Armeebestände Schwarzmarkt-Boom für Bundeswehrpistolen in Afghanistan

Schwarzmarkt-Ware in Afghanistan: Eine Bundeswehr-Pistole
Foto: DPA/ NDRHamburg - Landen Waffen der Bundeswehr in den Händen von Gegnern der deutschen Soldaten in Afghanistan? Pistolen aus Bundeswehrbeständen kursieren einem Bericht des Rundfunksenders NDR Info zufolge auf dem Schwarzmarkt in Afghanistan und Pakistan. Darunter seien Waffen aus einer Lieferung des Bundesverteidigungsministeriums von 10.000 Pistolen an die afghanischen Sicherheitskräfte, berichtet NDR Info.
Afghanische und pakistanische Waffenhändler sagten dem Sender, es seien Hunderte deutscher Pistolen im Angebot. Weder die Bundesregierung noch eine zuständige US-geführte Sicherheitseinheit hätten den Verbleib der Waffen verfolgt.
Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Winfried Nachtwei, bezeichnete die Vorgehensweise der Bundesregierung als "grob fahrlässig". Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einem "Risiko für die eingesetzten Deutschen" in Afghanistan. Beide fordern eine Untersuchung des Vorgangs.
Die deutschen Pistolen vom Typ Walther P-1 gelten in Afghanistan und Pakistan nach Auskunft von Experten und Waffenhändlern als Prestigeobjekte und werden zu Preisen von teilweise mehr als tausend Dollar gehandelt. So sei eine fast 50 Jahre alte, aber nahezu unbenutzte Bundeswehrwaffe in Kabul für 1600 Dollar angeboten worden. Unter anderem verkauften aktive und ehemalige afghanische Polizisten und Soldaten die Waffen illegal.
Das Bundesverteidigungsministerium erklärte dem Sender, es habe den Altbestand von 10.000 ausgemusterten Walther-P1-Pistolen im Januar 2006 "zur Ausrüstung der im Aufbau befindlichen Sicherheitskräfte" an das afghanische Innenministerium übergeben, das die Waffen dann an Polizei und Armee verteilt habe. Über den weiteren Verbleib sei dem Bundesministerium nichts bekannt.
Nach NDR-Informationen hatte der Bundessicherheitsrat 2005 den bislang einzigen deutschen Waffenexport nach Afghanistan seit dem Sturz des Talibanregimes genehmigt. Die Berliner Regierung sei damit von ihrem Grundsatz abgewichen, wonach Waffen von der Ausstattungshilfe außerhalb der Nato ausgeschlossen sind. Der Bundestag habe von der Lieferung erst nach der Übergabe erfahren.