Abkommen mit Teheran "Wir starten ein neues Kapitel der Hoffnung"

Abkommen mit Teheran: "Wir starten ein neues Kapitel der Hoffnung"
Foto: LEONHARD FOEGER/ REUTERSDie Verhandlungen waren zäh, jetzt feiern sich die Unterhändler: Die Einigung mit der Führung in Teheran sei ein "Zeichen der Hoffnung für die ganze Welt" und könne die internationalen Beziehungen grundlegend erneuern, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sprach von einem historischen Moment: "Wir starten ein neues Kapitel der Hoffnung."
Mogherini und das Auswärtige Amt bestätigten offiziell, was seit dem Vormittag bekannt ist: Am Dienstagmorgen war in den Atomverhandlungen der Durchbruch gelungen. Demnach verpflichtet sich Iran nach mehr als zweiwöchigen Verhandlungen, sein Atomprogramm drastisch zurückzufahren. Damit endet der seit 13 Jahren schwelende Konflikt mit Teheran.
"Wir erreichen ein Abkommen, das für niemanden perfekt ist, doch es ist das, was wir erreichen konnten", sagte Sarif weiter - "und es ist ein wichtiger Erfolg für uns alle." Seine Regierung habe das bestmögliche Verhandlungsergebnis erreicht. Auch der iranische Präsident Hassan Rohani zeigte sich zufrieden: Der Deal als Ende dieser "unnötigen Krise" zeige, dass konstruktives Engagement Wirkung zeige, schrieb er auf Twitter.
Zufrieden äußerte sich auch der französische Außenminister: Das Abkommen sei "ausreichend solide" für die kommenden zehn Jahre, sagte Laurent Fabius der Zeitung "Le Monde". Die Umsetzung der Einigung werde nun jedoch sorgfältig beobachtet. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte: "Das Abkommen, das heute in Wien erzielt wurde, könnte ein Wendepunkt in den Beziehungen zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft sein."
Erleichtert zeigte sich auch der russische Staatspräsident: Die Welt könne nun erleichtert aufatmen, sagte Wladimir Putin. Er äußerte die Hoffnung, dass Moskau die Zusammenarbeit mit Teheran in der zivilen Nutzung von Atomenergie intensivieren könne.
Der Vertrag zwischen den fünf Uno-Vetomächten sowie Deutschland auf der einen und Iran auf der anderen Seite soll sicherstellen, dass die Islamische Republik keine Nuklearwaffen baut, die Atomkraft aber weiterhin zivil nutzen kann.
Einige Details, die bislang bekannt sind:
- Insidern zufolge sieht der Entwurf für die Einigung vor, dass Uno-Inspektoren Zugang zu allen verdächtigen Anlagen in Iran haben. Ein einmaliger Besuch auf dem Militärstützpunkt Parchin sei demnach auch erlaubt, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person.
- Im Gegenzug sollen Sanktionen und Uno-Waffenembargos gegen Iran schrittweise fallen. Mit der Umsetzung erster Maßnahmen nach einer möglichen Vereinbarung wird im ersten Quartal 2016 gerechnet.
- Bei einem Verstoß Irans gegen das Atomabkommen treten die Sanktionen gegen die Islamische Republik nach Angaben aus Diplomatenkreisen binnen 65 Tagen wieder in Kraft. Das Uno-Waffenembargo gegen Teheran werde für die kommenden fünf Jahre aufrechterhalten, verlautete am Dienstag aus Diplomatenkreisen in Wien. Die Strafmaßnahmen mit Blick auf das iranische Raketenprogramm behielten acht Jahre Wirkung.
Die deutsche Wirtschaft rechnet nach der Einigung im Atomstreit mit milliardenschweren Geschäften. "Innerhalb von zwei Jahren können sich unsere Exporte dorthin auf rund fünf Milliarden Euro verdoppeln", sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier: "Mittelfristig ist ein Handelsvolumen im zweistelligen Milliardenbereich möglich."
Ein Tag mit 348 Stunden
In der Nacht hatte es in Wien noch einmal mehrere Verhandlungsrunden in unterschiedlicher Besetzung gegeben. Unter anderem kam die 5+1-Gruppe (USA, Russland, China, Deutschland, Frankreich und Großbritannien) zu einem nächtlichen Koordinierungstreffen zusammen. Die Außenminister der Staaten hatten seit Monaten mit Iran über eine Lösung gerungen.
Die Verhandlungsrunde sollte eigentlich bis zum 30. Juni zu einem endgültigen Abkommen führen. Über die zweiwöchige Verlängerung dieser Frist sagte Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier nun: "Ich hatte gesagt, dass der 30. Juni ein langer Tag werden würde, aber dass er 348 Stunden haben würde, damit habe ich nicht gerechnet."
Der Atomstreit im Überblick: