Armee-Operation in Bangkok "Das ist der Tag X"

Die Führung der Rothemden kapituliert, das Chaos in Bangkok geht weiter: Bei einer Offensive mit mehreren Toten hat die thailändische Armee die Blockade der Regierungsgegner im Zentrum der Hauptstadt gebrochen. Danach explodierten Granaten, der Strom fiel aus, Börse und Einkaufszentren brennen.
Armee-Operation in Bangkok: "Das ist der Tag X"

Armee-Operation in Bangkok: "Das ist der Tag X"

Foto: MANAN VATSYAYANA/ AFP

Bangkok - Eskalation der Gewalt in Bangkok: Seit Wochen hielten die Demonstranten in Thailands Hauptstadt ein Geschäftsviertel besetzt. Jetzt gaben die Anführer der Regierungsgegner zwar auf und stellten sich im Polizeihauptquartier den Sicherheitskräften. Doch die Unruhen gehen weiter.

Die Protest-Anführer reagierten mit ihrer Aufgabe auf die Erstürmung ihres Lagers durch Regierungssoldaten am Mittwoch. Dabei kamen mindestens fünf Menschen ums Leben, darunter ein italienischer Fotograf. "Wir wollen weitere Verluste unsere Brüder und Schwestern unter den Rothemden verhindern", sagte Weng Tojirakarn, einer von sieben Führern der Protestbewegung, die gemeinsam ihre Entscheidung verkündeten. Er rief die Regierungsgegner dazu auf, das Stadtzentrum zu verlassen. Ein weiterer Führer der Rothemden, Natawut Saikua, sagte: "Wir haben unser Bestes getan." Die Erklärung rief Unmutsäußerungen bei den Regierungsgegnern hervor.

Kurz nach der Aufgabe der Demonstranten detonierten jedoch in ihrem Umfeld Augenzeugen zufolge drei Granaten. Mindestens zwei Soldaten und ein kanadischer Journalist seien schwer verletzt worden. Die Demonstranten würden aus der Innenstadt vertrieben, kündigte Regierungssprecher Panitan Wattanayagorn im Fernsehen an. Der Einsatz werde den ganzen Tag andauern. "Das ist der Tag X", sagte ein Soldat.

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Angriff der thailändischen Armee: Offensive gegen Rothemden

Foto: Manish Swarup/ AP

Tausende Soldaten und Polizisten waren zuvor in Bangkok zusammengezogen worden. Die Truppen forderten die Menschen über Lautsprecher auf, nach Hause zu gehen. Es kam zu Schusswechseln zwischen Armee und Demonstranten, Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein und stürmten mit gepanzerten Fahrzeugen das Protestlager. Panzer rissen die Barrikaden aus Gummireifen ein. Zwischen den Wolkenkratzern der Innenstadt stiegen dicke schwarze Rauchwolken auf.

Brennende Börse und Stromausfälle

Etliche Demonstranten leisteten aber dennoch Widerstand. Nach Angaben der Feuerwehr brannten unter anderem die Börse und mehrere Einkaufszentren. Insgesamt wurden nach Behördenangaben 15 Brände gelegt. In mehreren Stadtteilen fiel zudem der Strom aus.

Regierungsgegner zogen nach dem Militäreinsatz zu Medienunternehmen und bedrohten Reporter. Sie fanden deren Berichterstattung einseitig. Alle Mitarbeiter der "Bangkok Post" wurden aufgerufen, das Gebäude zu verlassen, weil sich die Rothemden näherten, schrieb die Zeitung auf ihrer Web-Seite. Auch vor dem Gebäude der zweiten englischsprachigen Zeitung "The Nation" und vor dem Sender Channel 3 News sammelten sich verärgerte Demonstranten. Die Regierung wies alle Fernsehsender an, allein durch die Regierung freigegebene Sendungen auszustrahlen.

Nach der gewaltsamen Räumung des Protestgeländes der Regierungsgegner ordnete das Militär eine Ausgangssperre für die Nacht an. Sie gilt zwischen 20 und 6 Uhr Ortszeit, Regierungschef Vejjajiva habe die entsprechende Verfügung bereits unterzeichnet, berichteten thailändische Medien am Mittwoch.

Der deutsche Botschafter Hanns Schumacher saß in seiner Residenz fest, die nicht weit von einer der zentralen Kampfzonen liegt. Er konnte das Haus nicht verlassen. Die Botschaft rief alle rund tausend Deutschen in Bangkok auf, nicht auf die Straße zu gehen.

In den Provinzen im Nordosten des Landes, wo viele der Demonstranten zu Hause sind, versammelten sich Hunderte Rothemden aus Protest gegen die Militäraktion. In der Provinz Udon Thani ging ein altes Stadthaus in Flammen auf, berichteten thailändische Medien. Auch in Chiang Mai und Chiang Rai im Norden des Landes wurden die Gebäude von Stadtverwaltungen attackiert.

Die Regierung hatte am Dienstag eine Vermittlungsinitiative des Parlaments zur Überwindung des Machtkampfs mit der Protestbewegung abgelehnt. Vor der Aufnahme von Gesprächen müsse erst deren Widerstandscamp aufgelöst werden, erklärte Kabinettsminister Satit Wonghnongtaey.

Die Rothemden hatten Teile der Bangkoker Innenstadt seit Ostern besetzt gehalten. Sie forderten den Rücktritt der Regierung. Ein Angebot vorgezogener Wahlen im November nahmen sie vergangene Woche zwar im Prinzip an, stellten aber zusätzliche Forderungen für einen Abzug.

hen/dpa/Reuters/apn
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