Regierungskrise Ukrainischer Premier Jazenjuk tritt zurück
Arsenij Jazenjuk will von seinem Posten als Ministerpräsident der Ukraine zurücktreten. Das hat der Premier angekündigt. Seine Entscheidung habe verschiedene Gründe. Die Regierung steckt seit fast zwei Monaten in einer tiefen Krise. Das Parlament solle am Dienstag über Jazenjuks Amtsverzicht entscheiden, bestätigte seine Sprecherin am Sonntag.
"Ich habe beschlossen, die Vollmachten als Ministerpräsident der Ukraine niederzulegen", sagte Jazenjuk am Sonntag in Kiew bei der Aufzeichnung seiner wöchentlichen Fernsehansprache. Seine Partei, die Volksfront, bleibe aber in der prowestlichen Koalition mit dem Poroschenko-Block. Die neue Regierung müsse schnell gewählt werden, denn es dürfe in Zeiten des Krieges kein Machtvakuum geben, so der Premier.
Korruptionsvorwürfe und Wirtschaftskrise
Im Zuge der Revolution war Jazenjuk im Frühjahr 2014 in Kiew ins Amt gelangt. Doch Veränderungen zur Überwindung der Wirtschaftskrise kamen nur langsam in Gang. Die erhoffte Annäherung an EU und Nato geriet aufgrund von Streitigkeiten in der Regierung immer mehr ins Stocken, ebenso wie Verhandlungen über neue Kredite des Internationalen Währungsfonds in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar.
In seiner TV-Ansprache übte Jazenjuk auch Kritik an Präsident Petro Poroschenko. Die politische Krise sei künstlich herbeigeführt worden. "Der Wunsch nach Ablösung eines Einzelnen hat die Politiker blind gemacht und ihren Willen zu realen Veränderungen gelähmt", sagte er.
In den vergangenen Monaten hatte sich sein Verhältnis zu Poroschenko massiv verschlechtert. Im Februar scheiterte eine Abwahl Jazenjuks in der Obersten Rada, nachdem Poroschenko ihn zum Rücktritt aufgefordert hatte. Jazenjuk hatte ein Misstrauensvotum im Parlament, das unter anderem von der Vaterlandspartei der früheren Regierungschefin Julija Tymoschenko unterstützt worden war, aber überstanden.
Jazenjuk hatte die Vaterlandspartei selbst kurze Zeit geführt. Während der Revolution 2013/2014 baute er aber mit einem Teil von Tymoschenkos Anhängern die eigene Partei Volksfront auf. Bei der Wahl 2014 wurde die Volksfront stärkste Partei. Mit dem Petro-Poroschenko-Block des Präsidenten bildet sie weiter eine Regierungskoalition.
Zustimmung von weniger als einem Prozent
In Jazenjuks Amtszeit fielen die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland sowie der darauf folgende Krieg gegen die von Moskau gestützten Separatisten im Donbass. Die Wirtschaftskrise wurde dadurch verschärft. Seit 2014 brach die Wirtschaftsleistung um 17 Prozent ein. Der Wertverlust der Währung Griwna um zwei Drittel führte zu einer Inflation von fast 80 Prozent, die Bevölkerung leidet außerdem unter steigenden Energiepreisen.
Mittlerweile sind aus Jazenjuks Koalitionsregierung mehrere Parteien ausgeschieden, in Umfragen ist die Zustimmung zu seiner Person unter ein Prozent gefallen. Nachdem längere Zeit kein Konsens für einen Nachfolger in Sicht war, soll sich das prowestliche Lager mittlerweile auf Parlamentspräsident Wolodymyr Hrojsman als neuen Regierungschef geeinigt haben. Präsident Poroschenko hat Neuwahlen ausgeschlossen.