Atomenergiebehörde Amano verfehlt nötige Mehrheit für ElBaradei-Nachfolge
Wien - Den Mitgliedern der Internationalen Atomenergiebehörde ist es am Donnerstag nicht gelungen, einen Nachfolger des zum Jahresende ausscheidenden Generaldirektors Mohamed ElBaradei zu wählen. Weder der japanische Kandidat Yukiya Amano noch der südafrikanische Bewerber Abdul Samad Minty erhielten in den ersten drei Runden die erforderliche Zweidrittelmehrheit der 35 Direktoriumsmitglieder.
Der 61-jährige Amano erhielt im ersten Wahlgang 21 Stimmen, in den Runden zwei und drei vereinte er jeweils 20 Stimmen auf sich. Das teilte die Vorsitzende des Gouverneursrates, Taus Feruchi, mit. Minty bekam demnach zunächst 14, dann zweimal 15 Stimmen. Enthaltungen gab es nicht.
Da das Abstimmungsverfahren äußerst kompliziert ist, wurden insgesamt zwei Tage für die Wahl angesetzt. Während am Donnerstag für einen Wahlsieg mindestens 24 Stimmen nötig waren, ist am Freitag bei zwei weiteren Abstimmungen eine Zwei-Drittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen für einen Wahlsieg ausreichend. Im Falle von Enthaltungen müsste ein Gewinner somit keine 24 Stimmen mehr erreichen.
Nach Diplomatenangaben ist der von westlichen Ländern bevorzugte Japaner Amano auch am Freitag Favorit für die Nachfolge ElBaradeis. Kritiker werfen ihm jedoch vor, ein Technokrat ohne Charisma zu sein. Der Südafrikaner Minty wird von mehreren Entwicklungsländern unterstützt. Westliche Staaten halten Minty aber für zu unkritisch gegenüber dem umstrittenen iranischen Atomprogramm.
Beide Kandidaten haben erklärt, dass sie die IAEA als technische Organisation betrachten, die den Kurs des Direktoriums umsetzt. Amano und Minty sind Leiter der Delegationen ihrer Länder bei der IAEA und gelten als ausgezeichnete Fachleute.
Diplomatische Beobachter halten es für möglich, dass Amano auch am Freitag an der erforderlichen Mehrheit scheitert. Damit könnte der Weg für einen prominenten Kandidaten etwa aus Lateinamerika frei sein. In Wien kursierten unter anderem die Namen des mexikanischen Ex-Präsidenten Ernesto Zedillo sowie des Leiters der UN-Behörde zur Überwachung des internationalen Teststopp-Abkommens CTBTO, des Ungarn Tibor Toth. Setzt sich in der Abstimmung weiter keiner der beiden durch, können sich vier Wochen lang weitere Bewerber melden. Bis Juni muss der Nachfolger von IAEA-Chef ElBaradei feststehen.
Der aktuelle Generaldirektor tritt nach einer zwölfjährigen Amtszeit als IAEA-Generaldirektor zurück. 2005 wurden die IAEA und ElBaradei für ihren Einsatz gegen den Missbrauch der Atomenergie mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die USA versuchten 2005 seine Wiederwahl zu verhindern, weil er die Begründung des damaligen US-Präsidenten George W. Bush für den Irak-Krieg kritisiert hatte. Bush hatte dem Irak vorgeworfen, Massenvernichtungswaffen zu besitzen.