage unter Druck: Der ehemalige Energieminister Daniel Montamat kritisierte, Kirchner habe auf mögliche Erdölvorkommen zu spät reagiert und Bohrungen von argentinischer Seite verschleppt.
Tatsächlich ist die Nachricht von reichen Bodenschätzen nicht neu: Gebohrt wurde bereits Ende der neunziger Jahre. Man fand Öl - jedoch zunächst nur in kleinen Mengen. Da brach der Ölpreis ein, die aufwendige Förderung war nicht mehr rentabel. In den folgenden Jahren hoffte man - je nach Stand des Ölpreises - immer wieder, das "neue Kuweit" zu werden. Die Falkländer erhofften sich neuen Wohlstand - und mehr Unabhängigkeit von Schafzucht und Fischindustrie.
Das könnte nun klappen, doch der Preis ist ein neuer Streit der alten Rivalen. Der argentinische Schriftsteller Jorge Luis Borges verglich den Konflikt einst mit einem Kampf zweier Kahlköpfiger um einen Kamm. Heute wohnen auf den Inseln rund 2478 Menschen. In einem Museum wird an den Krieg von 1982 erinnert, ansonsten preist das Tourismusbüro die schöne Natur und die große Tierwelt. 227 Vogelarten sollen dort leben. Auch die Pinguinbestände seien wieder üppig.